Selbstlosigkeit als übergeordnetes Kriterium

Gesellschafter gemeinnütziger Einrichtungen dürfen grundsätzlich keine Gewinnanteile und auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Neben offenen Gewinnausschüttungen besteht bei konzerninternen Leistungsverrechnungen insbesondere die Möglichkeit, verdeckte Gewinnausschüttungen durch fremdunübliche Preise vorzunehmen. Dies verstößt gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO und das Kriterium der Selbstlosigkeit.

Mit der Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) vom 26.01.2016 hat die Finanzverwaltung ein Urteil vom BFH vom 27.11.2013 (I R 17/12) umgesetzt und in Nr. 2 Satz 4 zu § 55 AEAO festgestellt, dass:

„… das Entgelt regelmäßig die Kosten ausgleichen und einen marktüblichen Gewinnaufschlag beinhalten muss. Bei steuerbegünstigten Einrichtungen ist aufgrund der fehlenden Gewinnorientierung die Erhebung eines Gewinnaufschlags in der Regel nicht marktüblich.“

Der im Erlass erwähnte Regelfall, in dem ein Gewinnaufschlag entbehrlich ist, bezieht sich auf Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs an andere steuerbegünstigte Einrichtungen. Damit stärkt die Finanzverwaltung die gängige Praxis von gemeinnützigen Einrichtungen, ihre Leistungen zu Selbstkosten weiterzuberechnen. Werden zweckbetriebliche Leistungen hingegen an einen nicht steuerbefreiten Leistungsempfänger erbracht, ist die Erhebung des Gewinnaufschlags grundsätzlich als marktüblich und damit in Übereinstimmung mit dem BFH-Urteil vom 27.11.2013 als geboten anzusehen (Leichinger, NWB Nr. 13 vom 29.03.2016). Das bedeutet, dass der Verzicht eines marktüblichen Entgelts mithin zu einer gemeinnützigkeitsschädlichen Mittelfehlverwendung führen kann, wenn eine gemeinnützige Körperschaft ihrem nicht steuerbefreiten Gesellschafter Dienstleistungen zu Selbstkosten berechnet und damit Gewinne in Form einer verdeckten Gewinnausschüttung an ihren Gesellschafter zuwendet.

Unterhält die steuerbegünstigte Körperschaft einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, ist ein Gewinnaufschlag unabhängig vom Leistungsempfänger (steuerbefreit/nicht steuerbefreit) geboten, da die Körperschaft mit Gewinnerzielungsabsicht i. S. d. § 14 Satz 2 AO am Markt auftritt. Die Nichterhebung führt zwangsläufig zu einer verdeckten Gewinnausschüttung im Unternehmensverbund. Die verdeckte Gewinnausschüttung an eine steuerbefreite Körperschaft kann jedoch nach § 58 Nr. 1 bzw. 2 AO geheilt werden (Leichinger, NWB Nr. 13 vom 29.03.2016).

Kontakt

Peter Biegler
Tel.: +49 30 208 88-1722 

Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 1-2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.