Neue BFH-Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen

Die Frage, ob die Höhe der Säumniszuschläge von einem Prozent monatlich verfassungsgemäß ist, hat beim Bundesfinanzhof (BFH) mehrere Senate beschäftigt, aus denen teils uneinheitliche Entscheidungen hervorgingen. Es wurden zu dieser Thematik seit 2021 mehr als 20 BFH-Entscheidungen veröffentlicht, auf die wir bereits in früheren Newsletter-Artikeln eingegangen sind. Mittlerweile erhärtet sich die Auffassung beim BFH, dass die Höhe der Säumniszuschläge verfassungsgemäß ist. Der X. und der XI. Senat des BFH vertreten auch diese Auffassung (BFH, Urteil vom 23. August 2023 – X R 30/21; BFH, Beschluss vom 13. September 2023 – XI B 38/22).

Hintergrund

Im Jahr 2021 entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) durch Beschluss (BVerfGE 158, 282), dass die (damalige) Verzinsung von Steuererstattungen sowie Steuernachforderungen in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat (§§ 233a, 238 AO) nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.

Infolge dieses Beschlusses entstand die Diskussion, ob die Höhe der Säumniszuschläge gemäß § 240 Abs. 1 S. 1 AO aus den gleichen Gründen wie bei den Zinsen verfassungswidrig ist. Mittlerweile herrscht beim BFH fast durchgängig die Auffassung, dass die Säumniszuschläge nicht wesensgleich mit den Nachzahlungszinsen sind und folglich nicht mit diesen verglichen werden können. Säumniszuschläge verfolgen den Zweck, die Steuerpflichtigen zu einer zeitnahen Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Fiskus zu bewegen. Sie sollen die Verletzung einer solchen Zahlungsverpflichtung sanktionieren und zusätzlich den behördlichen Verwaltungsaufwand im Rahmen einer Säumnis ausgleichen/auffangen. Zinsen haben hingegen den Zweck, die Vorteile einer späteren Zahlung (zum Beispiel aus Anlage des für die Zahlung vorgesehenen Geldes) auszugleichen. Daher sollen die Gründe, die zur Verfassungswidrigkeit der Zinsen geführt haben, nicht auf die Säumniszuschläge übertragbar sein.

Bedeutung für die Praxis

Mit den Entscheidungen des X. und XI. Senats scheint die Frage über die Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge geklärt zu sein. Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge gibt es nach Ansicht der Mehrheit der Senate der BFH, die hierzu Stellung genommen haben, nicht. So hat auch der V. Senat von seinen Bedenken Abstand genommen. Abzuwarten bleibt wohl nur noch, wie der VIII. Senat in seinem noch anhängigen Revisionsverfahren (VIII R 9/23) entscheiden wird.

Für die Praxis muss man festhalten, dass Anträge auf Aussetzung der Vollziehung von Säumniszuschlägen keinen Erfolg mehr haben dürften.

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