(Schenkung-)Steuerfalle bei zinsgünstigen Darlehen

Was bei Darlehensgewährungen mit Zinsen unter 5,5 % p. a. auch in Niedrigzinsphasen zu beachten ist

Das FG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 27. April 2022 (3 K 273/20) zur schenkungsteuerlichen Bedeutung des gesetzlichen Zinssatzes von 5,5 % im Rahmen von Darlehensgewährungen Stellung genommen. Danach liegt eine Schenkung vor, wenn ein Darlehen mit einem unüblich niedrigen Zinssatz gewährt wird. Ausgehend vom gesetzlichen Zinssatz berechnet sich der zu versteuernde Nutzungsvorteil mit 5,5 % abzüglich des vereinbarten Zinssatzes, wenn kein anderer, marktüblicher Zinssatz nachgewiesen werden kann.

Hintergrund

Die zinslose Gewährung eines Darlehens stellt nach ständiger Rechtsprechung eine Schenkung dar, da hierbei das Recht gewährt wird, das als Darlehen überlassene Kapital unentgeltlich zu nutzen. Das FG Mecklenburg-Vorpommern hatte nun eine Darlehensgewährung zwischen Geschwistern aus dem Jahr 2016 schenkungsteuerlich zu würdigen, bei dem eine Verzinsung i. H. v. 1 % p. a. vorgesehen war.

Kernaussage

Nicht nur die zinslose Gewährung eines Darlehens stellt eine steuerbare Schenkung dar, sondern auch die Darlehensüberlassung mit einem unüblich niedrigen Zinssatz. Zuwendungsgegenstand sei hierbei die teilentgeltliche Gewährung des Rechts, das überlassene Kapital zu nutzen. Auch in Niedrigzinsphasen sei stets der gesetzliche Zins in Höhe von 5,5 % maßgeblich, wenn kein niedrigerer, marktüblicher Zinssatz nachgewiesen wird. Wird kein anderer Marktzins nachgewiesen, stellt der Zinsvorteil, mithin die Differenz zwischen dem gesetzlichen Zinssatz und dem vereinbarten Zins, eine steuerbare Schenkung dar. Es kommt insoweit auf die Kreditzinsen und nicht auf den Habenzins für verzinsliche Anlagen an.

Da es sich um eine für den Steuerpflichtigen günstige Tatsache handelt, muss dieser die Marktüblichkeit eines niedrigeren Zinssatzes zum Zeitpunkt der Schenkung zu vergleichbaren Konditionen nachweisen. Im zu entscheidenden Fall konnten die Steuerpflichtigen diesen Nachweis nicht erbringen, da die vorgelegten Finanzierungsangebote der Banken aufgrund abweichender Darlehenskonditionen (Laufzeit, Sicherheiten und Genehmigungsvorbehalte) nicht vergleichbar waren. Zudem bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich eines gesetzlichen Zinssatzes von 5,5 %, die eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht rechtfertigen würde.

Bedeutung für die Praxis

Die Gewährung zinsloser Darlehen sollte sowohl aus schenkungsteuerlicher als auch aus ertragsteuerlicher Sicht vermieden werden. Insbesondere im Verwandten- und Bekanntenkreis ist darüber hinaus bei Darlehensgewährungen mit einem Zinssatz von unter 5,5 % p. a. stets eine sorgfältige Prüfung der Marktüblichkeit des Zinssatzes geboten, da der zwischen Dritten gewährte Freibetrag in Höhe von 20.000 € eine Besteuerung insbesondere bei hoher Darlehensvaluta regelmäßig nicht verhindern kann.

Eine Abweichung vom gesetzlich vorgesehenen Zinssatz von 5,5 % p. a. ist grundsätzlich möglich, allerdings ist eine sorgfältige Dokumentation von entsprechenden Finanzierungsangeboten zum Nachweis der Fremdüblichkeit erforderlich. Steuerpflichtige sollten daher bereits vor Darlehensgewährung vergleichbare Darlehensangebote einholen. Die Finanzverwaltung stellt hierbei jedoch hohe Anforderungen an die Vergleichbarkeit hinsichtlich der konkreten Darlehenskonditionen. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof im Rahmen der Revision (BFH II R 20/22) die Ansicht des Finanzgerichts bestätigt.  

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Autor

Sven-Oliver Stoklassa
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.