Personengesellschaften: Auswirkungen der Option zur laufenden Besteuerung als Kapitalgesellschaft auf Erbschaftsteuer u. Bewertung

Die Finanzverwaltung hat in den gleichlautenden Erlassen vom 5. Oktober 2022 ihre Auffassung dazu dargelegt, welche Auswirkungen sich bei der steuerlichen Bewertung und bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ergeben, wenn eine Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft ihr Wahlrecht ausgeübt hat, ertragsteuerlich wie eine Kapitalgesellschaft behandelt zu werden. Daraus ergibt sich eine erste Orientierung für die Rechtsanwendung in der Praxis.

Hintergrund

Seit dem Veranlagungszeitraum 2021 besteht gemäß § 1a KStG für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften die Möglichkeit, auf Antrag ertragsteuerlich wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden. Gemäß den §§ 97 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 1a BewG, 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG sind die Gesellschaften, die von diesem Wahlrecht Gebrauch machen, bei der steuerlichen Bewertung und bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer weiterhin als Personengesellschaften zu behandeln. Aus dieser unterschiedlichen Betrachtung ergeben sich für die Praxis viele offene Fragen, deren Beantwortung gerade für die Erlangung der Begünstigungen für Betriebsvermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer von entscheidender Bedeutung ist. Der Erlass der Finanzverwaltung enthält erste Antworten aus der Sicht der Finanzverwaltung.

Kernaussagen

Die Finanzverwaltung folgt grundsätzlich dem Prinzip der zivilrechtlichen Betrachtung. Da die Gesellschaften, die den Antrag auf Besteuerung als Kapitalgesellschaft gestellt haben, zivilrechtlich weiterhin Personengesellschaften sind, gelten für sie bei der steuerlichen Bewertung und bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer auch weiterhin die Regeln für Personengesellschaften. Nur dort, wo das Gesetz eine ertragsteuerliche Betrachtung vorsieht, schlägt die Besteuerung als Kapitalgesellschaft durch, sodass die Personengesellschaften dann wie Kapitalgesellschaften behandelt werden.

Im Einzelnen:

  • Weil es sich zivilrechtlich um Personengesellschaften handelt, ist für ihre Begünstigung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer keine Mindestbeteiligungsquote, wie sie für Kapitalgesellschaften gilt (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), erforderlich.
  • Da für die Bestimmung des Umfangs des Betriebsvermögens ertragsteuerliche Grundsätze gelten und die Gesellschaften ertragsteuerlich wie Kapitalgesellschaften behandelt werden, gibt es kein Sonderbetriebsvermögen, das mitbegünstigt übertragen werden könnte.
  • Die Option zur laufenden Besteuerung als Kapitalgesellschaft führt nicht zu einem Rechtsträgerwechsel, sodass vorhandenes Verwaltungsvermögen nicht zu unbegünstigtem jungen Verwaltungsvermögen wird. Wird allerdings vor der Antragstellung Sonderbetriebsvermögen auf die Personengesellschaft übertragen, wird dabei mitübertragenes Verwaltungsvermögen zu jungem Verwaltungsvermögen, mitübertragene Finanzmittel zu jungen Finanzmitteln.
  • Die Ausübung der Option zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft ist während der für die Begünstigung von Betriebsvermögen nach dem ErbStG geltenden Behaltensfrist riskant. Wurde nämlich Sonderbetriebsvermögen mitübertragen, führt die Ausübung der Option zum Wegfall der Begünstigung!
  • Mangels steuerrechtlicher Kapitalkonten erfolgt die Verteilung des Unternehmenswertes auf die Gesellschafter im ersten Schritt nach den handelsrechtlichen Kapitalkonten, also nicht nach der Beteiligungsquote.
  • An Gesellschafter gezahlter Arbeitslohn ist bei der Anwendung der Lohnsummenregelungen nicht zu berücksichtigen.
  • Des Weiteren beschäftigt sich der Erlass noch mit Nießbrauchsrechten und Betriebsaufspaltungen.

Bedeutung für die Praxis

Die Ausführungen der Finanzverwaltung führen einerseits zwar zu Klarheit über deren Position für die praktische Anwendung, erhöhen andererseits aber die Komplexität erheblich. Denn indem die Finanzverwaltung mal auf das Zivilrecht und mal auf die ertragsteuerliche Betrachtung abstellt, wird die Rechtsanwendung unübersichtlich. Die jeweilige Begründung bei den einzelnen Aspekten ist systematisch nachvollziehbar und schlüssig. Allerdings fehlt eine übergeordnete Betrachtung. Nach den gesetzlichen Regelungen im BewG und im ErbStG sind die Gesellschafter weiterhin als Personengesellschaften zu behandeln. Dies sollte auch konsequent so umgesetzt werden.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.