Begünstigung von Betriebsvermögen: Steuerfalle Umwandlung vor der Unternehmensnachfolge

Die Finanzverwaltung hat in dem gleichlautenden Ländererlass vom 13. Oktober 2022 zu der wichtigen Fragestellung, wie sich Umwandlungen im Vorfeld einer Unternehmensnachfolge bei der Begünstigung von Betriebsvermögen nach den §§ 13a, 13b ErbStG auf die Entstehung von nicht begünstigtem jungen Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln als potenziell nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen auswirken, ausführlich Stellung genommen und der Praxis damit eine wichtige Orientierung gegeben.

Hintergrund

Bei der Unternehmensnachfolge soll vom Grundsatz her nur notwendiges Betriebsvermögen begünstigt werden. Mitübertragenes Verwaltungsvermögen, wie z. B. vermietete Immobilien, Kunstgegenstände und Wertpapiere, soll im Rahmen der Übertragung – vorbehaltlich eines unschädlichen Sockelbetrages i. H. v. 10 % des Unternehmenswertes – grundsätzlich ohne Begünstigung voll besteuert werden. Junges Verwaltungsvermögen (= Verwaltungsvermögen, das weniger als zwei Jahre zum Unternehmen gehört) wird immer voll besteuert. Junge Finanzmittel (= Finanzmittel, die weniger als zwei Jahre zum Unternehmen gehören) sind immer Verwaltungsvermögen, sodass sie bei Überschreiten des Sockelbetrages durch das Verwaltungsvermögen insgesamt voll besteuert werden. Es ist daher im Rahmen der Nachfolgeplanung wichtig zu wissen, ob durch vorbereitende Umstrukturierungen aus bereits vorhandenem Vermögen junges Verwaltungsvermögen oder junge Finanzmittel werden. Zu dieser Fragestellung nimmt die Finanzverwaltung in dem Erlass vom 13. Oktober 2022, gegliedert nach den verschiedenen Umstrukturierungsmaßnahmen und mit zahlreichen Beispielen, Stellung.

Kernaussagen

Durch eine Umstrukturierung kann sich die Eigenschaft von Verwaltungsvermögen und Finanzmitteln ändern. Verwaltungsvermögen, das bisher im Rahmen des Sockelbetrages mitbegünstigt übertragen werden konnte, kann durch die Umstrukturierung zu unbegünstigtem jungem Verwaltungsvermögen werden. Finanzmittel können durch eine Umstrukturierung zu jungen Finanzmitteln werden. In beiden Fällen verschlechtert sich die Begünstigungssituation.

Für die Beurteilung, ob eine innerhalb von zwei Jahren vor der Unternehmensnachfolge stattfindende Umstrukturierung zu jungem Verwaltungsvermögen oder zu jungen Finanzmitteln führt, ist nach der Finanzverwaltung eine betriebsbezogene Betrachtung maßgeblich. Es kommt danach darauf an, ob ein Rechtsträgerwechsel stattfindet bzw. das Verwaltungsvermögen einem anderen Betrieb zugeordnet wird. Für die Beurteilung der Finanzmittel kommt es darauf an, ob die Umstrukturierung zu Einlagen und Entnahmen führt.

Das führt dazu, dass bei jeder übertragenden Umwandlung, also bei allen Umstrukturierungen, bei denen Vermögen von einem Rechtsträger auf einen anderen Rechtsträger übertragen wird und es dadurch – bei steuerlicher Betrachtung – zur Zuordnung des Vermögens zu einem anderen Betrieb kommt, junges Verwaltungsvermögen/junge Finanzmittel beim aufnehmenden Rechtsträger entstehen.

  • Verschmelzungen, Auf- und Abspaltungen sowie Ausgliederungen führen also stets dazu, dass dabei übertragenes Verwaltungsvermögen zu jungem Verwaltungsvermögen und übertragene Finanzmittel zu jungen Finanzmitteln werden.
  • Gleiches gilt für Einbringungen in Kapitalgesellschaften sowie die Einbringung von Einzelunternehmen in Personengesellschaften.
  • Auch das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus einer Personengesellschaft führt zur Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen/jungen Finanzmitteln, weil das Vermögen von der Personengesellschaft auf den letzten Gesellschafter übergeht, was einen Rechtsträgerwechsel und eine neue betriebliche Zuordnung darstellt. Ansonsten sind Gesellschafterwechsel unschädlich, es sei denn, ein beitretender Gesellschafter überträgt Verwaltungsvermögen oder Finanzmittel auf die Gesellschaft.
  • Formwechsel sind hingegen unschädlich, da es dabei weder zu einem Rechtsträgerwechsel noch zu einer Vermögenszuordnung zu einem anderen Betrieb kommt. Werden bei einem Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft aber Verwaltungsvermögen oder Finanzmittel aus dem Sonderbetriebsvermögen auf die Kapitalgesellschaft übertragen, wird das dabei übertragene Verwaltungsvermögen zu jungem Verwaltungsvermögen und Finanzmittel zu jungen Finanzmitteln der Kapitalgesellschaft.
  • Die Ausübung der Option von Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften gemäß § 1a KStG, wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden, hat keine Auswirkungen auf die erbschaftsteuerliche Beurteilung des vorhandenen Verwaltungsvermögens und der vorhandenen Finanzmittel.
  • Die Einbringung von Mitunternehmeranteilen in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft ist unschädlich. Bei doppelstöckigen Personengesellschaften führt die Einbringung von Anteilen an der Obergesellschaft nicht dazu, dass das Verwaltungsvermögen oder die Finanzmittel in der Untergesellschaft ihren Charakter ändern.

Bedeutung für die Praxis

Betriebswirtschaftlich und operativ können Umstrukturierungen zur Vorbereitung der Unternehmensnachfolge sehr sinnvoll sein, um die – auch für die steuerliche Begünstigung der Übertragung – erforderliche Fortführung des Unternehmens zu gewährleisten. Sie können aber zu einer höheren steuerlichen Belastung der Übertragung selbst führen, wenn dadurch nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen entsteht. Dieser steuerlichen Falle sind sich die Beteiligten vielfach nicht bewusst, weil das Vermögen vor der Umstrukturierung bereits in der Unternehmensgruppe vorhanden war und nur zwischen Unternehmen der Unternehmensgruppe verschoben wird. Aufgrund der sehr formalen, nur auf den einzelnen Rechtsträger bezogenen Betrachtung, bei der sich die Finanzverwaltung auf BFH-Rechtsprechung stützen kann, ergeben sich dann häufig böse Überraschungen. Dies zeigt einmal mehr, dass eine Unternehmensnachfolge einer sorgfältigen Planung mit allen steuerlichen Facetten bedarf.

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