Steuerrechtliche Erleichterungen zur Berücksichtigung der hohen Energiekosten

Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der ganz erheblich gestiegenen Energiekosten hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Schreiben vom 5. Oktober 2022 verfahrensrechtliche Erleichterungen veröffentlicht. Steuerbelastungen werden durch diese Maßnahmen nicht gesenkt.

Hintergrund

In den vergangenen beiden Jahren gab es verschiedene verfahrensrechtliche Erleichterungen zur Abmilderung der Beeinträchtigungen durch die Coronapandemie (insbesondere Verlängerung von Steuererklärungspflichten sowie Billigkeitsmaßnahmen wie z. B. das Aufschieben von Vollstreckungsmaßnahmen und die erleichterte Gewährung von Stundungen). Nun bringen die erheblich gestiegenen Energiekosten viele Steuerpflichtige in Bedrängnis. Um diesen Steuerpflichtigen entgegenzukommen, hat das BMF in Abstimmung mit den Finanzbehörden der Länder verfahrensrechtliche Erleichterungen veröffentlicht.

Kernaussagen

Das BMF spricht in seinem Schreiben vom 5. Oktober 2022 ausdrücklich folgende Maßnahmen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der hohen Energiekosten an:

  • die Herabsetzung von Vorauszahlungen auf Antrag des Steuerpflichtigen; dabei ist auch eine rückwirkende Herabsetzung von in 2022 bereits geleisteten Vorauszahlungen möglich, sodass gezahlte Gelder wieder an den Steuerpflichtigen zurückfließen können
  • die Stundung von fälligen Steuerzahlungen, die zudem im Regelfall für bis zu drei Monate zinsfrei erfolgen soll. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Steuerpflichtige seine Steuererklärungspflichten und Steuerzahlungspflichten in der Vergangenheit pünktlich und vollständig erfüllt hat. Dabei ist es unschädlich, wenn der Steuerpflichtige in den letzten beiden Jahren bereits von den Steuererleichterungen zur Bewältigung der Folgen der Coronapandemie (wie z. B. Stundung oder Vollstreckungsaufschub) Gebrauch gemacht hat
  • die Gewährung von Vollstreckungsaufschub

Diese Erleichterungen gelten für alle entsprechenden Anträge, die bis zum 31. März 2023 bei den Finanzbehörden eingehen.

Die Finanzämter sollen bei diesen Anträgen keine strengen Prüfungsmaßstäbe anwenden und zeitnah entscheiden.

Bedeutung für die Praxis

Durch das BMF-Schreiben wird den Steuerpflichtigen zwar kein klarer Anspruch auf eine festgelegte Entscheidung des für sie zuständigen Finanzamts an die Hand gegeben. Allerdings senden die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder das deutliche Signal an die Steuerpflichtigen, aber auch an die Finanzämter, dass den Steuerpflichtigen großzügig geholfen werden soll, wenn sie durch die gestiegenen Energiekosten in wirtschaftliche Bedrängnis geraten sind. Aus den Erfahrungen mit den Corona-Erleichterungen kann man erwarten, dass dieses Signal von den Finanzämtern bei der Bearbeitung der entsprechenden Anträge der Steuerpflichtigen berücksichtigt wird. Da die Erleichterungen an die Betroffenheit durch gestiegene Energiekosten anknüpft, sollte man bei Antragstellung die gestiegenen Energiekosten beziffern und gegebenenfalls mit Belegen dokumentieren sowie deren Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Steuerpflichtigen konkret benennen können. Dann dürfte es den Finanzbehörden leichter fallen, über den Antrag unkompliziert zugunsten des Steuerpflichtigen zu entscheiden.

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Autor

Bernd Schult
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.