Überblick über die geplanten Gesetzesänderungen aus dem Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2022

Mit dem Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2022 will das Bundesministerium der Finanzen (BMF) aus seiner Sicht notwendige Gesetzesänderungen durch den Gesetzgeber beschließen lassen. Nachfolgend finden Sie eine Übersicht zu den geplanten Gesetzesänderungen.

Wichtige Änderungen im Einkommensteuergesetz

  • Gebäude-AfA, § 7 Abs. 4 EStG

Die Absetzung für Abnutzung (AfA) für Gebäude erfolgt grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 EStG durch eine lineare Abschreibung des Gebäudes nach einem typisierten, fest vorgegebenen AfA-Satz (2 %, 2,5 % oder 3 % p. a.). Abweichend vom typisierten AfA-Satz konnte die AfA in begründeten Ausnahmefällen nach einer vom Steuerpflichtigen darzulegenden kürzeren Nutzungsdauer bemessen werden. Dieser AfA-Satz soll ab dem 1. Januar 2023 aufgehoben werden. Demgegenüber soll der lineare AfA-Satz für die Abschreibung von Wohngebäuden auf 3 % für nach dem 31. Dezember 2023 fertiggestellte Gebäude angehoben werden (§ 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG).

  • Ehegattenübergreifende Verlustverrechnung, § 20 Abs. 6 S. 3 EStG

Ab Veranlagungszeitraum 2022 soll erstmals ein ehegattenübergreifender Ausgleich nicht ausgeglichener Verluste bei Kapitaleinkünften des einen Ehegatten mit positiven Kapitalerträgen des anderen Ehegatten gesetzlich ermöglicht werden.

  • Erhöhung des Sparer-Pauschbetrages, § 20 Abs. 9 EStG

Der Sparer-Pauschbetrag soll ab dem 1. Januar 2023 von 801 € auf 1.000 € angehoben werden (verdoppelt bei Zusammenveranlagung).

  • Registerfälle, § 49 Abs. 1 Nr. 2f, Nr. 6 EStG

Für sonstige Rechte (insbesondere Patent-, Marken- oder Sortenrechte), die nur aufgrund einer Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register zu inländischen Einkünften führen, soll die beschränkte Steuerpflicht für Vergütungen, die nach dem 31. Dezember 2022 zufließen, entfallen.

In Fällen, in denen die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung nicht zwischen nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG erfolgt (sog. Drittlizenzfälle), soll die Steuerpflicht bereits rückwirkend für alle noch offenen Fälle entfallen (§ 49 Abs. 1 Nr. 2f, Nr. 6 EStG).

Durch eine korrespondierende Ergänzung in § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAbwG (Steueroasen-Abwehrgesetz) soll der Besteuerungsanspruch bei Registerfällen ab dem 1. Januar 2023 auf Beziehungen zu sog. nichtkooperativen Steuerhoheitsgebieten i. S. d. § 2 StAbwG beschränkt werden.

  • Steuerfreistellung des Grundrentenzuschlages, § 3 Nr. 14a EStG

Mit der Einführung von § 3 Nr. 14a EStG soll der Betrag der Rente, der aufgrund des Grundrentenzuschlags geleistet wird, rückwirkend ab 1. Januar 2021 steuerfrei gestellt werden. Dadurch steht der Grundrentenzuschlag steuerlich unbelastet in voller Höhe für den Lebensunterhalt zur Verfügung.

  • Anpassung der Steuerbefreiung des INVEST-Zuschusses in § 3 Nr. 71 EStG

Aufgrund der Reduzierung der Förderung von Wandeldarlehen soll die Steuerbefreiung in § 3 Nr. 71 EStG redaktionell angepasst werden, um sicherzustellen, dass auch die geringere Förderung von Wandeldarlehen weiterhin steuerbefreit ist. Diese Änderung soll erstmals im Veranlagungszeitraum 2022 anzuwenden sein.

  • Vollständiger Sonderausgabenabzug von Beiträgen zur Rentenversicherung,
    § 10 Abs. 3 S. 6 EStG

Die Neuregelung des § 10 Abs. 3 S. 6 EStG sieht einen vollständigen Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Sonderausgaben bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2023 vor (statt erstmals im Jahr 2025). Korrespondierend hierzu soll die Umsetzung im Lohnsteuerabzugsverfahren üer die Aufhebung von § 39b Abs. 4 EStG erfolgen.

Der vollständige Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Sonderausgaben ist auf den Veranlagungszeitraum 2023 vorgezogen, statt erstmals in 2025 (§ 10 Abs. 3 S. 6 EStG). Korrespondierend hierzu soll die Umsetzung im Lohnsteuerabzugsverfahren über die Aufhebung von § 39b Abs. 4 EStG erfolgen.

  • Verfahrensverbesserungen bei der Riester-Förderung, § 10a Abs. 1a EStG

Die Neuregelung in § 10a Abs. 1a EStG vereinfacht das Riester-Verfahren ab dem 1. Januar 2023 bei Personen, die wegen der Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern dem förderberechtigten Personenkreis angehören.

  • Anhebung des Ausbildungsfreibetrages, § 33a Abs. 2 S. 1 EStG

Der in § 33a Abs. 2 S. 1 EStG geregelte Ausbildungsfreibetrag soll erstmals ab dem Veranlagungsjahr 2023 von 924 € auf 1.200 € angehoben werden.

Weitere wichtige Änderungen

  • Schaffung einer Rechtsgrundlage zum Aufbau eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen, § 139b AO

Um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen missbrauchssicheren Zahlungsweg für öffentliche Mittel zu ermöglichen, soll eine missbrauchssichere Auskehrung öffentlicher Mittel über die steuerliche Identifikationsnummer (IdNr) nach § 139b AO entwickelt werden. Anknüpfungspunkt ist die IdNr-Datenbank, in der alle in Deutschland mit erstem Wohnsitz gemeldeten Personen enthalten sind und die eine eindeutige Identifikation jedes*jeder einzelnen Bürgers*Bürgerin ermöglicht.

Die für die Auszahlung z. B. des geplanten Klimageldes bislang nicht in der Datenbank enthaltenen Kontonummern (IBAN und ggf. BIC) sollen über die zu schaffende gesetzliche Regelung erhoben, gespeichert, verarbeitet, übermittelt und genutzt werden dürfen.

  • Wichtige Anpassungen im Bewertungsgesetz

Mit den geplanten Änderungen des Bewertungsgesetzes sollen insbesondere das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie das Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremden Grund und Boden an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) angepasst werden. Insbesondere soll sichergestellt werden, dass die von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte auf der Grundlage der ImmoWertV ermittelten sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Modellkonformität weiterhin bei der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer sachgerecht angewendet werden können. Die an die ImmoWertV angepassten Vorschriften der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer sollen für Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2022 angewendet werden.

Darüber hinaus sollen Anpassungen an die Rechtsprechung des BFH sowie an die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung erfolgen.

  • Änderungen im Bereich des Umsatzsteuergesetzes
    • Zur Umsetzung von europäischem Recht sollen Zahlungsdienstleister gem. § 22g UStG verpflichtet werden, bei grenzüberschreitenden Zahlungsdiensten bestimmte Aufzeichnungen zu den Zahlungen vorzunehmen und diese Daten bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen an das BZSt zu übermitteln. Dort sollen die Aufzeichnungen vorübergehend gespeichert und an das zentrale elektronische Zahlungsinformationssystem („CESOP“), das von der Europäischen Kommission entwickelt und technisch verwaltet wird, zur weiteren Auswertung übermittelt werden.
    • Mit den geplanten Gesetzesänderungen im Bereich der Umsatzsteuer soll außerdem die Verpflichtung von Bund und Ländern, ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten, umgesetzt werden, sodass die elektronische Übermittlung von Anträgen und Steuererklärungen in weiteren Fällen möglich sein wird.

Darüber hinaus enthält der Referentenentwurf Änderungen zu weiteren Gesetzen. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens können sich noch Änderungen und Ergänzungen ergeben. Wir werden darüber in unserem Steuernewsletter und auf unserer Internetseite berichten.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.