Neue Steueränderungen aus 2022 zur Entlastung und Unterstützung der Bevölkerung

Als Reaktion auf die aktuellen Preiserhöhungen insbesondere im Energiebereich wurde zur Entlastung der Bevölkerung das Steuerentlastungsgesetz 2022 mit zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen erlassen. Daneben wurde zur Bekämpfung der anhaltenden Folgen der Corona-Pandemie auch das Vierte Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz), erlassen.

Im Zusammenhang mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz gibt es nun auch ein Schreiben des BMF vom 23. Juni 2022 zu Anwendungsfragen zur (erneuten) Verlängerung der Steuererklärungsfristen und weiterer damit zusammenhängender Fristen und Termine für die Besteuerungszeiträume 2020 bis 2024.

Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die wesentlichen Inhalte dieser steuerlichen Neuregelungen.

Steuerentlastungsgesetz 2022

Das Steuerentlastungsgesetz 2022 stellt ein Paket aus fünf Maßnahmen dar:

  1. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (Werbungskostenpauschale) wird um 200 € auf
    1.200 € rückwirkend zum 01. Januar 2022 angehoben. Auch ohne Nachweise werden damit bei Arbeitnehmern pauschal 1.200 € als Werbungskosten bei deren Besteuerung einkommensmindernd berücksichtigt.
  2. Der steuerfrei bleibende Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von derzeit 9.984 € wird für 2022 um 363 € auf 10.347 € rückwirkend ab dem 01. Januar 2022 angehoben.
  3. Die bis 2026 befristete Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler ab dem 21. Kilometer von 35 auf 38 Cent sowie die bis 2026 befristete Anhebung der Bemessungsgrundlage für die Mobilitätsprämie werden rückwirkend auf den
    01. Januar 2022 vorgezogen, so dass die Steuerpflichtigen bereits früher von der Steuerentlastung profitieren.
  4. Für jedes Kind, für das Anspruch auf Kindergeld besteht, gibt es für Juli 2022 einen Einmalbonus von 100 €.
  5. Ferner enthält das Gesetz die Gewährung einer Energiepreispauschale in Höhe von
    300 € für Erwerbstätige, Selbständige und Gewerbetreibende als einmalige (allerdings steuerpflichtige) Leistung (§§ 112 bis 122 EStG).
  • Der Anspruch entsteht am 01.09.2022. Die Energiepreispauschale wird grundsätzlich durch eine Minderung von Steuerzahlungen gewährt.
  • Arbeitnehmer erhalten die Energiepreispauschale dadurch, dass der Arbeitgeber weniger Lohnsteuer vom Gehalt einbehält, also mehr Nettogehalt auszahlt. Voraussetzung ist, dass die Arbeitnehmer am 01.09.2022 ihr (erstes, falls mehrere bestehen) Dienstverhältnis bei dem Arbeitgeber haben und den Steuerklassen 1 bis 5 unterliegen oder nach § 40a Abs. 2 EStG pauschal besteuerten Arbeitslohn beziehen.
  • Bei Selbständigen und Gewerbetreibenden wird die Einkommensteuer-Vorauszahlung am 10.09.2022 um die Energiepreispauschale gemindert.

 Viertes Corona-Steuerhilfegesetz

Das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz sieht folgende steuerliche Maßnahmen vor:

1. Verlängerte Steuererklärungsfristen und zinsfreie Karenzzeiten

Die Fristen zur Abgabe der Steuererklärungen ab 2020 werden sowohl für Steuerpflichtige mit einem steuerlichen Berater (§ 149 Abs. 3 AO) als auch für Steuerpflichtige, die ihre Erklärung selbst erstellen (§ 149 Abs. 2 S. 1 AO), nochmals verlängert. Diese gesetzlichen Fristverlängerungen sind von Amts wegen zu beachten. Ein Antrag des Steuerpflichtigen oder des steuerlichen Beraters ist dazu nicht erforderlich. Es gelten die folgenden Termine zur Abgabe der Steuererklärung:

 

2020

2021

2022

2023

2024

Beratene Steuerpflichtige

31. August 2022

31. August 2023

31. Juli 2024

31. Mai 2025

30. April 2026

Nicht beratene Steuerpflichtige

31. Oktober 2021

31. Oktober 2022

30. September 2023

31. August 2024

31. Juli 2025

Die Verzinsung von Steuernachzahlungen sowie Steuererstattungen beginnen ebenfalls erst später. Grundsätzlich beginnt der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2. S. 1 AO), mithin in der Regel am 01.04. des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres. Das
Vierte Corona-Steuerhilfegesetz sieht folgende Zeitpunkte für den Beginn des Zinslaufes vor:

 

2020

2021

2022

2023

2024

Beginn des Zinslaufes

1. Oktober 2022

1. Oktober 2023

1. September 2024

1. Juli 2025

1. Juni 2026

 2. Corona-Bonus für Pflegekräfte

Wenn Pflegekräfte im Zeitraum vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 von ihrem Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitslohn eine Bonuszahlung ausgezahlt bekommen, ist diese Bonuszahlung bis zur Höhe von 4.500 € steuerfrei (§ 3 Nr. 11b -neu- EStG) und wird auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II nicht angerechnet.

3. Steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld

Die steuerliche Förderung der steuerfreien Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld wird um sechs Monate bis Ende Juni 2022 verlängert (§ 3 Nr. 28a EStG).

 4. Verlängerung der Homeoffice-Pauschale

Die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale wird um ein Jahr bis zum
31. Dezember 2022 verlängert. Danach können Erwerbstätige (sowohl angestellt als auch selbständig Tätige) pro Arbeitstag im Homeoffice eine Pauschale von 5 € (max. 600 € pro Jahr) als Werbungskosten ansetzen, wenn sie keine Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG) absetzen können.

5. Zusätzliche Investitionsanreize für Unternehmen

Zur weiteren Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie werden Unternehmen zur Förderung ihrer wirtschaftlichen Erholung unterstützt. Das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz bietet zusätzliche Investitionsanreize insbesondere durch folgende Regelungen:

  • Die erweiterte Verlustverrechnung (§ 10d Abs. 1 EStG) wird bis Ende 2023 verlängert: Für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Mio. € bzw. auf 20 Mio. € bei Zusammenveranlagung angehoben. Der Verlustrücktrag wird überdies ab 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre.
  • Die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz eingeführten degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird um ein Jahr verlängert für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden (§ 7 Abs. 2 S. 1 EStG).
  • Die Abzinsung von unverzinslichen Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als zwölf Monaten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG fällt nun weg.
  • Die steuerlichen Investitionsfristen für Reinvestitionen gemäß § 6b EStG werden um ein weiteres Jahr verlängert, wenn die Rücklage in 2022 aufgelöst werden müsste.
  • Die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG, die in 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr verlängert.

 6. Lohnsteuereinbehalt in der Seeschifffahrt

Der Gesetzgeber hat das Verfahren genutzt, um den Lohnsteuereinbehalt für Reedereien europarechtskonform zu regeln (§ 41a Abs. 4 S. 2 EStG, Erweiterung der Registrierungsländer).

Fazit

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sind leider noch längst nicht überwunden. Eine zeitnahe finanzielle Erholung wird durch die derzeitige Inflation noch mehr erschwert. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass dies nicht die letzten Steueränderungen zur Entlastung und Unterstützung der Steuerpflichtigen sein werden.

Autor*innen

Bernd Schult
+49 30 208 88 1340

Thuy Linh Nguyen
+49 30 208 88 1021

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.