Aktuelles zu abziehbaren Nachlassverbindlichkeiten

Im Rahmen der Abgrenzung von Nachlassregelungskosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG) zu Nachlassverwaltungskosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG) gibt es von Rechtsprechung und Finanzverwaltung Neuigkeiten zur Abziehbarkeit von Nachlassverbindlichkeiten.

Berücksichtigung von Steuerberatungskosten für die Steuerangelegenheiten des Erblassers

Grundsatz: Vom Erben getragene Steuerberatungskosten zur Erfüllung der Einkommensteuerpflicht des Erblassers sind nur dann als sog. Erblasserschulden abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG, wenn der Erblasser noch zu seinen Lebzeiten die Erstellung der Steuererklärungen durch den Steuerberater beauftragt hat (Verursacherprinzip).

Mit gleichlautenden Erlassen vom 9. Februar 2022 (BStBl. I 2022, 224) ordnen die Landesfinanzbehörden unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 14. Oktober 2020 (Az. II R 30/19) an, dass Steuerberatungskosten, die dem Erben anlässlich einer Berichtigung der ursprünglich vom Erblasser abgegebenen Steuererklärung oder für die Nacherklärung von Steuern entstehen, die der Erblasser hinterzogen hat, bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer als Nachlassregelungskosten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abziehbar sind. Die Abzugsfähigkeit dieser Steuerberatungskosten scheidet – anders als bei der Erstellung von Einkommensteuererklärungen für den Erblasser – nicht bereits deswegen aus, weil die Maßnahmen auf einem eigenen Entschluss des Erben beruhen. Wichtig für eine Berücksichtigung ist aber, dass die Steuerberatungskosten im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erbfall stehen.

Kosten für die Haushaltsauflösung und für die Räumung einer Wohnung

Zudem wird in den Erlassen, wie auch der BFH in dem oben genannten Urteil vom 14. Oktober 2020 entschieden hat, geregelt, dass Kosten für die Räumung einer vom Erblasser selbst bewohnten Wohnung abziehbare Nachlassregelungskosten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG darstellen, soweit die Auflösung des Haushalts des Erblassers darauf gerichtet ist, festzustellen, inwieweit die in der Wohnung befindlichen Gegenstände zum Nachlass gehören.

Aus Vereinfachungsgründen wird dies für Kosten für die Auflösung des Haushalts und die Räumung der Wohnung des Erblassers, die in den ersten sechs Monaten nach dem Erbfall entstehen, unterstellt. Für nach diesem Zeitraum angefallene Kosten hat der Steuerpflichtige darzulegen, dass die Kosten aufgrund der Umstände des Einzelfalles der Feststellung des Nachlasses dienten.

Kosten für ein zweites Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten

Der BFH hat in seinem Urteil vom 1. September 2021 (Az. II R 8/20) entschieden, dass zu den bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer abziehbaren Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG auch Aufwendungen für eine Zweitgrabstätte gehören können. Voraussetzung ist allerdings, dass das zweite Grabdenkmal von vornherein als endgültige Ruhestätte des Erblassers geplant war und das erste Grabdenkmal offensichtlich nur als provisorische Übergangslösung angelegt war. Der Erbe trägt für diese für ihn steuergünstige Ausnahme die Darlegungs- und Feststellungslast.

Überdies sind nur angemessene Kosten abzugsfähig. Die Angemessenheit eines Grabdenkmals richtet sich neben dem Umfang des Nachlasses nach der Lebensstellung des Erblassers. Entscheidend ist, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und (religiösen) Bräuchen zu einer würdigen Bestattung gehört.

Bedeutung für die Praxis

Durch die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung wurde nun ausdrücklich geregelt, dass allein die Tatsache, dass der Erbe aus eigenem Entschluss Kosten auslöst, diese nicht automatisch nicht abzugsfähige Kosten der Nachlassverwaltung darstellen. Für eine Abzugsfähigkeit müssen die Kosten einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen aufweisen.

Zum Nachweis der Kosten für ein zweites Grabdenkmal sollte der Erbe frühzeitig Belege für die tatsächliche Errichtung und für die Dauerhaftigkeit der Zweitgrabstätte vorhalten. Schwieriger dürfte es in einem Streitfall werden, die üblichen Gepflogenheiten und religiösen Bräuche in den Kreisen des Erblassers zu belegen. Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung hierbei mit Augenmaß und Sensibilität vorgeht.

Autor*innen

Bernd Schult
+49 30 208 88 1340

Thuy Linh Nguyen
+49 30 208 88 1021

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.