Wirtschaftliche Eingliederung bei der Organschaft – BFH-Urteil V R 28/20 vom 11. Mai 2023 (veröffentlicht am 14. September 2023)

Die umsatzsteuerliche Organschaft ist ein rutschiges Parkett – insbesondere bei der hierfür erforderlichen wirtschaftlichen Eingliederung sind Rechtsanwender*innen auf unbestimmte Rechtsbegriffe verwiesen, die eine sichere Beurteilung erschweren. Der BFH fügt hier einige Puzzleteile hinzu.

Sachverhalt und Streitfrage: wirtschaftliche Eingliederung

Klägerin war eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer die natürliche Person G war. G war zudem alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GbR. Die GmbH verwaltete entgeltlich einige vermietete Immobilien des G.

Die GmbH war Teil einer größeren Unternehmensgruppe (der V-Gruppe), die Dienstleistungen im Immobilienbereich anbot.

Gestritten wurde um die Umsatzsteuerveranlagung der GmbH: Diese argumentierte, sie sei nicht zur Umsatzsteuer heranzuziehen, weil sie unselbstständige Organgesellschaft des G als Organträger sei. Die finanzielle und organisatorische Eingliederung waren dabei aufgrund der 100%igen Beteiligung und der Geschäftsführeridentität kein Thema. Das Finanzamt und später das Finanzgericht erkannten jedoch die wirtschaftliche Eingliederung nicht an. Die folgenden Aspekte spielten dabei später für den BFH eine Rolle: 

Erheblichkeit der Beziehungen zwischen G und der GmbH

Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern und ergänzen. Hierfür reicht das Bestehen von mehr als nur unerheblichen Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft aus, ohne dass die Organgesellschaft wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein braucht.

Das Finanzgericht hatte in der ersten Instanz entschieden, dass Hausverwaltungsdienste für den Empfänger (hier die GmbH), ähnlich wie Buchführungs- und Personalverwaltungsleistungen, standardisierte Dienstleistungen sind, deren Anbieter leicht ausgetauscht werden können. Der BFH nimmt allerdings einen anderen Blickwinkel ein: Zu fragen sei nach der Bedeutung dieser Leistungen für die GmbH als Leistende. Dieser Aspekt des Sachverhalts sei vom Finanzgericht im zweiten Rechtsgang nachträglich zu ermitteln.

Wirtschaftliche Verflechtung mit anderen Unternehmen der V-Gruppe

Das Finanzgericht hatte es außerdem versäumt zu prüfen, ob zwischen der GmbH und anderen Unternehmen der V-Gruppe eine wirtschaftliche Verflechtung besteht. Dies ist ebenfalls nachzuholen, da auch eine Verflechtung zwischen Schwestergesellschaften ausreichen würde.

Zugehörigkeit der GmbH zum Unternehmensvermögen des G

Das Finanzgericht hatte argumentiert, die wirtschaftliche Eingliederung scheitere bereits daran, dass G seine Beteiligung an der GmbH nicht seinem Unternehmensvermögen zugeordnet habe. Der BFH sieht hier allerdings keinen Zusammenhang; es komme lediglich auf die Förderung einer bestehenden oder beabsichtigten Tätigkeit an.

Stand: 25.09.2023

Autorin

Nadia Schulte
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