Wohnungsvermietung mit Stellplatz ist in der Regel insgesamt steuerfrei - BFH-Urteil V R 41/19

In seinem Urteil vom 10. Dezember 2020 (V R 41/19), nichtamtlich veröffentlicht am 10. Juni 2021, entschied der BFH: Vermietet ein Vermieter von Wohnungen im selben Gebäudekomplex auch Pkw-Stellplätze, so ist dies eine Nebenleistung zur Wohnungsvermietung und damit steuerfrei. Damit erteilte er der gegenteiligen Auffassung des Thüringer Finanzgerichts, die 2019 den Immobilienmarkt verunsichert hatte, eine Absage. Das Thüringer Finanzgericht wollte den Begriff „Gebäudekomplex“ enger auslegen und weitere Voraussetzungen an die einheitliche Leistung knüpfen.

Stellplätze in einem Zwischenkomplex mit Zugang für Externe bei angespannter Parkplatzsituation

Der Kläger hatte einen Gebäudekomplex errichtet, bestehend aus einem Vorder- und einem Hinterhaus, die teilweise für Wohnzwecke angeboten wurden. In einem Verbindungsteil (Zwischenkomplex) befanden sich Tiefgaragenstellplätze. Diese konnten von den Mietern der Wohnungen, aber auch von Externen gemietet werden. Der Zugang zur Tiefgarage war möglich, ohne die Wohnkomplexe zu betreten. Der Kläger schloss hinsichtlich der Stellplätze jeweils von den Wohnungsmietverträgen gesonderte Mietverträge.

Das Thüringer Finanzgericht (3 K 246/19, Urteil vom 27. Juni 2019) hatte hierzu entschieden, die Stellplatzvermietung sei steuerpflichtig, weil § 4 Nr. 12 S. 2 UStG die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen von der Steuerfreiheit für Grundstücksvermietungen ausdrücklich ausschließe und die Stellplatzvermietung keine Nebenleistung zur Wohnungsvermietung sei. Dies gelte hier trotz der Rechtsprechung des EuGH in der Rs. „Henriksen“ (C-173/88, 13. Juli 1989). Nach diesem EuGH-Urteil ist auch die Stellplatzvermietung steuerfrei, wenn sie mit einer steuerfreien Vermietung z. B. für Wohnzwecke eng zusammenhängt und einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang darstellt. Nach deutscher Lesart entspricht dies der Definition einer Nebenleistung. Dies soll dann der Fall sein, wenn der Platz für das Abstellen von Fahrzeugen und das Wohnzwecken dienende Grundstück Teil ein und desselben Gebäudekomplexes sind und beide von demselben Vermieter an denselben Mieter vermietet werden.

Das Thüringer Finanzgericht sah diesen engen wirtschaftlichen Zusammenhang vorliegend nicht als gegeben an, sodass die Stellplatzvermietung keine Nebenleistung zur Wohnungsvermietung sei. Hierfür spreche zum einen, dass sich die Stellplätze in einem Zwischenkomplex zwischen den Wohneinheiten befunden haben und deshalb kein einheitlicher Gebäudekomplex vorliege. Zum anderen sei relevant, dass auch Externe die Stellplätze mieten konnten und nicht jeder Wohnungsmieter einen Stellplatz gemietet hatte. Für die Wohnungsmieter sei der Stellplatz nicht derart elementar, dass die Nutzung der Wohnung nicht auch ohne Stellplatz möglich gewesen wäre. Somit fehle es an einer zwangsläufigen Verbindung zwischen den beiden Leistungen. Zudem gebe es in einem Innenstadtbereich mit knapper Parkplatzsituation getrennte Märkte für Wohnungen und Stellplätze.

BFH: Lage in einem Zwischenkomplex, Zugang für Externe und konkrete Parkplatzsituation sind bedeutungslos

Der BFH erkannte die Argumente des Thüringer Finanzgerichts nicht an. Zum einen liege ein einheitlicher Gebäudekomplex i. S. d. EuGH-Rechtsprechung „Henriksen“ auch dann vor, wenn sich die Stellplätze in einem Zwischenkomplex befinden. Zudem erfordere ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang nicht, dass die Hauptleistung nicht ohne die Nebenleistung erbracht werden kann. Dass auch Externe Zugang zu den Stellplätzen haben, sei ebenfalls ohne Belang. Dass Haupt- und Nebenleistung auch auf getrennten Märkten und unabhängig voneinander angeboten werden, sei ebenso unerheblich.

Für Immobilienunternehmen sollte sich die Aufregung legen

Für Immobilienunternehmen bleibt die Lage damit unverändert. Weiterhin können Stellplätze einer Tiefgarage auch an Externe vermietet werden, ohne dass dies die Steuerfreiheit der Stellplatzvermietung an Wohnungsmieter infrage stellt. Auch ungewöhnliche Bauformen, bei denen die Tiefgarage nicht direkt unter den Wohnungen liegt, schließen eine steuerfreie Nebenleistung nicht aus. Sicherlich gibt es hier aber Grenzen in dem Sinne, dass die Stellplätze baulich nicht völlig losgelöst von den Wohneinheiten sein dürfen.

Damit die Stellplatzvermietung eine steuerfreie Nebenleistung ist, muss aber weiterhin Abschn. 4.12.2 UStAE beachtet werden. Die dort genannten Beispiele verdeutlichen vor allem, dass die Mietverträge für Wohnung und Stellplatz zwischen denselben Parteien abgeschlossen werden müssen – wenn es auch unschädlich ist, dass dies nicht gleichzeitig erfolgt. Bei komplexeren gesellschaftsrechtlichen Strukturen können hier Tretminen lauern. Bei immer knapper werdendem Wohnraum kommt es außerdem nicht selten vor, dass ein Stellplatz nicht für ein Fahrzeug, sondern als Lagerfläche genutzt wird. Dies ist nach Auffassung der Finanzverwaltung unschädlich für die Steuerfreiheit.

Wird umgekehrt wegen des Vorsteuerabzugs eine steuerpflichtige Vermietung der Stellplätze angestrebt, ist, wenn möglich, auf eine größere bauliche Trennung von der Wohneinheit zu achten. Dass der Stellplatzmietvertrag von einer anderen, aber mit dem Wohnungsvermieter verbundenen Person abgeschlossen wird, ist ebenfalls eine Alternative.

(Stand: 25.06.2021)