Reihengeschäfte – BMF-Schreiben vom 25. April 2023

Bereits am 22. Juni 2022 hatte das BMF einen ersten Entwurf zum Reihengeschäft vorgelegt (wir berichteten hier). Am 25. April 2023 folgte nun die finale Fassung. Die Änderungen gegenüber der Vorversion sind nicht überwältigend. Die wesentlichen Aussagen in Bezug auf die problematischen Punkte fassen wir hier zusammen.

Zuordnung der Transportveranlassung

Bekanntlich richtet sich die Zuordnung der bewegten Lieferung nach der Transportveranlassung. Um die Transportveranlassung einem Beteiligten zuzuordnen, muss dieser, wenn er nicht selbst transportiert, grundsätzlich den Auftrag an das Transportunternehmen erteilen. Dies muss sich eindeutig und leicht nachprüfbar aus den Aufzeichnungen ergeben. Hat der Beteiligte den Transportauftrag nicht erteilt, kann ihm die Transportveranlassung dennoch zugeordnet werden, wenn er nachweist, dass der Transport auf seine Rechnung erfolgt und er tatsächlich die Gefahr des zufälligen Untergangs während des Transports trägt. Insofern gibt es keine Änderung zur Vorversion des BMF-Schreibens, sodass Unternehmer*innen weiterhin vor der zivilrechtlich schwierigen Frage stehen, wer wann welche Gefahr trägt. Werden außerdem Incoterms falsch oder widersprüchlich verwendet oder spielt auch ausländisches Zivilrecht eine Rolle, wird es sehr unübersichtlich und in der Praxis kaum zu handhaben.

Zuordnung der bewegten Lieferung bei Transportveranlassung durch einen Zwischenhändler

Wird die Ware durch einen Zwischenhändler befördert oder versendet, wird widerlegbar vermutet, dass die Lieferung an ihn die bewegte Lieferung ist. Will ein Zwischenhändler die Warenbewegung seiner eigenen Lieferung zuordnen, muss er dies nachweisen. Bei Lieferungen zwischen zwei EU-Mitgliedstaaten gilt der Nachweis als erbracht, wenn der Zwischenhändler gegenüber seinem Vorlieferanten die USt-ID verwendet, die ihm vom Land des Beginns der Beförderung erteilt wurde. Wie auch im Entwurf von Juni 2022 vorgesehen, muss die Verwendung bis zum Beginn der Beförderung erfolgen, d. h., eine rückwirkende Verwendung ist grundsätzlich nach wie vor nicht vorgesehen (Einschränkung siehe unten).

Verwendung der USt-ID durch den Zwischenhändler

Während Art. 36a MwStSystRL verlangt, dass der Zwischenhändler seinem Lieferer die USt-ID mitteilt, benutzt § 3 Abs. 6a UStG den Begriff des Verwendens. Ob „mitteilen“ und „verwenden“ zweierlei sei, wurde seitdem heftig diskutiert. Im finalen BMF-Schreiben wird der schwierige Verweis auf Abschn. 3a.2 Abs. 10 S. 2 bis 6 UStAE zur Verwendung einer USt-ID aufgegeben. Die dort niedergelegten Anforderungen werden zum Teil durch wörtliche Übernahme beibehalten, zum Teil aber auch aufgegeben. Das BMF legt sich nunmehr wie folgt fest:

  • Das Verwenden der USt-ID erfordert ein aktives Tun. Dass eine im Briefkopf eingedruckte USt-ID oder eine in einer Gutschrift des Leistungsempfängers formularmäßig eingedruckte USt-ID allein nicht ausreicht, gilt weiterhin.
  • Die Verwendung muss in der Regel bereits bei Vertragsabschluss, spätestens jedoch bei Ausführung der Lieferung erfolgen. Die Formulierung „in der Regel“ weicht diese Anforderung stark auf, sodass die Finanzämter in der Praxis eigentlich darauf nicht bestehen können.
  • Die Verwendung soll im jeweiligen Auftragsdokument festgehalten werden. Das „soll“ macht auch diese Anforderung sehr weich und spricht für eine geringe Praxisrelevanz.
  • Spätere Änderungen bei der Verwendung der USt-ID sind nicht möglich.
  • Bei mündlicher Auftragserteilung muss die rechtzeitige Verwendung dokumentiert werden.
  • Es reicht aus, wenn der Zwischenhändler dokumentiert, dass er gegenüber seinem Vorlieferer erklärt hat, die vom Abgangsstaat erteilte USt-ID für alle künftigen Lieferungen verwenden zu wollen. Weggefallen ist die sich aus dem Verweis auf Abschn. 3a.2 Abs. 10 UStAE ergebende komplizierte und unnötige Anforderung des BMF-Entwurfs, nach der der Vorlieferant diese Erklärung des Zwischenhändlers und die zu diesem Zweck erfragten USt-ID bei der erstmaligen Erfassung der Stammdaten entgegennehmen muss.
  • Geblieben ist eine alternative Form des positiven Tuns: Ein positives Tun des Zwischenhändlers liegt auch dann vor, wenn sein Kunde die Erklärung über seine Unternehmereigenschaft und den unternehmerischen Bezug der Ware objektiv nachvollziehbar vorgenommen und seinen Leistungsbezug zutreffend (d. h. als innergemeinschaftlichen Erwerb) erklärt hat. Zusätzlich muss der Zwischenhändler seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung nachkommen und dort sowie in der Rechnung die USt-ID des Kunden angeben. Dies dürfte so zu verstehen sein, dass in diesem Fall auf die Verwendung des USt-ID des Abgangsstaates durch den Zwischenhändler vor Beginn der Beförderung verzichtet werden kann. Dies stellt eine erhebliche Erleichterung in der Praxis dar und erlaubt dann doch noch die eigentlich ausgeschlossene nachträgliche „Heilung“. Nicht ganz eindeutig ist allerdings, in welchem Verhältnis diese Erleichterung zu der Aussage steht, dass spätere Änderungen bei der USt-ID ohne Auswirkungen bleiben. Vermutlich ist dies so zu verstehen, dass eine einmal verwendete USt-ID, die nicht dem Abgangsstaat entspricht, unumkehrbar dazu führt, dass die bewegte Lieferung nicht dem Zwischenhändler zuzuordnen ist. Nur wenn der Zwischenhändler keine USt-ID verwendet hat, ist die Zuordnung der Warenbewegung zu seiner Lieferung noch nachträglich wie beschrieben möglich.

Stand: 16.05.2023

Autorin

Nadia Schulte
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