Kurtaxen unterliegen bei allgemeinzugänglichen Kureinrichtungen nicht der Umsatzsteuer – EuGH-Urteil „Gemeinde A“ (C-344/22)

Urteil vom 13. Juli 2023

Wenn die Kurtaxe umsatzsteuerbar ist, kann die Gemeinde aus allen Aufwendungen für Kureinrichtungen den Vorsteuerabzug geltend machen – in der Regel ist das für den Gemeindehaushalt ausgesprochen günstig. 2017 hatte der BFH (V R 62/16) entschieden, dass die Kureinrichtungen nur anteilig dem Unternehmen der Gemeinde zugeordnet werden dürfen, wenn sie auch der Allgemeinheit zugänglich sind, sodass auch der Vorsteuerabzug nur anteilig zulässig ist. Dies hatte das BMF in Abschn. 15.19 Abs. 2 S. 3 UStAE übernommen. Der EuGH macht nun komplett Schluss mit dem Vorsteuerabzug.

Sachverhalt und Vorlagefragen

Der deutsche heilklimatische Luftkurort A erhob eine Kurtaxe von bestimmten Ortsfremden sowie von bestimmten kurtaxepflichtigen Einwohnern, nicht jedoch von Tagesgästen sowie von Ortsfremden oder Einwohnern, die in der Gemeinde arbeiten oder in Ausbildung stehen. Die Kureinrichtungen waren für jedermann frei zugänglich, eine Kurkarte wurde für den Zutritt nicht benötigt. Die Klägerin sah im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärungen die Kurtaxe als Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit, nämlich den Kurbetrieb, an und begehrte den Abzug der für alle mit dem Fremdenverkehr zusammenhängenden Eingangsleistungen entrichteten Umsatzsteuer.

Der BFH fragte, ob die Gemeinde eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt habe, für die die Kurtaxe das Entgelt gewesen sei, obwohl die kurtaxepflichtigen Personen keinen wirtschaftlichen Vorteil erhalten haben, der über den der Allgemeinheit hinausgehe. Sollte dennoch eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegen, sei zu klären, ob größere Wettbewerbsverzerrungen vorliegen; dies verlangen sowohl Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL als auch § 2b UStG, um bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts von der Unternehmereigenschaft ausgehen zu können. Zieht man hier nur das Gebiet der Gemeinde A selbst heran, könne es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommen, da außer der Gemeinde A selbst hier niemand Kureinrichtungen betreiben dürfe. Würde man das ganze Bundesgebiet in den Blick nehmen, wären Wettbewerbsverzerrungen denkbar.

EuGH: keine wirtschaftliche Tätigkeit

Aus Sicht des EuGH besteht zwischen der Gemeinde und den Besuchern, die die Kureinrichtungen nutzen dürfen, nicht das erforderliche Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Es könne nicht angenommen werden, dass die Kurtaxe die Gegenleistung für die Nutzung der Kureinrichtungen sei, da die Pflicht zur Entrichtung aufgrund einer kommunalen Satzung bestehe und nicht von der Nutzung der Kureinrichtungen, sondern vom Aufenthalt in der Gemeinde abhänge. Demnach erbringe die Gemeinde keine wirtschaftliche Tätigkeit, für die die Kurtaxe als Entgelt anzusehen sei.

Mangels wirtschaftlicher Tätigkeit brauchte der EuGH die Frage nach den Wettbewerbsverzerrungen nicht zu beantworten.

Einordung

Die Entscheidung betrifft nur Kureinrichtungen, die auch der Allgemeinheit offenstehen. Einrichtungen, die Kurtaxepflichtigen vorbehalten sind, dürften nach wie vor eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde begründen, sodass damit im Zusammenhang stehende Aufwendungen zum Vorsteuerabzug berechtigen. Hier könnte dann aber entscheidend sein, dass der Zutritt mittels einer Kurkarte kontrolliert wird.

Stand: 01.08.2023

Autorin

Nadia Schulte
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