Betriebsvorrichtungen: keine Aufteilung bei einheitlicher Leistung – BFH-Urteil V R 7/23 (V R 22/20) vom 17. August 2023

In der Rechtssache „Finanzamt X“ hatte der EuGH entschieden, dass die Verpachtung von Betriebsvorrichtungen zusammen mit der Verpachtung des Grundstücks steuerfrei ist, wenn beides eine einheitliche Leistung bildet (wir berichten hier). Der BFH, der den Fall dem EuGH vorgelegt hatte, setzt dies in seiner Nachfolgeentscheidung um und ändert seine bisherige Rechtsprechung.

Hintergrund

Streitgegenstand war die Verpachtung eines Putenstalls mit verschiedenen Betriebsvorrichtungen. Nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG und auch nach Art. 135 Nr. 2 lit. c MwStSystRL wäre nur die Verpachtung des Putenstalls selbst steuerfrei, die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen jedoch steuerpflichtig. Das einheitliche Entgelt müsste entsprechend aufgeteilt werden. Nach Auffassung des BFH waren aber gleichzeitig die Voraussetzungen einer einheitlichen Leistung erfüllt. Daraus ergab sich die Frage, ob der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung dem Aufteilungsgebot vorgehe.

Nachdem der EuGH klargestellt hatte, dass Art. 135 Nr. 2 lit. c MwStSystRL ein Aufteilungsgebot nur insoweit vorsehe, als die Vermietung/Verpachtung von Betriebsvorrichtungen als selbstständige Leistung erfolgt, schließt sich der BFH dieser Auffassung an und gibt seine bisherige anderslautende Rechtsprechung auf, d. h., die Verpachtung des Putenstalls und der Betriebsvorrichtungen ist insgesamt steuerfrei.

Praxisfolgen

Abschnitt 4.12.10 Satz 1 UStAE, der die Aufteilung anordnet, ist nicht mehr haltbar und muss geändert werden.

Steuerpflichtige, die Grundstücke mit Betriebsvorrichtungen vermieten/verpachten, sollten Bescheide unter Berufung auf die EuGH- und BFH-Rechtsprechung (weiterhin) offenhalten, wenn eine einheitliche Behandlung für sie günstiger wäre. Die Leistung ab sofort insgesamt als steuerfrei zu behandeln, wenn die Hauptleistung steuerfrei ist, ist basierend auf der Rechtsprechung gerechtfertigt, sollte dem Finanzamt aber aufgrund des derzeit noch anderslautenden Umsatzsteueranwendungserlasses offengelegt werden. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass es sich tatsächlich um eine einheitliche Leistung handelt, was sorgfältig geprüft werden muss. Zur Frage, wann eine einheitliche Leistung vorliegt, sind derzeit zwei Verfahren beim BFH anhängig (V R 15/21 und XI R 8/21), bei denen es um Stromlieferungen als Nebenleistung bei umsatzsteuerfreier Vermietung geht.

Zu bedenken ist, dass bei einer einheitlichen Behandlung als steuerfrei der Vorsteuerabzug im Hinblick auf die Betriebsvorrichtungen verloren geht. Möglich wäre aber, insgesamt zur Steuerpflicht zu optieren, da wegen der Einheitlichkeit der Leistung auch die Vermietung/Verpachtung der Betriebsvorrichtungen unter § 9 Abs. 1 UStG fällt.

Die Grundsätze des vorliegenden Urteils sollten auf andere einheitliche Leistungen mit gesetzlichem Aufteilungsgebot grundsätzlich übertragbar sein. Der BFH hatte mit Beschluss vom 7. März 2022 (XI B 2/21) ein weiteres Verfahren ausgesetzt, um auf die EuGH-Entscheidung „Finanzamt X“ zu warten. Darin ging es um Hotelübernachtungen mit Frühstück, für die nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG ein Aufteilungsgebot im Hinblick auf den Steuersatz gilt. Unter der Prämisse, dass es sich hier um eine einheitliche Leistung handelt, wäre auch diese Aufteilung mit der Rechtsprechung nicht vereinbar. Die Entscheidung bleibt abzuwarten.

Stand: 20.09.2023

Autorin

Nadia Schulte
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