Steuerliche Aspekte der Flüchtlingshilfe

Lesen Sie mehr zu folgenden Themen: +++ Umsatzsteuer bei der Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen +++ Ertragsteuerliche Billigkeitsmaßnahmen bei der Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen +++ Grunderwerbsteuerbefreiung bei verwaltungsinterner Übertragung von Grundstücken für Flüchtlingsunterkünfte – aktuell anhängiges BFH-Verfahren +++

Umsatzsteuer bei der Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen

Grundsätze

Aufgrund der in den letzten Wochen und Monaten rasant steigenden Zahl von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern suchen Gebietskörperschaften derzeit nach leer stehenden Wohnräumen sowohl für die langfristige als auch kurzfristige Unterbringung der Flüchtlinge. Die Unterbringung erfolgt im Rahmen unterschiedlicher Vertragsvarianten wie Mietverträge, Beherbergungsverträge, Belegungsvereinbarungen und Rahmenverträge. Das Bayerische Landesamt für Steuern (BayLfSt) hat in seiner Verfügung vom 11.02.2015 (S 7168.1.1-7/9 St33) zu diversen Sachverhaltsgestaltungen unter Einbeziehung steuerbegünstigter Körperschaften oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts und deren umsatzsteuerliche Behandlung Stellung genommen.

Langfristige Mietverträge

Bei langfristig – für eine Dauer von mehr als 6 Monaten – geschlossenen Mietverträgen, die ausschließlich die Wohnraumüberlassung beinhalten, greift grundsätzlich die Steuerbefreiungsvorschrift nach § 4 Nr. 12 S. 1 lt. a UStG. Eine Möglichkeit zur Optierung nach § 9 Abs. 1 UStG besteht nicht.

Werden neben der reinen Wohnraumüberlassung zusätzlich weitere Dienstleistungen erbracht, gilt es zu prüfen, ob es sich um Nebenleistungen zur Vermietungsleistung oder aber um eigenständige und daher gesondert zu beurteilende Leistungen handelt. Bei einer einfachen Standardmöblierung (z.B. je Person 1 Bett, 1 Stuhl, 1 Schrank, 1 Tisch je Zimmer, ggf. Gemeinschaftsküche) handelt es sich nach Meinung des BayLfSt noch um eine Nebenleistung zur Vermietung und ist daher ebenfalls als umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 12 S. 1 lt. a UStG zu behandeln. Werden darüber hinaus Verpflegungsleistungen an die untergebrachten Asylsuchenden erbracht, handelt es sich nicht mehr um eine unselbstständige Nebenleistung zur Vermietung, sondern um eine eigenständige Leistung, die unabhängig von der steuerfreien Vermietungsleistung dem Regelsteuersatz von 19% unterliegt.

Tritt die Vermietungsleistung dem Umfang nach sogar gegenüber den darüber hinaus erbrachten Dienstleistungen in den Hintergrund (z.B. Einteilung der Zimmer, Bereitstellung der Einrichtungsgegenstände sowie der Wäsche, Verpflegung der Flüchtlinge, Waschdienst, Raumpflege, Sicherheitsdienst/Anwesenheitskontrolle), so ist gemäß Abschnitt 4.12.6 Abs. 1 Satz 1 UStAE davon auszugehen, dass es sich hierbei um einen Vertrag besonderer Art handelt, bei dem der gesamte Leistungsaustausch dem Regelsteuersatz von 19% unterliegt.

Kurzfristige Mietverträge (Beherbergungsverträge)

Bei der Anmietung von Unterkünften zur kurzfristigen Beherbergung von Flüchtlingen und Asylsuchenden durch die öffentliche Hand, die eine Dauer von 6 Monaten nicht übersteigt, handelt es sich regelmäßig um eine ermäßigt zu besteuernde Beherbergungsleistung nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG. Werden neben der eigentlichen Beherbergungsleistung weitere hiervon gesondert zu beurteilende Dienstleistungen erbracht, so unterliegen diese entsprechend Abschnitt 12.16 UStAE dem Regelsteuersatz. Sollte das Entgelt für die zusätzlich erbrachten Leistungen in einer Pauschale zusammen mit dem Entgelt für die Beherbergung enthalten sein, so besteht ein Aufteilungsgebot.

Sonderfall Rahmenverträge/Belegungsvereinbarungen

Im Gegensatz zu einem Mietverhältnis begründet ein Rahmenvertrag noch keinen umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch zwischen der öffentlichen Hand und dem Vermieter. Im Rahmenvertrag werden zunächst lediglich die Bedingungen für bei Bedarf abzuschließende Einzelmietverträge festgelegt. Diese werden erst dann zwischen den oben genannten Parteien geschlossen, wenn eine Person tatsächlich untergebracht wird. Bei dem hieraus resultierenden Einzelmietvertrag handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter, nämlich dem unterzubringenden Flüchtling/Asyl-suchenden. Die umsatzsteuerliche Behandlung richtet sich demnach nicht nach der Rahmenvereinbarung, sondern nach den Bedingungen des später geschlossenen Einzelmietvertrages.

Ein über die Dauer von bis zu 6 Monaten geschlossener Einzelmietvertrag entspricht einem kurzfristigen Mietvertrag und dessen bereits zuvor erläuterten steuerlichen Behandlung. Bei Einzelmietverträgen mit einer Dauer von über 6 Monaten ist die umsatzsteuerliche Behandlung die gleiche wie bei langfristigen Mietverträgen.

Ertragsteuerliche Billigkeitsmaßnahmen bei der Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat sich im Schreiben vom 20.11.2014 (IV C 2 – S 2730/0-01) zu Billigkeitsmaßnahmen bei vorübergehender Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern u.a. in Zweckbetrieben steuerbegünstigter Körperschaften und in Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts geäußert.

Die vorübergehende Unterbringung in Einrichtungen steuerbegünstigter Körperschaften, die ausschließlich dem satzungsmäßigen Zweck der Körperschaft dienen (einschl. Zweckbetrieben und Vermögensverwaltung), ist als Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO bzw. § 66 AO und damit als ertragsteuerfrei zu behandeln.

Findet die vorübergehende Unterbringung in zum Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gehörenden Einrichtungen statt, so sind die Entgelte ohne eine Prüfung, ob ein BgA vorliegt, dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen und damit nach § 4 Abs. 5 KStG von der Ertragsteuer befreit. Da es sich hierbei zudem um nicht umsatzsteuerbare Leistungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG handelt, unterliegt das Entgelt für die Unterbringung auch nicht der Umsatzsteuer.

Grunderwerbsteuerbefreiung bei verwaltungsinterner Übertragung von Grundstücken für Flüchtlingsunterkünfte – aktuell anhängiges BFH-Verfahren

Beim Bundesfinanzhof (BFH) ist ein Revisionsverfahren anhängig (Az: BFH – II R 12/15), in dem es um die Frage geht, ob die Übertragung von Grundstücken zur Unterbringung von Flüchtlingen von einer Eigengesellschaft in privater Rechtsform auf einen Landkreis einer Grunderwerbsteuerbefreiung zugänglich ist.

Aktueller Hintergrund

Angesichts der aktuellen Flüchtlingsströme nach Deutschland wird zur Schaffung von Unterkunftsplätzen die Suche nach Immobilien insbesondere auch auf solche erstreckt, an denen die öffentliche Hand das Eigentum nur mittelbar, über Tochtergesellschaften in privater Rechtsform, hält. So werden beispielsweise in Berlin neben privaten Angeboten auch ständig Objekte geprüft, die die Berliner Immobilienmanagement-Gesellschaft (BIM), die städtischen Wohnungsbaugesellschaften, aber auch landeseigene Unternehmen wie die Berliner Stadtreinigung (BSR) und die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) oder die Vivantes-Krankenhäuser anbieten können.

Hierbei kann es zu Hin-und-her-Übertragungen dieser Grundstücke zwischen den involvierten Rechtsträgern kommen: Denn die Aufgabe der Unterbringung von Asylbewerbern obliegt in Deutschland den Ländern, die diese Kosten auch gesondert tragen (Art. 104a GG). Soweit taugliche Objekte einer Eigengesellschaft identifiziert sind, ist es denkbar, dass diese Grundstücke für Zwecke der gebündelten Wahrnehmung dieser Unterbringungsaufgabe durch das Land auf dieses (zurück-)übertragen oder auch auf eine andere Eigengesellschaft des Landes übertragen werden.

Vor diesem Hintergrund ist das oben genannte beim BFH anhängige Verfahren zur Frage der Grunderwerbsteuerfreiheit einer solchen Übertragung gegebenenfalls von Bedeutung.

Ausgangsverfahren

In dem dem Revisionsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt hatte eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts (Gemeinde) eine gemeinnützige Tochtergesellschaft gegründet. Auf diese übertrug sie die hoheitliche Aufgabe, die Grundversorgung von Asylbewerbern sicherzustellen. Diese GmbH wurde allerdings einige Jahre später wieder aufgelöst, da die Gebietskörperschaft die Grundversorgung von Asylbewerbern wieder selbst übernehmen wollte. Im Zuge dessen übertrug die sich nun in Liquidation befindliche GmbH die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke entgeltlich auf die Gebietskörperschaft. Bemessen auf den diesbezüglich vereinbarten Kaufpreis setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer fest.

FG Hessen verneint Steuerbefreiung

Die hiergegen gerichtete Klage blieb in erster Instanz erfolglos (FG Hessen, Gerichtsbescheid vom 21.01.2015, 5 K 908/10). Das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) enthält zwar eine Befreiungsvorschrift für Grundstücksübertragungen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Nachgang zu einer verwaltungsinternen Aufgabenverschiebung (§ 4 Nr. 1 GrEStG); diese Vorschrift ließe sich bei extensiver Auslegung auch auf Trägerwechsel von einer oder auf eine Eigengesellschaft anwenden. Doch sollen gemäß dem FG Hessen nach Systematik und dem Willen des historischen Gesetzgebers von der Vorschrift nicht private Eigengesellschaften wie die im Streitfall mit umfasst sein, sondern der Trägerwechsel dürfe sich ausschließlich zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts vollziehen.

Allerdings wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.

Fazit

Nach aktueller Rechtslage ist das Eingreifen einer Grunderwerbsteuerbefreiung für eine Übertragung von Grundstücken von und auf Eigengesellschaften des Landes (oder Bundes), auch soweit letztere vorher und nachher der hoheitlichen Aufgabe der Unterbringung von Flüchtlingen dienen, nicht gesichert. Soweit die Geschäftsführung von Landes-Eigengesellschaften zu einer solchen Übertragung von Grundstücken aufgefordert wird, sollte sie auf dieses steuerliche Risiko in den Vertragsverhandlungen hinweisen. Im Grundstückskaufvertrag sollte vorsorglich über eine Grunderwerbsteuerklausel geregelt werden, welcher Rechtsträger eine allfällige Grunderwerbsteuer tragen soll. Bescheide zur Festsetzung von Grunderwerbsteuer auf solche Vorgänge können allerdings unter Berufung auf das anhängige Revisionsverfahren (BFH – II R 12/15) offengehalten werden.