Lesen Sie mehr zu folgenden Themen: +++ BFH kippt „Aufteilungsverbot“ für gemischt veranlasste Aufwendungen steuerbegünstigter Körperschaften +++ Steuerabzug nach § 50a EStG +++ Steuerfreiheit von Forschungs-, Ausbildungsund Fortbildungsstipendien +++

BFH kippt „Aufteilungsverbot“ für gemischt veranlasste Aufwendungen steuerbegünstigter Körperschaften

Hintergrund

Aus der bisherigen Rechtsprechung des BFH (u. a. Urteil vom 05.06.2003, I R 76/01) wurde bisher ein sog. „Aufteilungsverbot“ für gemischt veranlasste Aufwendungen steuerbegünstigter Körperschaften abgeleitet. Ausgaben, die – im Ergebnis einer angemessenen Gewichtung – vorrangig durch den ideellen Bereich oder den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb veranlasst waren, mussten in vollem Umfang dem jeweiligen Bereich zugeordnet werden. Ergab die Gewichtung keine eindeutige Zuordnung zur unternehmerischen bzw. außerunternehmerischen Sphäre, so wurde – seitens des BFH – von einer vorrangigen Veranlassung durch den ideellen Bereich ausgegangen (Urteil v. 27.03.1991, I R 31/89).

Sachverhalt

Im vorliegenden Streitfall wurde einem Fußballverein die Gemeinnützigkeit aberkannt, da dieser nach Auffassung des Finanzamtes seinen lohnsteuerlichen Pflichten nicht nachkam. Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit aufgrund der Verletzung lohnsteuerlicher Pflichten entspricht vollumfänglich der bisherigen Rechtsprechung sowie der Auffassung der Finanzverwaltung. Die hiergegen erhobene Klage wies das Hessische FG mit Urteil vom 26.04.2012 (4 K 2789/11) ab. Neben der Aberkennung der Gemeinnützigkeit stritten beide Parteien zudem um die Verrechnung von Verlusten bzw. Aufwendungen des ideellen Bereichs mit positiven Einkünften aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Der Verein argumentierte, dass Spielereinkäufe, die vorrangig für den sportlichen und damit ideellen Bereich getätigt wurden, auch die Steigerung der Werbeattraktivität und die damit verbundene Erhöhung der steuerpflichtigen Werbeeinnahmen zum Ziel hatten.

Entscheidung des BFH

Entgegen seiner bisherigen Auffassung hat der BFH nun mit Urteil vom 15.01.2015 (I R 48/13; veröffentlicht am 15.04.2015) entschieden, dass vorrangig durch den ideellen Bereich einer steuerbegünstigten Körperschaft (hier: Sportverein) veranlasste Aufwendungen, die durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mitveranlasst sind, anteilig dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind. Die gewerbliche Mitveranlassung kann allerdings nur gewinnmindernd berücksichtigt werden, wenn sich diese anhand zeitlicher oder quantitativer Kriterien eindeutig von der vorrangigen ideellen Veranlassung abgrenzen lässt. Hiermit folgt der BFH der gängigen Verwaltungspraxis bei allgemein gemischt veranlassten Aufwendungen und deren anteilsmäßige Aufteilung (AEAO zu § 64 Abs. 1, Nr. 6).

Auswirkungen für die Praxis

Das vorliegende Grundsatzurteil des BFH bietet steuerbegünstigten Körperschaften nun die Möglichkeit, Teile der vorrangig für den (nicht steuerbaren) ideellen Bereich getätigten Ausgaben dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen und als Betriebsausgabe gewinn- und somit steuermindernd zu berücksichtigen.

Wie auch bei anderen gemischten Aufwendungen im Allgemeinen besteht in der Praxis allerdings das Problem, objektive Kriterien für eine veranlassungsgerechte Aufteilung der besagten Ausgaben zu ermitteln. Es ist daher zwingend anzuraten, dass steuerbegünstigte Körperschaften zeitnah dokumentieren, inwieweit die gemischt veranlassten Aufwendungen für den ideellen Bereich getätigt wurden.

Steuerabzug nach § 50a EStG

Roever Broenner Susat Mazars konnte dieses Jahr erstmals einen Workshop zum Thema „Quellensteuer nach § 50a EStG“ anbieten. Adressaten waren primär öffentlich-rechtliche und Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, weil hier in Betriebsprüfungen verstärkt Schwerpunkte gesetzt wurden. Da dieser Prüfungsschwerpunkt unseres Wissens nunmehr allgemein gilt, stellen wir den Themenkomplex sowie die damit verbundene verwaltungstechnische Problematik kurz dar:

§ 50a Abs. 1 EStG gilt unbeschränkt für alle Vergütungsschuldner mit Sitz im Inland, die Vergütungen an im Ausland ansässige Personen für

  • im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen,
  • die inländische Verwertung von Darbietungen,
  • die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten,
  • die Mitgliedschaft in einem Aufsichts- oder Verwaltungsrat für die Überwachung der Geschäftsführung

zahlen.

Besondere Probleme ergeben sich vor allem im Hinblick auf die Nutzungsüberlassung von Rechten nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 AO, da diesbezüglich häufig die Anwendbarkeit der Norm übersehen wird. Erfasst wird neben der Nutzungsüberlassung geschützter Rechte wie Urheberrechte und Patentrechte auch die Überlassung von Know-how. Häufigster Anwendungsbereich für gemeinnützige sowie öffentlich-rechtliche Körperschaften dürften Lizenzzahlungen für die Nutzung von Wissensdatenbanken oder Software sein. Zu beachten ist, dass der Steuerabzug nur für Individualsoftware, nicht aber für Standardsoftware vorzunehmen ist. Hier ergeben sich oftmals schwierige Abgrenzungsprobleme.

Der Anwendungsbereich des Quellensteuerabzugs nach § 50a Abs. 1 EStG ist demnach durchaus vielseitig. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht die Möglichkeit der Steuerentlastung oder die Teilnahme am Kontrollmeldeverfahren.

Das Steuerrisiko aus der gesetzlichen Steuerabzugsverpflichtung des Vergütungsschuldners nach § 50a Abs. 1 EStG sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Denn bei nicht erfolgter Anmeldung wird der Anlauf der Verjährung gehemmt, sodass z.B. die Verjährung für in 2008 gezahlte Vergütungen erst mit Ablauf des Jahres 2015 eintritt.

Steuerfreiheit von Forschungs-, Ausbildungsund Fortbildungsstipendien

Hintergrund

Forschungsstipendien für wissenschaftliche Mitarbeiter sowie Aus- und Fortbildungsstipendien, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, sind grundsätzlich steuerfrei nach § 3 Nr. 44 EStG zu behandeln. Hierzu bedarf es allerdings zweier Grundvoraussetzungen:

  • Das Stipendium darf den für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bereitstellung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen (§ 3 Nr. 44 S. 3 lt. a EStG).
  • Zudem darf der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet sein (§ 3 Nr. 44 S. 3 lt. b EStG).

Dem Gesetz selbst sind weitere Merkmale für eine Begrenzung des für den Lebensunterhalt erforderlichen Betrags nicht zu entnehmen. Der BFH hatte diesbezüglich in seinem Urteil vom 15.09.2010 (X R 33/08) Stellung genommen und bei Stipendien von 35.000 Dollar die Erforderlichkeit für den Lebensunterhalt bejaht. Die Finanzverwaltung orientiert sich dagegen mehr an dem BAföGHöchstsatz (643 Euro) und dem Grundfreibetrag (7.834 Euro).

Sachverhalt

Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin einer Universität erhielt für die Jahre 2009 und 2010 ein Forschungsstipendium. Die Zahlungen betrugen im Streitjahr 2009 insgesamt 9.049 Euro. Das Finanzamt erfasste die Einnahmen aus dem Stipendium als sonstige Einkünfte und besteuerte sie nach Abzug der Werbungskosten. Die Klage wurde vom Finanzgericht Hamburg (Urteil v. 05.09.2012, 6 K 39/12) mit der Begründung abgewiesen, dass die gewährten Leistungen den BAföG-Höchstsatz, den Grundfreibetrag sowie die Einkommensgrenze für ein Kind beim Kindergeld (7.680 Euro) überschreiten und daher über das hinausgehen, was zur Erfüllung des Forschungsauftrags oder zum Bestreiten des Lebensunterhalts erforderlich gewesen wäre. Zudem sei das frühere Gehalt fast vollständig ersetzt worden.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat mit seinem Urteil vom 24.02.2015 (VIII R 43/12, veröffentlicht am 24.06.2015) der Revision der wissenschaftlichen Mitarbeiterin gegen das Urteil des FG Hamburg stattgegeben.

So umfasst der Begriff Lebensbedarf die Gesamtheit aller Mittel, die benötigt werden, um ein menschenwürdiges Leben in einem sozialen Umfeld zu sichern. Er umfasst Wohnung, Verpflegung, Kleidung, Ausbildung, Gesundheit, angemessene Freizeitgestaltung sowie andere notwendigen Ausgaben.

Im Gegensatz zum FG Hamburg orientiert sich der BFH im Hinblick auf eine Begrenzung des für den Lebensbedarf erforderlichen Betrags nicht an dem BAföG-Höchstsatz und dem Grundfreibetrag, sondern an einem Gesamtbild verschiedener Faktoren. Hierzu gehören das Alter des Stipendiaten, die akademische Vorbildung, die nach der Verkehrsauffassung erforderlichen typischen Lebenshaltungskosten, die konkrete soziale Situation sowie die vor der Inanspruchnahme des Stipendiums erhaltenen Bezüge als gewichtiges Indiz.

So sind Stipendien für an einer Hochschule beschäftigte Wissenschaftler zu Forschungs-, Ausbildungs- bzw. Weiterbildungszwecken oder zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts nach § 3 Nr. 44 EStG grundsätzlich steuerfrei, wenn sie die zuvor aus einem Beschäftigungsverhältnis bezogenen Einnahmen nicht übersteigen, nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden und der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist.

Empfehlung für die Praxis

Betroffene Institutionen wie u.a. staatliche Hochschulen sollten im Anschluss an die Stipendienvergabe mit den betreffenden Stipendiaten die Frage über die Berechnung der Höhe des Stipendiums erörtern und in diesem Zusammenhang die zuvor erzielten steuerpflichtigen Einkünfte des Begünstigten als Höchstbetrag für die jährlichen Zahlungen festlegen. Lohnsteuer wäre dementsprechend nicht zu entrichten.