IASB verschiebt den Erstanwendungszeitpunkt von IFRS 15 und veröffentlicht weitere Klarstellungen zu diesem Standard

Am 19. Mai 2015 hat der IASB mit ED/2015/2 die Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts von IFRS 15 Erlöse aus Verträgen mit Kunden um ein Jahr, d. h. auf den 1. Januar 2018, vorgeschlagen. Am 11. September 2015 wurde die Verschiebung mit Veröffentlichung der Publikation Effective Date of IFRS 15 seitens des IASB bestätigt. Die Möglichkeit der vorzeitigen Anwendung von IFRS 15 besteht weiterhin. Jedoch betrifft dies noch nicht die Unternehmen in Deutschland, die gemäß § 315a HGB ihre Konzernabschlüsse nach den IFRS aufstellen, da IFRS 15 in seiner bisherigen Fassung noch nicht von der Europäischen Union übernommen wurde.

Am 30. Juli 2015 hat der IASB darüber hinaus weitere Klarstellungen an IFRS 15 zur Diskussion gestellt (ED/2015/6 Clarifications to IFRS 15). Die Änderungen an IFRS 15 sind das Ergebnis der Facharbeit der Transition Ressource Group for Revenue Recognition (TRG), einem gemeinsamen Beratungsgremium von IASB und FASB, das sich mit der Umsetzung von IFRS 15 befasst. Mit diesem Änderungsentwurf schlägt der IASB die Klarstellung an den folgenden Themenbereichen von IFRS 15 vor:

Identifizierung von Leistungsverpflichtungen: Gemäß IFRS 15.22 identifiziert ein Unternehmen seine Leistungsverpflichtungen auf Basis eigenständig abgrenzbarer zugesagter Waren oder Dienstleistungen. Zur Erläuterung der eigenständigen Abgrenzbarkeit hat der IASB in den Illustrative Examples zu IFRS 15 die Beispiele 10 und 11 um weitere Fälle ergänzt. Die neu eingefügten bzw. ergänzten Beispiele betreffen

  • wesentliche Integrationsleistungen bei mehreren Komponenten 
    (z. B. die Lieferung eines hoch spezialisierten und komplexen Produkts),
  • eigenständig abgrenzbare Zusagen bei Integrationsleistungen (z. B. bei der Veräußerung von Softwarelizenz, -installation, -update und technischem Support),
  • vertragliche Einschränkungen (z. B. führt der Erwerb von IT-Equipment und die Verpflichtung des Kunden zur Abnahme der damit verbundenen Installation durch den Auftragnehmer nicht zu einer Zusammenfassung der Leistungen),
  • Verbrauchsgüter (z. B. stellt die Zurverfügungstellung von Verbrauchsgütern und zugehörigen Geräten bspw. Drucker und spezialisierte Kartuschen zur Verwendung der Verbrauchsgüter eine separate Leistungsverpflichtung dar, sofern die Verbrauchsgüter auch separat veräußert werden können).

Prinzipal-Agenten-Beziehungen: Ist bei einer Lieferung von Waren bzw. der Erbringung von Dienstleistungen eine dritte Partei beteiligt, hat ein Unternehmen zu prüfen, ob es bei diesem Geschäftsvorfall als Prinzipal, d. h. Auftraggeber, oder als Agent, d. h. Vermittler, handelt. Beherrscht ein Unternehmen die Güter oder Dienstleistungen vor deren Übertragung an den Kunden, ist es als Prinzipal tätig. Um die Beurteilung der Beherrschung klarzustellen, schlägt der IASB vor, die in den Anwendungsleitlinien genannten Beispiele zu ändern und zwei neue Beispiele hinzuzufügen (IFRS 15.B34 bis IFRS 15.B38). Nach dem neu hinzugefügten IFRS 15.B35A kommt es im Fall der Beteiligung von Dritten bei der Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen für eine Einstufung als Prinzipal darauf an, dass das Unternehmen

  • das Gut vor Übertragung an den Kunden kontrolliert,
  • das Recht darauf kontrolliert, dass ein Dritter eine Dienstleistung ausführt, wodurch das Unternehmen die Möglichkeit bekommt, den Dritten bei der Erfüllung der Dienstleistung für den Kunden zu leiten, oder
  • das Gut oder die Dienstleistung des Dritten zusammen mit eigenen Gütern oder Dienstleistungen des Unternehmens kombiniert und die eigenen Unternehmensleistungen wesentlich sind.

Bei einem Vertrag mit mehreren unterscheidbaren Gütern oder Dienstleistungen kann ein Unternehmen für einige Güter Prinzipal und für andere wiederum Agent sein.

Lizenzierung: Für die Umsatzrealisierung von Lizenzerträgen ist die Art der Lizenz entscheidend. Nach IFRS 15.B56 wird unterschieden, ob eine Lizenz das Recht auf Zugang zum geistigen Eigentum des Unternehmens einräumt, wie es über den Zeitraum der Lizenz (zeitraumbezogene Erfassung) oder wie es zum Zeitpunkt der Vergabe der Lizenz (zeitpunktbezogene Erfassung) besteht. Nach IFRS 15.B58 ist Voraussetzung für die zeitraumbezogene Realisierung, dass das Unternehmen entweder verpflichtet ist oder der Kunde erwarten kann, dass Aktivitäten zur wesentlichen Beeinflussung oder Veränderung des geistigen Eigentums vorgenommen werden. Diese Veränderung muss wesentlich, nicht jedoch rechtlich verpflichtend sein. Eine faktische Verpflichtung aus der Erwartungshaltung des Kunden ist ausreichend.

In seinem Änderungsentwurf stellt der IASB hinsichtlich der zeitraumbezogenen Realisierung von Lizenzerträgen nunmehr klar, wann Aktivitäten eines Unternehmens maßgebliche Auswirkungen auf das geistige Eigentum haben. Besitzt das geistige Eigentum, an dem ein Kunde Rechte hat, eine wesentliche eigenständige Funktionalität und zieht der Kunde aus dieser Funktionalität einen wesentlichen Nutzen (IFRS 15.B59A (a)), haben die Aktivitäten des Unternehmen nur dann wesentliche Auswirkungen auf das geistige Eigentum, wenn sie die Funktionalität ändern.

Eine wesentliche Auswirkung auf das geistige Eigentum ist ebenfalls dann zu unterstellen, wenn das Unternehmen durch seine Aktivitäten eine Aufrechterhaltung der Nutzenziehung ermöglicht (z. B. Markenpflege IFRS 15.B59A (b)).

Des Weiteren schlägt der IASB mit IFRS 15.B63A und IFRS 15.63B eine Erweiterung der Leitlinien zu umsatz- oder nutzungsbasierten Lizenzentgelten und der damit verbundenen Umsatzbegrenzung vor. Gemäß der Ausnahmevorschrift in IFRS 15.B63 ist der Umsatz aus umsatz- oder nutzungsbasierten Lizenzentgelten für geistiges Eigentum erst zum späteren der beiden folgenden Zeitpunkte zu erfassen:

  • tatsächlicher Verkauf (umsatzbasierte Lizenzentgelte) bzw. erfolgte Nutzung (nutzungsbasierte Lizenzentgelte) durch den Lizenznehmer
  • Erfüllung der Leistungsverpflichtung, der alle oder ein Teil der umsatz- oder nutzungsbasierten Lizenzgebühren zugeordnet wurden

Der IASB stellt klar, dass die Ausnahmevorschrift nur Anwendung findet, wenn sich die Lizenzentgelte ausschließlich (oder im Wesentlichen) auf die Nutzung geistigen Eigentums beziehen. Umsatz- und nutzungsabhängige Lizenzentgelte sollen einheitlich nach dieser Ausnahmevorschrift – sofern diese einschlägig ist – erfasst werden. Andernfalls gelten die Vorschriften für variable Vergütungen.

Erleichterungsvorschriften für den Übergang: In Bezug auf die retrospektive Anwendung von IFRS 15 schlägt der IASB Übergangserleichterungen vor. Zum einen können Unternehmen bei der Identifizierung erfüllter und nicht erfüllter Leistungsverpflichtungen in einem Vertrag, der vor der frühesten dargestellten Periode modifiziert wurde, sowie bei der Bestimmung des Transaktionspreises nachträglich bessere Erkenntnisse rückwirkend nutzen. Zum anderen können bei der vollständigen retrospektiven Anwendung von IFRS 15 Verträge unberücksichtigt bleiben, die zu Beginn der frühesten dargestellten Periode erfüllt waren.

Die dargestellten vorgeschlagenen Änderungen sollen seitens des IASB zeitgleich mit IFRS 15 eingeführt werden, d. h., sie gelten für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2018. Demgegenüber soll sich das Endorsement lediglich auf IFRS 15 in der derzeitigen Fassung (d. h. ohne die Änderungen aus ED/2015/6 Clarifications to IFRS 15) und die Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts beziehen. Das Endorsement wird im ersten Quartal 2016 erwartet.

Dies ist ein Beitrag aus unserem IFRS-Newsletter 2/2015.