Neufassung des Deutschen Public Corporate Governance-Musterkodex empfiehlt Frauenquote in der Topetage

In Deutschland sind seit dem Jahr 2005 verschiedene Public Corporate Governance Kodizes (PCGKs) etabliert. Der im Januar 2020 veröffentlichte Public Corporate Governance Musterkodex ist eine Zusammenstellung von Grundsätzen zur verantwortungsvollen Steuerung, Leitung und Überwachung von und in öffentlichen Unternehmen.

Die Bindung an den Kodex kann in den Unternehmenssatzungen festgelegt werden. Von den Empfehlungen (Soll-Regelungen), die viele Gebietskörperschaften umgesetzt haben, können die Unternehmen situationsgerecht abweichen. Sie sind dann aber verpflichtet, dies jährlich in einer sogenannten Entsprechenserklärung zu begründen und die stattdessen gewählte Lösung nachvollziehbar zu erläutern. Dieser verbindliche Mechanismus ist, insbesondere aufgrund der besonderen Verantwortung öffentlicher Unternehmen, ein zentrales und ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu anderen Konzepten.

Eine 22-köpfige Expertenkommission hat – unter Beteiligung der früheren Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) – am 15. Januar 2021 eine Neufassung des Deutschen Public Corporate Governance-Musterkodex vorgelegt, die nunmehr auch Handlungsempfehlungen für eine Frauenquote in den Gremien der Unternehmen vorsieht und unter anderem die Transparenz von Vergütungen für Geschäftsführer und Aufsichtsräte, die Ausgestaltung von Abschlussprüfungen sowie die gesellschaftliche Verantwortung öffentlicher Unternehmen behandelt. Der Musterkodex bietet zudem auch Ansätze für mehr Digitalisierung und Nachhaltigkeit in öffentlichen Unternehmen. 

Die aktualisierten Bestimmungen zur Frauenquote orientieren sich an einem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts zur Erhöhung des Frauenanteils in den Chefetagen großer Unternehmen (FüPoG II). Demnach muss in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern künftig mindestens eine Frau sitzen. Bei Unternehmen mit einer Mehrheitsbeteiligung des Bundes soll generell bereits bei mehr als zwei Mitgliedern in der Geschäftsführung mindestens eine Frau sein.

Vor dem Hintergrund des Wirecard-Skandals schlägt das Expertengremium weiter genauere Vorgaben für die Prüfung von Jahresabschlüssen öffentlicher Unternehmen vor. Die Aufsichtsgremien sollen Wirtschaftsprüfer stärker kontrollieren. Die unverbindlichen Benimmregeln sehen vor, dass sich das Aufsichtsorgan eines öffentlichen Unternehmens selbst ein Urteil darüber bilden soll, „ob den Beurteilungen des Wirtschaftsprüfungsunternehmens im Prüfungsbericht zu folgen ist“.

Praxishinweise

Die Etablierung entsprechender Kodizes ist wichtiger denn je, zum einem, um die von der Politik formulierten Ziele zu erreichen, zum anderen, um den heutigen Anforderungen an eine verantwortungsvolle Steuerung, Leitung und Überwachung gerecht zu werden und Risiken zu minimieren. Vielerorts gibt es Handlungsbedarf, vergleichbare Regelungen einzuführen bzw. die bestehenden zu überarbeiten.

Die Expertenkommission konkretisierte im Übrigen auch die nunmehr recht ausführlichen Empfehlungen für die Vergütung von Führungskräften öffentlicher Unternehmen. So soll z. B. für die Angemessenheit des Verdienstes das Vergleichsumfeld dokumentiert werden.

Wir unterstützen Sie gern bei der Einführung oder Umsetzung der Verhaltenskodizes und stehen, wenn Sie zur Beurteilung der Angemessenheit der Gestaltung der Anstellungsbedingungen von Organmitgliedern und Führungskräften externe Expertise hinzuziehen wollen, mit unserer Branchenerfahrung und unseren Kenntnissen gern zur Verfügung.