AG Berlin-Mitte: Es genügt im Rahmen der Mietpreisbremse nicht, wenn der Vermieter die zuletzt vereinbarte Vormiete mitteilt

Der Vermieter muss auch prüfen, ob die Vormiete überhaupt zulässig war.

Hintergrund

Will der Vermieter im Geltungsbereich der sog. Mietpreisbremse eine über der nach § 556d BGB zulässigen Höchstmiete (110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete) liegende Miete vereinbaren, muss er den Mieter vor Vertragsschluss über die Ausnahmetatbestände informieren, auf die er sich stützen will.

Ist beispielweise die Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete (sog. „Vormiete“), höher als die nach § 556d Abs. 1 zulässige Höchstmiete, so darf gemäß § 556e Abs. 1 BGB auch mit dem neuen Mieter eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden. Unterlässt der Vermieter diese vorvertragliche Auskunft, kann er sich gemäß § 556g Abs. 1a BGB erst zwei Jahre nach Nachholung der Auskunft auf die höhere Vormiete berufen und muss sich so lange auf die gesetzlich zulässige Höchstmiete nach § 556d Abs. 1 verweisen lassen.

Hintergrund ist, dass das Gesetz zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn (sog. „Mietpreisbremse“) anfangs eher ein „zahnloser Tiger“ als ein effektives Mittel zur Begrenzung von Mietsteigerungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt war. Das Gesetz wurde mehrmals nachgebessert und insbesondere um eine Obliegenheit des Vermieters ergänzt, dem Mieter bereits vor Abschluss des Mietvertrags bestimmte Informationen zu erteilen, damit dieser überhaupt in die Lage versetzt wird, die Zulässigkeit der Miete anhand der §§ 556d ff. BGB überprüfen zu können.

Sachverhalt

Das Amtsgericht Berlin-Mitte (Urteil vom 4. August 2022 – 21 C 269/21) hatte sich in dem vorliegenden Verfahren mit der Frage zu befassen, welche Rechtsfolgen es hat, wenn der Vermieter dem Mieter vor Vertragsschluss zwar die Höhe der zuletzt vereinbarten Vormiete zutreffend angibt, das Gericht jedoch bei eigener Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vormiete in dieser Höhe nicht zulässig war.

Die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Höchstmiete lag für die streitgegenständliche Wohnung bei gerade einmal 398,45 €. Die Parteien des neuen Mietvertrags vereinbarten eine Miete in Höhe von 822,73 €. Zur Rechtfertigung der Miethöhe teilte der Vermieter dem neuen Mieter vor Vertragsschluss zutreffend mit, dass die zuletzt vertraglich vereinbarte Miete mit dem Vormieter ebenfalls bereits 822,73 € betragen habe. Der Vermieter hatte jedoch bereits die Vor-Vormiete in Höhe von 699,00 € durch Indexierung stetig angepasst, obwohl eine Indexierung der Miete wohl nicht ausdrücklich vereinbart war.

Mit der vom Mieter verfolgten Klage machte dieser die teilweise Rückzahlung von Miete geltend. Er berief sich darauf, dass der Vermieter sich nicht auf die höhere Vormiete berufen könne. Mit Blick auf die sehr unterschiedlichen Miethöhen stand für den Vermieter nun eine signifikante Weichenstellung durch das Gericht bevor.

Inhalt der Entscheidung

Das Amtsgericht Berlin-Mitte gab der Klage statt und stellte fest, dass der Vermieter bis auf Weiteres tatsächlich nur eine Miete in Höhe von 398,45 € verlangen könne.

Nach eingehender Auslegung der Vorschrift des § 556g Abs. 1a BGB erteilt das Amtsgericht den teilweise anderslautenden Ansichten in der juristischen Literatur eine Absage und kommt zu dem Ergebnis, dass auch die wahrheitsgemäße Mitteilung einer Vormiete, die in dieser Höhe jedoch gesetzlich nicht zulässig sei, einer gar nicht erfolgten oder bewusst falschen Mitteilung zur Vormiete gleichzustellen sei. Der Begriff der „Vormiete“ sei im Gesetz definiert als die Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete. Nach Ansicht des Amtsgerichts habe der Gesetzgeber mit dem Wort „schuldete“ gerade kein „Schlupfloch“ dergestalt schaffen wollen, dass es bereits genüge, dass eine höhere Vormiete vertraglich vereinbart gewesen sei. „Geschuldet“ könne die Miete genau genommen nur in der Höhe sein, wie sie gesetzlich auch zulässig war, meint das Amtsgericht. Die Vormiete könne ihrerseits bereits mit Blick auf die Mietpreisbremse unzulässig gewesen sein. Die Gesetzeshistorie zeige, dass der Gesetzgeber beabsichtigt habe, dass der Vermieter sich bereits vor Vertragsschluss aktiv Gedanken machen solle, wenn er eine über der zulässigen Höchstmiete gemäß § 556d Abs. 1 BGB liegende Miete vereinbaren wolle. Da es sich um eine für den Vermieter günstige Vorschrift handele, solle das Risiko fehlerhafter Angaben nicht dergestalt auf den Mieter verlagert werden, dass dieser womöglich erst auf dem Klageweg einen etwaigen Schadensersatzanspruch geltend machen muss. Der Vermieter sei auch nicht unzumutbar belastet, da er nach § 556g Abs. 1a S. 3 BGB die korrekte Angabe nachholen und sich nach zwei Jahren auf die Vormiete stützen könne.

Im konkreten Fall habe sich der Vermieter nicht auf die mitgeteilte Vormiete in Höhe von 822,73 € berufen können, da diese wegen fehlerhafter Indexierung in dieser Höhe gar nicht „geschuldet“ gewesen sei. In Betracht komme laut Amtsgericht, dass sich der Vermieter auf die Vor-Vormiete stützen könne (wohl weil sie noch vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse wirksam vereinbart wurde). Da der Vermieter über die Höhe der Vor-Vormiete jedoch vor Abschluss des neuen Mietvertrags keine Auskunft erteilt habe, könne er sich hierauf allenfalls erst zwei Jahre nach Nachholung der Auskunft berufen.

Fazit und Ausblick

Die Entscheidung des Amtsgerichts ist ausgesprochen mieterfreundlich und stellt erschreckend hohe Anforderungen an Vermieter. Das Urteil, dass jeder kleinste in der Vergangenheit liegende Fehler bei der Berechnung der Miete dazu führe, dass der Vermieter sich im Rahmen späterer Mietverhältnisse nicht auf eine höhere Vormiete berufen könne, erstaunt in seiner Deutlichkeit. Dies vor allem, da es nach Sicht des Amtsgerichts keinen Unterschied zu machen scheint, ob der Vormieter die Vormiete jemals beanstandet hat oder dass ein Vermieter etwa bewusst eine unwahre Angabe zur Höhe der Vormiete macht. Es ist insofern drastisch, dass der Vermieter sich bei einer „fehlerhaften“ Angabe der Vormiete laut Amtsgericht nicht einmal auf die Vormiete in der dann richtigen bzw. zulässigen Höhe berufen können soll, sondern zumindest bis zur Nachholung der korrekten Auskunft vollständig auf die Höchstmiete (110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete) „zurückgeworfen“ wird.

Dennoch erscheint die Entscheidung mit Blick auf die in § 556g Abs. 1 S. 1 BGB angeordneten Rechtsfolgen grundsätzlich konsequent: Zum einen soll jede zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften der Mietpreisbremse abweichende Vereinbarung unwirksam sein. Zum anderen soll sich der Vermieter erst zwei Jahre nach Nachholung der Auskunft auf eine Ausnahmevorschrift berufen können. Der Vermieter soll nach dem Willen des Gesetzgebers zur Umgehung der eigentlich geltenden Höchstmiete „das Ass“ einer höheren Vormiete eben nur spielen können, wenn er sich zu dessen Validität im Vorhinein bewusst Gedanken gemacht hat. Zudem soll sich eine einmal vereinbarte, eigentlich aber unzulässige Miete nicht im Rahmen folgender Mietverhältnisse weiter „verfestigen“. Offen lässt die Entscheidung des Amtsgerichts allerdings, ob sich der Vermieter zumindest auf die „zulässige“ geschuldete Miete hätte berufen können, obwohl mit dem Vormieter eine höhere Miete vereinbart war.

Vermietern ist dringend zu raten, ihre vorvertraglichen Informationsobliegenheiten nach § 556g Abs. 1a BGB ernst zu nehmen und besser an dieser Stelle einen gewissen Mehraufwand zu betreiben als im Rahmen einer späteren Rückzahlungsklage. Wie die Entscheidung zeigt, kann selbst die zutreffende Mitteilung der zuletzt vertraglich vereinbarten Vormiete dazu führen, dass der Vermieter zumindest zwei Jahre lang einen erheblichen Teil der möglichen Miete verschenkt, wenn diese Vormiete womöglich nicht richtig berechnet war. Denn erst zwei Jahre, nachdem der Vermieter die richtige Information nachgeholt hat, kann er sich auf die höhere Vormiete berufen. Der vorliegende Fall zeigt anschaulich, welchen erheblichen finanziellen Unterschied dies für die Mieteinnahmen bedeuten kann.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts wurde Berufung eingelegt. Es bleibt abzuwarten, ob die Berufungsinstanz das Urteil aufrechterhalten und die Rechtsprechung damit festigen wird.

Im Einzelfall kann die Berechnung bspw. mit Blick auf durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen durchaus komplex sein. Gerne beraten wir Sie in Zusammenhang mit Fragen rund um die Mietpreisbremse und die Berechnung der rechtlich zulässigen Miete.

Autor

David Pamer
Tel: +49 30 208 88 1167

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 1-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.