Erlasse zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen sowie zum Vorliegen fiktiven Anlagevermögens vom 6.04.2022

Die obersten Finanzbehörden der Länder wenden mit gleichlautenden Erlassen vom 6. April 2022 die jüngere BFH-Rechtsprechung zu Fragen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen bei unterjähriger Veräußerung von hergestelltem Umlaufvermögen sowie zum Vorliegen von fiktivem Anlagevermögen an und ändern insoweit die gleichlautenden Erlasse zu Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG vom 2. Juli 2012.

Demnach unterbleibt eine Hinzurechnung von Aufwendungen, die am Bilanzstichtag als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Anlage- oder Umlaufvermögens aktiviert wurden. Losgelöst hiervon unterbleibt auch in Fällen bereits unterjährig ausgeschiedener Wirtschaftsgüter eine Hinzurechnung für solche Aufwendungen, die als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden hätte. Miet- und Pachtaufwendungen, die im Zusammenhang mit der Herstellung eines selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens stehen, sind hingegen aufgrund des Aktivierungsverbots in § 5 Abs. 2 EStG hinzuzurechnen.

Darüber hinaus übernimmt die Finanzverwaltung auch die BFH-Rechtsprechung zum Vorliegen von sog. fiktivem Anlagevermögen. Danach werden Miet- und Pachtzinsen für gemietete Wirtschaftsgüter dann für die Benutzung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gezahlt und unterliegen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG, wenn sie für den Fall, dass sie im Eigentum des Mieters oder Pächters stünden, dessen Anlagevermögen zuzurechnen wären; diese Fiktion muss sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren und richtet sich nach dem jeweiligen konkreten Geschäftsgegenstand im betreffenden Einzelfall. So sollen – vorbehaltlich der o. g. Grundsätze – beispielsweise auch die von einem Bauunternehmer für die einmalige Anmietung von Baumaschinen geleisteten Mietaufwendungen sowie Mietaufwendungen des Unternehmers für die Anmietung von Unterkünften, die unmittelbar der originären Tätigkeit zuzuordnen sind (z. B. Baumontage, Reisedienstleistungen) grds. der Hinzurechnung unterliegen. Aus Vereinfachungsgründen unterbleibt bei Verträgen über kurzfristige Hotelnutzungen oder bei kurzfristigen Pkw-Mietverträgen eine Hinzurechnung. Als Einzelfälle aus der Rechtsprechung werden jeweils die zu speziellen Branchen (Filmhersteller, Konzertveranstalter, Messedurchführungsgesellschaft und Pauschalreiseveranstalter) ergangenen BFH-Urteile angeführt: Die Grundsätze der gleichlautenden Erlasse vom 6. April 2022 sind auf alle offenen Fälle anzuwenden.

Hinweis

Beim BFH sind derzeit noch weitere Verfahren zu Fragen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Messestandskosten anhängig (u. a. unter Az. III R 35/21).

Autor:

Stephan Franzen
Tel: +49 221 28 20 2456

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 2-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnierenund erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.