BGH – Auch bei eigenmächtigem Handeln kann dem Verwalter ein Kostenerstattungsanspruch gegen die WEG zustehen

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte einen Beschluss gefasst, wonach die Firma B. mit der Erneuerung der Eingangstüren und Briefkastenanlagen beauftragt werden sollte. Die Verwalterin beauftragte indes die Firma M., da diese ein günstigeres Angebot abgegeben hatte. Firma M. führte die Arbeiten aus und die Verwalterin beglich die Kosten aus Mitteln der WEG. Die WEG verweigerte die Genehmigung des Vertrags und machte klageweise gegenüber der Verwalterin die Rückzahlung der an die Firma M. geleisteten Zahlungen geltend. Die Verwalterin erklärte die Aufrechnung mit Gegenansprüchen in gleicher Höhe, da die WEG nach Durchführung der Sanierungsmaßnahme bereichert sei.

Inhalt der Entscheidung

Der BGH (Urteil v. 10. Dezember 2021 – V ZR 32/21) bejaht zunächst den Anspruch der WEG auf Herausgabe der der Verwalterin überlassenen und nicht bestimmungsgemäß verbrauchten Gelder.

Anders als die Vorinstanzen spricht der BGH aber der Verwalterin einen Gegenanspruch zu, mit dem diese aufrechnen konnte. Dieser stehe ihr zwar nicht aus der Durchführung ihres Geschäftsbesorgungsvertrags zu. Denn hierbei müsse die Verwalterin – wie jeder im fremden Interesse handelnde Geschäftsbesorger – die Beschlüsse der Wohnungseigentümer gemäß dem ihr bekannten Willen und dem Interesse der Wohnungseigentümer durchführen. Hiergegen habe sie verstoßen.

Einem Verwalter könne dennoch ein Erstattungsanspruch aus den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag oder des Bereicherungsrechts zustehen. Damit räumt der BGH ein etwaiges Missverständnis seiner früheren Rechtsprechung aus: Mit Urteil vom 14. Juni 2019 – V ZR 254/17 hatte der BGH festgestellt, dass § 21 Abs. 4 WEG a. F. eine Spezialvorschrift darstelle, die derartige allgemeine Erstattungsansprüche verdränge. Denn nach § 21 Abs. 4 WEG a. F. sei der einzelne Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht berechtigt, eigenmächtig Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchzuführen.

Nunmehr stellt der BGH klar, dass seine Rechtsprechung aufgrund ihrer unterschiedlichen Pflichtenstellung und Kompetenz nicht übertragungsfähig sei. Dem Verwalter komme – anders als dem einzelnen Wohnungseigentümer – aufgrund seiner Organstellung schon dem Grunde nach eine Handlungsund Entscheidungskompetenz für die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zu. Im Gesetz sei für weniger bedeutsame Maßnahmen eine eigene Entscheidungskompetenz des Verwalters angelegt, welche die Wohnungseigentümer sogar noch ausweiten können.

Laut BGH sei sichergestellt, dass die WEG keinen Ersatz für Maßnahmen leisten müsse, die für sie ohne Wert sei. Denn dem Verwalter stehe ein Aufwendungsersatzanspruch nur nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung – also nur in der Höhe zu, in der die WEG Aufwendungen erspart habe. In einem solchen Fall widerspräche es schlicht Treu und Glauben, wenn die Wohnungseigentümer das Erlangte unentgeltlich behalten und nutzen könnten. Die sich aus der Beauftragung eines anderen Unternehmens ggfs. ergebenden wirtschaftlichen Nachteile ließen sich durch einen Abschlag vom Erstattungsanspruch des Verwalters berücksichtigen, der bis zu 20 % betragen könne.

Fazit und Ausblick

Der BGH klärt mit der genannten Entscheidung die in Rechtsprechung und juristischer Literatur umstrittene Frage, ob § 21 Abs. 4 WEG a. F. auch in Bezug auf Erstattungsansprüche des Verwalters Sperrwirkung entfaltet. Die Entscheidung stützt sich aufgrund des zurückliegenden Sachverhalts zwar noch auf die bis zum 30. November 2020 geltende Fassung des WEG-Rechts. Sie dürfte aber auch für die Zukunft gelten. Denn der Inhalt von nach § 21 Abs. 4 WEG a. F. findet sich weitgehend deckungsgleich in § 18 Abs. 1 WEG n. F. wieder.

Festzuhalten ist demnach, dass Erstattungsansprüche eines eigenmächtig handelnden Verwalters gegen die WEG nicht per se ausgeschlossen sind. Eine WEG sollte sich daher nicht darauf verlassen, dass nur aus einem nachträglich genehmigten Handeln des Verwalters eine Erstattungspflicht folgen kann. Hat die WEG durch die Maßnahmen Aufwendungen erspart, kann sie trotzdem erstattungspflichtig sein. Das Verhalten des Verwalters sollte daher in entsprechendem Maß beaufsichtigt werden.

Autor:

David Pamer
Tel: +49 30 208 88 1167

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 2-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnierenund erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.