Homeoffice-Anspruch in Portugal

Portugal entwickelt sich zum arbeitsrechtlichen Arbeitnehmer-Musterland: Recht auf Homeoffice und Recht auf ungestörte Ruhezeiten nun im „Codigo de Trabalho“ (Arbeitsgesetzbuch) verankert

Portugal meistert nicht nur die Coronakrise (inzwischen) vorbildlich, was eine Impfquote der Bevölkerung von ca. 88 % ebenso wie die niedrigen Inzidenzen belegen. Auch gehört es zu einem der am besten digitalisierten Länder Europas, was während der Coronakrise eine Kontaktvermeidung durch die Erbringung der Arbeitsleistungen aus dem Homeoffice ermöglichte. Und erst im Sommer 2021 hatte die Europäische Kommission 16,6 Mrd. € für Portugals Aufbau- und Resilienzplan bewiligt. Darin wird u. a. der digitale Wandel (weiter) vorangetrieben, sodass Portugal gestärkt, widerstands- und zukunftsfähiger aus der COVID-19-Krise hervorgehen kann.

Nun wurden in Portugal ein Recht auf Homeoffice und ein Recht auf ungestörte Ruhezeiten im Arbeitsrecht verankert:

Ab einer Mitarbeiterzahl von mehr als zehn Arbeitnehmern haben nun alle Arbeitnehmer mit Kindern bis zu acht Jahren einen Anspruch, von zu Hause aus zu arbeitenn, ohne mit dem Arbeitgeber eine vertragliche Vereinbarung finden zu müssen. Denn: Der Arbeitgeber darf die Arbeit von zu Hause nur dann ablehnen, wenn die Arbeitsleistung aus dem Homeoffice technisch und organisatorisch unmöglich ist. Die anfallenden Kosten für die Anschaffung der erforderlichen Arbeitsmittel (PC, Drucker, Telefon etc.) muss der Arbeitgeber ebenso tragen wie die Extrakosten für Internet und Strom.

Teil der Gesetzesreform ist zudem ein ausdrückliches Verbot für Arbeitgeber, ihre Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeiten etwa mit Telefonanrufen, E-Mails etc. zu kontaktieren: Der Gesetzgeber betont dabei, dass den Arbeitgeber – außer in Fällen von höherer Gewalt – eine umfassende Pflicht zum Unterlassen jedweder Kontaktaufnahme trifft, damit die Arbeitnehmer die gesetzlichen Ruhepausen auch tatsächlich in Ruhe verbringen und tatsächlich abschalten können. Bei Verstößen gegen diese Pflicht drohen empfindliche Geldstrafen.

Ziel dieser Reformen ist nicht nur der Schutz der Arbeitnehmer: Die neuen Regeln sollen Portugal für die in den letzten Jahren verstärkt nach Portugal geströmten sog. „digital nomads“ attraktiver machen und zudem die bestehenden Steuererleichterungen ergänzen, um Tech-Unternehmer und andere potenzielle Investoren anzuziehen.

Diese Gesetzesänderung wird eine der letzten Änderungen darstellen, die die portugiesische Linksregierung zu verantworten hat, denn bereits im Januar 2022 finden in Portugal Neuwahlen statt.

Nachdem in Deutschland bisher noch kein dauerhaftes Recht auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz besteht, hat die amtierende Regierung nun erneut Verschärfungen am Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz vorgenommen. Ob langfristig und auch außerhalb der Pandemie ein Recht auf Homeoffice im deutschen Arbeitsrecht verankert werden wird, bleibt abzuwarten.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Newsletter „Menschen im Unternehmen“ 2-2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.