Fremdvergleich bei gruppeninternen Darlehen auf der Kippe?

Die Regierung plant eine weitere Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Zinsen aus der gruppeninternen Darlehensvergabe. In Rahmen des Wachstumschancengesetzes soll ein neuer § 4 l EStG eingeführt werden, der den Zinsabzug der Höhe nach einschränkt. In der Entwurfsfassung des Bundeskabinetts ist die Anwendung eines an den Basiszins geknüpften Höchstwertes vorgesehen. Der Zinsabzug von konzernangehörigen Unternehmen ist bereits durch die Regelungen des § 4h EStG beschränkt. Im Zuge der Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD) ins nationale Recht soll auch die Zinsschranke weiter angepasst werden.

Hintergrund

Am 13. Oktober 2023 fand die erste Lesung des Regierungsentwurfes des Wachstumschancengesetzes im Bundestag statt. Die Vorlage umfasst diverse Neuerungen, die 22 unterschiedliche Gesetze und Verordnungen betreffen. Unter anderem soll der Zinsabzug aus der gruppeninternen Darlehensvergabe durch die Einführung einer Zinshöhenschranke reformiert werden. Der Zinsabzug soll damit auf einen Wert von 2 % über dem Basiszins nach § 247 BGB beschränkt werden, d. h. auf derzeit 3,62 %. Als Gegennachweis soll nach Vorstellung des Gesetzgebers auf den (höheren) Refinanzierungszins der obersten Muttergesellschaft Bezug genommen werden dürfen. Die Möglichkeit des Substanznachweises (§ 8 Abs. 2 Satz 2, 3 und 5 AStG) soll weiterhin erhalten bleiben. Vorgegebenes Ziel ist es, Steuerfairness und Steuervereinfachung gleichzeitig zu realisieren – zwei Absichten, die im deutschen Rechtssystem erfahrungsgemäß eher auseinanderfallen. Der Entwurf ging in die Anhörung vor dem Finanzausschuss, die am 6. November 2023 stattfand.

Kritik an geplanter Einführung Zinshöhenschranke

Der Regierungsentwurf wurde in großen Teilen positiv aufgenommen. Der Einführung der Zinshöhenschranke stehen die Wirtschaftsverbände jedoch kritisch gegenüber. Nach Ansicht der Bundessteuerberaterkammer sei eine derartige Regelung mit dem Titel des Wachstumschancengesetzes nicht zu vereinbaren.

Die Umsetzung der ATAD-Regelungen in nationales Recht ist durchaus zu begrüßen. Die geplante Neuerung geht jedoch weit über die Anforderungen der Directive hinaus und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Wirtschaftsstandort.

Bedeutung für die Praxis

Trotz des momentan noch unklaren Umfangs der Neuerung kann davon ausgegangen werden, dass mindestens die Vorgaben der ATAD über kurz oder lang umgesetzt werden. Hohe Bedeutung für die Praxis hat die Erweiterung des Zinsbegriffs um „wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und Erträge und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital i. S.  d. Art. 2 Abs. 1 der ATAD“. Die ebenfalls von der ATAD geforderte Abschaffung der Stand-alone-Klausel des § 4h EStG wurde dagegen aus dem Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes vorerst gestrichen. Die Umwandlung der Freigrenze von 3 Mio. € in einen Freibetrag erfolgt nach jetziger Kenntnis nicht. Fraglich bleibt, ob die Antifragmentierungsregelung eingeführt wird, nach der gleichartige Betriebe für die Anwendung des Freibetrages zusammengefasst werden. Damit soll die Streuung der Fremdkapitalbelastung und Ausnutzung der Freigrenze vermieden werden.

Es bleibt abzuwarten, im welchem Umfang die Änderungen Eingang in die finale Fassung finden. Besonders brisant wird das Thema dadurch, dass kein „grandfathering“ vorgesehen ist, d.  h., die neuen Regeln sollen ab 2024 rückwirkend auch auf bestehende Finanzierungen anzuwenden sein.

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Autorin

Nadja Horn
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.