Erbschaftsteuerliche Befreiung für das Familienheim auch bei Erwerb von Gesamthandseigentum möglich

In einer sehr erfreulichen Entscheidung bestätigt das FG München mit seinem Urteil vom 21. Juni 2023 (4 K 1639/21) die Anwendbarkeit der erbschaftsteuerlichen Befreiung für Familienheime, auch wenn sich der Grundbesitz im zivilrechtlichen Gesamthandseigentum einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts befindet.

Sachverhalt

Nachdem die Ehefrau des Klägers zunächst sämtliche Miteigentumsanteile an zwei Grundstücken erwarb, wurden die Grundstücke rechtlich unter Beibehaltung getrennter Flurstücknummern vereinigt. Auf einem der Grundstücke befand sich das gemeinsam zu Wohnzwecken genutzte Wohnhaus der Eheleute. Die Ehefrau brachte das vereinigte Grundstück unentgeltlich in eine zuvor gegründete GbR ein, an der sie mit ihrem Ehemann zu jeweils 50 % beteiligt war. Die durch die Einbringung in die GbR bewirkte sachenrechtliche Berechtigung des Ehegattens wurde ausdrücklich als unentgeltliche ehebedingte Zuwendung an den Ehemann bezeichnet. Die in der Schenkungsteuererklärung geltend gemachte Steuerbefreiung für das Familienheim versagte das Finanzamt, da vorliegend gerade kein Eigentum an dem Familienheim übertragen wurde. In seiner aktuellen Entscheidung gab das FG München der Klage jedoch statt. Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil Revision eingelegt (Az. BFH II R 18/23).

Hintergrund

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG sind lebzeitige Zuwendungen, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum oder Miteigentum an einem im Inland oder in einem EU/EWR-Staat belegenen bebauten Grundstück verschafft, steuerbefreit, soweit darin eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (sog. Familienheim). Zwischen den Beteiligten war streitig, ob auch bei Übertragung von Gesamthandseigentum die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung für das Familienheim erfüllt sein können.  

Dies hat das FG München bejaht. Der anerkennende Senat führt in seiner Entscheidung aus, dass aus schenkungsteuerlicher Sicht durch Einbringung der Immobilie in das Gesellschaftsvermögen nicht die GbR als Erwerberin anzusehen sei. Vielmehr sei der Ehemann als Gesellschafter bzw. Gesamthänder als vermögensmäßig bereichert anzusehen, da die GbR für schenkungsteuerliche Zwecke transparent sei. Dabei genügt die Übertragung von Gesamthandseigentum dem Begriff des „Eigentums“ i. S. v. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG, sodass die weitreichende Steuerbefreiung zu gewähren ist.

Bedeutung für die Praxis

Insbesondere aufgrund hoher Grundbesitzwerte ist die Steuerbefreiung für das Familienheim sehr praxisrelevant. Mit der vorliegenden Entscheidung tritt das FG München der bisher in der Gestaltungsberatung bestehenden Rechtsunsicherheit erfreulicherweise entgegen und bejaht die Steuerbefreiung für das Familienheim, auch wenn sich der Grundbesitz zivilrechtlich in einer GbR befindet. Es bleibt zu hoffen, dass sich der BFH, der tendenziell in der jüngsten Vergangenheit eine sehr restriktive Auslegung zum Familienheim vertritt, das Urteil bestätigen wird. Auch nach Wegfall des Gesamthandsprinzips durch das MoPeG sollten die vorgenannten Grundsätze durch Einführung des neuen § 2a ErbStG n. F. im Rahmen des Wachstumschancengesetzes anwendbar sein.

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Autor

Sven-Oliver Stoklassa
Tel.: +49 30 208 88 1296

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.