BFH zur finanziellen Eingliederung einer Organgesellschaft bei Umwandlung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11. Juli 2023 (I R 36/20) seine Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung einer Organgesellschaft bei Verschmelzung von Kapitalgesellschaften fortgeführt.

Hintergrund

Nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG muss für eine ertragsteuerliche Organschaft dem Organträger vom Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft an ununterbrochen die Stimmrechtsmehrheit an der Organgesellschaft zustehen (sog. finanzielle Eingliederung).

Sachverhalt

Im Jahr 2014 gründete die A-GmbH („A“) u. a. die B-GmbH („B“), an der sie zu 100 Prozent beteiligt war. B hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. September bis 31. August. A und B schlossen 2015 einen Ergebnisabführungsvertrag rückwirkend auf den Beginn des Geschäftsjahres von B (1. September 2014). Noch im selben Jahr wurde A auf die Klägerin mit Verschmelzungsstichtag zum 1. Januar 2015 verschmolzen. In den Steuererklärungen ging B für 2015 vom Bestehen einer Organschaft aus. Das Finanzamt erkannte die Organschaft nicht an, da die erforderliche finanzielle Eingliederung zu Beginn des Wirtschaftsjahres gegeben sein und dann ohne Unterbrechung fortbestehen müsse. Hieran fehle es, weil die Organgesellschaft B ein abweichendes Wirtschaftsjahr gehabt habe. Die Klägerin machte im Klageverfahren geltend, dass ihr die Besitzzeiten von A aufgrund der Verschmelzung zuzurechnen seien. Das FG Hamburg hingegen nahm das Bestehen einer Organschaft an. Gegen die Entscheidung legte das Finanzamt Revision ein.

BFH bejaht das Vorliegen einer finanziellen Eingliederung

Der BFH bestätigte in Fortentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung die erstinstanzliche Entscheidung und bejahte die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung:

Im Fall der Verschmelzung von zwei Kapitalgesellschaften trete der übernehmende Rechtsträger hinsichtlich des Merkmals der finanziellen Eingliederung auch dann nach § 12 Abs. 3 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers ein, wenn der steuerliche Übertragungsstichtag nicht auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zurückbezogen wird. Dies gelte auch für das Merkmal der Zuordnung der Beteiligung an der Organgesellschaft zu einer inländischen Betriebsstätte des Organträgers (sog. Fußstapfentheorie).

Praxishinweis

Zeitgleich hat der BFH in weiteren Urteilen zur Fortführung der finanziellen Eingliederung bei Verschmelzung auf eine Personengesellschaft sowie bei Einbringung der Anteile an der Organgesellschaft im Rahmen eines qualifizierten Anteilstausches die Anwendung der Fußstapfentheorie bestätigt. Daher besteht insoweit Rechtssicherheit mit Blick auf steuerliche Organschaftsstrukturen bei Umwandlungsvorgängen.

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Autorin

Tugce Yigit
Tel.: +49 221 28 20 2489

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