Steuerliche Erleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungen geplant

Die Eigenkapitalfinanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland weist erhebliches Entwicklungspotenzial auf. Dies gilt insbesondere für Start-ups in der Phase ihrer Wachstumsfinanzierung. Gleichzeitig verschärft sich in vielen Branchen der Fachkräftemangel. Dies hat auch die Bundesregierung erkannt und will dem nun mit einem Bündel aus verschiedenen Maßnahmen begegnen. So sollen u.a. die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterbeteiligung in Unternehmen und für die Kapitalanlage in Aktien verbessert werden. Entsprechende Ankündigungen finden sich sowohl in der Start-up-Strategie der Bundesregierung vom 27. Juli 2022 als auch in den Eckpunkten für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz vom 29.Juni 2022.

Hintergrund

Die Mitarbeiterbeteiligung ist bei vielen Unternehmen in Deutschland ein beliebtes Instrument, um einerseits Mitarbeiter*innen langfristig zu binden und neu zu gewinnen und andererseits trotz begrenzter Kapital- und Liquiditätsressourcen konkurrenzfähige Vergütungen zu bieten. Für Arbeitnehmer*innen sind Mitarbeiterbeteiligungen reizvoll, da sie dadurch am unternehmerischen Erfolg ihres Arbeitgebers beteiligt und für ihren Beitrag hierzu belohnt werden. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatte der Gesetzgeber mit dem sogenannten Fondsstandortgesetz die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterbeteiligung verbessert. Dennoch halten viele Expert*innen weitere Erleichterungen und Flexibilisierungen in diesem Bereich für erforderlich. Steuerrechtlicher Änderungsbedarf besteht auch bei der Besteuerung von Aktienanlagen in Deutschland, wenn mehr privates Kapital für die Unternehmensfinanzierung mobilisiert werden soll. So hatte der Gesetzgeber in der Vergangenheit die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus Aktiengeschäften auf eine Verrechnung mit Gewinnen aus Aktiengeschäften und auf einen jährlichen Höchstbetrag von 20.000 € beschränkt. Diese steuerliche Hürde hat vielfach verhindert, dass privates Kapital am Aktienmarkt investiert wurde.

Geplante Maßnahmen im Einzelnen

Mitarbeiterbeteiligungen können so ausgestaltet werden, dass die Mitarbeiter*innen in den Gesellschafterkreis ihres Arbeitgeberunternehmens aufgenommen werden (direkte Beteiligung). Mitarbeiterbeteiligungen können sich aber auch auf eine Beteiligung am Unternehmenserfolg beschränken (z. B. in Form sogenannter virtueller Beteiligungen). Da die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für eine Beteiligung der Mitarbeiter*innen als Gesellschafter in Deutschland im Vergleich zu anderen Industriestaaten (z. B. Großbritannien) recht unflexibel und vielfach noch nicht wirklich attraktiv sind, weichen viele Unternehmen auf andere Modelle wie virtuelle Beteiligungen aus. Nun will die Bundesregierung bei der steuerlichen Förderung direkter Mitarbeiterbeteiligungen nachlegen und kündigt dazu in den Eckpunkten für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz folgende Maßnahmen an:

  • Erhöhung des Freibetrages nach § 3 Nr. 39 EStG für die vergünstigte Überlassung von Gesellschaftsbeteiligungen an Mitarbeiter*innen von derzeit 1.440 € auf 5.000 € pro Jahr.
  • Verlängerung des Aufschubs bei Besteuerung des Vorteils aus einer unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung einer Kapitalbeteiligung nach § 19a EStG, um einen Steuerzugriff zeitlich vor Veräußerung der Vermögensbeteiligung möglichst zu verhindern.
  • Verbesserung der Arbeitnehmersparzulage bei der Anlage vermögenswirksamer Leistungen in Gesellschaftsbeteiligungen (derzeitiger Höchstbetrag für die staatliche Förderung: 20 % von 400 € pro Jahr).

Mitarbeiter*innen von Aktiengesellschaften, die an Beteiligungsprogrammen ihrer Arbeitgeber teilnehmen, könnten zusätzlich profitieren. Denn die Bundesregierung hat angekündigt, den Freibetrag für Gewinne aus dem Verkauf von Aktien und Aktienfondsanteilen des Privatvermögens zu erhöhen. Außerdem sollen die Verrechnungsbeschränkungen für Verluste aus privaten Aktiengeschäften und aus Forderungsausfällen im Privatvermögen beseitigt werden, sodass diese Verluste auch mit Gewinnen aus anderen Einkunftsquellen verrechnet werden können. Diese Maßnahmen sollen den Vermögensaufbau durch langfristige Aktienanlagen stärken, aber auch Unternehmen die Eigenkapitalbeschaffung erleichtern. Nicht zuletzt dürfte dies aber auch dazu dienen, dem Urteil des BVerfG zu den aktuell geltenden Vorschriften zuvorzukommen. Der Bundesfinanzhof hat die Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkungen für Verluste aus Aktienverkäufen angezweifelt und die entsprechenden Vorschriften mit Beschluss vom 17. November 2020 dem BVerfG zur Prüfung vorgelegt.

Bedeutung für die Praxis

Die Umsetzung der angekündigten Maßnahmen könnte dem deutschen Aktienmarkt Auftrieb geben und damit auch die Eigenkapitalfinanzierung der Unternehmen verbessern. Obwohl die konkrete Ausgestaltung der Maßnahmen noch nicht feststeht, ist die Initiative daher zu begrüßen. Ob auch bei der Mitarbeiterbeteiligung ein nennenswerter Schub ausgelöst wird, bleibt abzuwarten. Denn verschiedene Praxisprobleme, wie die Bewertung des Arbeitnehmervorteils aus einer vergünstigten Beteiligungsübertragung oder die Notwendigkeit zur notariellen Beurkundung bei der Übertragung von GmbH-Beteiligungen, werden durch die aktuelle Initiative nicht adressiert. Auch werden steuerliche Hürden bei der Bereitstellung von Gesellschaftsbeteiligungen für eine Mitarbeiterbeteiligung nicht in den Blick genommen.

Konkrete Termine für das anstehende Gesetzgebungsverfahren zum Zukunftsfinanzierungsgesetz stehen noch nicht fest. Das Gesetz soll aber noch in der ersten Hälfte der laufenden Legislaturperiode in Kraft treten.

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Autor

Thomas Kriesel
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.