„Home-Office“ im Ausland

Während der Corona-Pandemie sind „Home-Office“ und „Remote Working“ zur neuen Normalität geworden.

Auch in Zukunft wird mobiles Arbeiten wesentlicher Bestandteil flexibler Arbeitsmodelle sein. Einerseits profitieren Arbeitgeber (Kostenersparnis aufgrund verringerter Büroflächen oder reduzierter Dienstreisen, Mitarbeitergewinnung und -bindung). Andererseits werden sie sich den Wünschen ihrer Mitarbeiter nach mehr Flexibilität, Zeitersparnis, Familienfreundlichkeit und Lebensqualität durch mobiles Arbeiten in Zeiten des Fachkräftemangels auch nicht entziehen können.

Steuerliche und rechtliche Risiken

Doch das, was in Pandemiezeiten alternativlos und selbstverständlich geworden ist, kann in Zukunft zu steuerlichen und rechtlichen Risiken führen, insbesondere bei grenzüberschreitendem Arbeiten. Denn der Ort, an dem die Arbeit physisch ausgeübt wird, hat erhebliche steuerliche und rechtliche Relevanz. Sowohl für die Besteuerung als auch für die Sozialversicherung gilt vorrangig das sog. Tätigkeitsortprinzip. Doch nicht immer erfährt der Arbeitgeber überhaupt zeitnah davon, wenn ein Mitarbeiter sein „Home-Office“ ins Ausland verlegt hat.

Arbeitet ein Mitarbeiter im Ausland, kann er unter Umständen eine steuerliche Betriebsstätte des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat begründen. Das wirkt sich unmittelbar auf die Unternehmensbesteuerung des Arbeitgebers aus und bedeutet für ihn steuerliche Pflichten im Ausland. Ihn können auch Arbeitgeberpflichten im Tätigkeitsstaat treffen (z. B. Melde-, Deklarations- und Lohnsteuerabzugspflichten). Für den Mitarbeiter selbst kann sich das Risiko einer Doppelbesteuerung oder der Nichtabziehbarkeit von Erwerbsaufwendungen realisieren. Es ist auch nicht auszuschließen, dass ihm steuerliche Vorteile oder Subventionen verloren gehen.

Darüber hinaus kann vor Ort eine Sozialversicherungspflicht bestehen bzw. es kann zu Versicherungslücken (bspw. in der Unfallversicherung) kommen. Auch arbeitsrechtliche Fragen müssen beantwortet werden (z. B. anwendbares Recht, Informationspflichten, Reisekostentragung, geltende Arbeitsschutzregelungen, Arbeitszeit, Feiertagsregelungen, Datensicherheit usw.)

Die Beurteilung der steuerlichen und rechtlichen Folgen ist komplex und abhängig von vielen Faktoren. Zu beachten sind die nationalen Rechtsordnungen verschiedener Staaten sowie das Abkommensrecht. Allgemeingültige einfache Regeln gibt es kaum, vielmehr ist stets eine konkrete Einzelfallprüfung vorzunehmen. Dadurch können erheblicher rechtlicher Beratungsbedarf und zusätzlicher Administrationsaufwand entstehen.

Pandemiebedingtes Stillhalten der Finanzbehörden

Aktuell, d. h. während der andauernden Pandemie, hat sich die Finanzverwaltung gewissermaßen fürs Stillhalten entschieden. Diese „Pandemie-Pause“ wird nach derzeitigem Stand voraussichtlich bis Ende des Jahres 2021 verlängert.

Danach kommen wieder die bestehenden Regelungen zur Anwendung. Diese basieren auf althergebrachten Arbeitsformen und genügen der sich verändernden Arbeitswelt kaum noch. Neue, den neuen Arbeitsbedingungen angepasste Regelungen müssen erst geschaffen und international ausgehandelt werden. Dazu wird es sicher keine schnelle Lösung geben. Bis dahin werden sich Arbeitgeber immer wieder mit Graubereichen und rechtlichen Unsicherheiten konfrontiert sehen.

Bedeutung für die Praxis

Viele Unternehmen stehen derzeit vor der Entscheidung, wie viel Flexibilität und Freiheit sie ihren Mitarbeitern in Zukunft einräumen wollen und ob sie ihnen auch ein (vorübergehendes/kurzzeitiges) Arbeiten im Ausland, bspw. in den Herkunftsländern der Mitarbeiter, bei deren Eltern/Freunden im Ausland oder an einem Urlaubsort, erlauben.

Arbeitgeber sollten sehr genau prüfen, was sie zulassen und welche Folgen sich daraus ergeben. Sie sollten sich Informations- und Widerrufsrechte sichern. Wenn eine Tätigkeit im Ausland konkret ansteht, sollte der Einzelfall möglichst frühzeitig geprüft werden. Dabei werden häufig lokale Berater im Tätigkeitsstaat einzubeziehen sein. Schließlich sollte eine passende arbeitsvertragliche Regelung getroffen werden, die auch Regelungen zur Tragung von anfallendem Mehraufwand enthält.

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Autorin

Ines Otte
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.