Rechtsprechungsänderung des BFH zur Betriebsaufspaltung – Auswirkungen auf die erweiterte Gewerbesteuerkürzung

Unter ausdrücklicher Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung hat der IV. Senat des BFH mit Urteil vom 16. September 2021 (Az. IV R 7/18) entschieden, dass die für die Betriebsaufspaltung notwendige personelle Verflechtung im Fall einer Besitz-Personengesellschaft auch mittelbar über eine Kapitalgesellschaft begründet werden kann.

Sachverhalt

Im Streitfall vermietete die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, eine Immobilie an die M-KG, an der die H-GmbH als 100%ige Kommanditistin und die V-GmbH als nicht am Vermögen beteiligte Komplementärin beteiligt waren. Die Kommanditisten der Kläger-KG waren z. T. gleichzeitig Gesellschafter der H-GmbH und darüber hinaus Gesellschafter der nicht am Vermögen der Klägerin beteiligten Komplementär-GmbH.

Die von der Klägerin beantragte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG lehnte die Finanzverwaltung ab. Die hiergegen gerichtete Klage beim Hessischen FG (Az. 8 K 2233/15) hatte zunächst Erfolg. Der IV. Senat des BFH hielt die Revision der Finanzverwaltung für begründet.

Entscheidung

Der IV. Senat des BFH entschied, dass einer Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG im Streitfall entgegenstehe, dass zwischen der Klägerin als Besitzunternehmen und der M-KG als Betriebsunternehmen eine Betriebsaufspaltung bestanden habe. Es läge eine personelle Verflechtung vor, d. h. die Beherrschung des Besitz- und des Betriebsunternehmens in der Weise, dass in beiden Unternehmen ein einheitlicher Geschäfts- und Betätigungswille durchgesetzt werden kann. Der BFH stellte unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung fest, dass die Herrschaft über das Betriebsunternehmen (hier die M-KG) auch mittelbar über eine Kapitalgesellschaft ausgeübt werden könne. Unter ausdrücklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung müsse dies auch für eine mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an dem Besitzunternehmen (der Klägerin) gelten, jedenfalls insoweit, als dieses eine Personengesellschaft ist (kein Durchgriffsverbot).

Im Streitfall stand der personellen Verflechtung zwischen der Klägerin und der M-KG damit weder die Beteiligungen der H-GmbH und der V-GmbH an der M-KG noch die Beteiligung der Komplementär-GmbH an der Klägerin entgegen. Da die sachliche Verflechtung ebenfalls vorlag, nahm der BFH eine für die erweiterte Kürzung schädliche Betriebsaufspaltung an.

Praktische Auswirkungen

Mit dem dargestellten Urteil hat der IV. Senat des BFH die Rechtsprechung zur personellen Verflechtung im Rahmen von Betriebsaufspaltungen bei Besitz-Personengesellschaften neu aufgestellt. Die Entscheidung kann weitreichende Konsequenzen haben, da bisher unschädliche Fallkonstellationen einer Immobilien-Personengesellschaft, die ihr Grundstück an ein verbundenes Unternehmen überlässt, nunmehr gewerbesteuerschädlich sein können. Es ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung im Rahmen von steuerlichen Außenprüfungen diese Sachverhalte aufgreifen wird. Um die erweiterte Kürzung auch in Zukunft zu sichern, sollten daher Handlungsoptionen geprüft werden. In Betracht kommt z. B. der Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft, da bei Besitz-Kapitalgesellschaften nach dem I. Senat des BFH das Durchgriffsverbot noch gilt.

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