Abgrenzung von Spenden an Tochtergesellschaften zu verdeckten Einlagen

Nach dem BFH ist die Frage, ob es sich bei einer Zuwendung an eine gemeinnützige Tochtergesellschaft um eine verdeckte Einlage oder eine Spende handelt, anhand einer Veranlassungsprüfung in Form eines Fremdvergleichs festzustellen (BFH-Urteil vom 13. Juli 2022 – I R 52/20).

Hintergrund

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG sind in den dort bestimmten Grenzen Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) einer Kapitalgesellschaft zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke einkommensmindernd abziehbar. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die zuwendende Kapitalgesellschaft selbst steuerbegünstigt ist und die zugewendeten Mittel aus einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stammen. Die Annahme einer verdeckten Einlage dagegen ist ertragsteuerneutral und führt zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der gemeinnützigen Tochtergesellschaft.

Sachverhalt

Ein als gemeinnützig anerkannter eingetragener Verein unterhielt einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Daneben war er zu 90 % an einer als gemeinnützig anerkannten gGmbH beteiligt, die in den Streitjahren bilanziell überschuldet war. Unternehmensgegenstand der gGmbH war die Unterhaltung und der Betrieb eines Instituts, welches eine gleiche inhaltliche Ausrichtung wie die steuerbegünstigte Tätigkeit des Vereins hatte. Der Verein leistete aus Mitteln seines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Zuwendungen an die gGmbH. Diese stellte hierfür Spendenbescheinigungen aus; die Mittel wurden bei der gGmbH dem ideellen Bereich zugeordnet.

Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Zuwendungen nicht als Spende, sondern als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen und somit als verdeckte Einlage zu behandeln seien. Die gGmbH erfülle auch Satzungszwecke des Vereins; zudem seien in den betreffenden Jahren keine nennenswerten weiteren Spenden von dem Verein geleistet worden. Insofern sei davon auszugehen, dass der Verein die geleisteten Zuwendungen unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem fremden Dritten nicht gewährt hätte. Ferner habe in der gGmbH ein erheblicher Finanzierungsbedarf bestanden. Daraufhin erließ die Finanzverwaltung geänderte Steuerbescheide. Das erstinstanzliche FG Rheinland-Pfalz gab der Klage des Vereins statt; hiergegen richtete sich die Revision der Finanzverwaltung.

Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Ob es sich bei einer Zuwendung an die Tochtergesellschaft um eine verdeckte Einlage oder um eine Spende handelt, sei anhand einer Veranlassungsprüfung in Form eines Fremdvergleichs festzustellen, der im gerichtlichen Verfahren vom FG anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls vorzunehmen sei. Im Rahmen des für die Abgrenzung durchzuführenden Fremdvergleichs sei auf einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter abzustellen, der sich – mit Ausnahme der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit – in der wirtschaftlichen und rechtlichen Situation des Geschäftsleiters der leistenden Körperschaft befindet. Somit sei zu berücksichtigen, dass der ordentliche und gewissenhafte Vorstand eines gemeinnützigen Vereins in erster Linie an der Förderung der satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke orientiert sein muss.

Vor diesem Hintergrund wurde die vom FG vorgenommen Würdigung, wonach das Hauptmotiv der Zuwendungen in der Förderung der steuerbegünstigten Zwecke der gGmbH gelegen habe, während die finanzielle Stärkung der Tochtergesellschaft lediglich ein günstiger Nebeneffekt gewesen sei, vom BFH nicht beanstandet. Auch die finanziell angespannte Lage der gGmbH müsse nicht zwingend zur Beurteilung der Zuwendungen als verdeckte Einlagen führen, zumal die Gelder in den ideellen Bereich geflossen sind.

Es sei auch nicht als missbräuchliche Gestaltung anzusehen, wenn eine gemeinnützige Einrichtung einen Teil ihrer steuerbegünstigten Aktivitäten auf eine Tochtergesellschaft verlagere und sodann eine Spende aus ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb an die Tochtergesellschaft leiste. Der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb einer gemeinnützigen Körperschaft könne zwar keine Spende an den eigenen ideellen Bereich der Körperschaft leisten. Dem liege jedoch nicht eine normative Wertentscheidung, sondern allein der „technische“ Umstand zugrunde, dass es sich bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht um ein eigenständiges Steuersubjekt handele. Ob aus anderen Gründen eine missbräuchliche Gestaltung nach § 42 AO vorliege, müsse im Einzelfall geprüft werden; Anhaltspunkte für eine derartige Missbrauchsgestaltung lagen im Streitfall nicht vor.

Bedeutung für die Praxis

Wird an eine gemeinnützige Tochtergesellschaft eine Zuwendung geleistet, ist zu prüfen, ob eine verdeckte Einlage vorliegt. Maßgeblich für die Abgrenzung ist der Fremdvergleich, der bei einer zuwendenden gemeinnützigen Körperschaft mit dem Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft vorzunehmen ist.

Dies führt nach unserer Einschätzung im Ergebnis dazu, dass nach der Entscheidung des I. Senats des BFH mehr Raum für das Vorliegen einer Spende als für eine verdeckte Einlage besteht, da der ordentliche und gewissenhafte Vorstand eines gemeinnützigen Vereins in erster Linie an der Förderung der satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke orientiert sein muss. In der Praxis sollte in diesem Zusammenhang auch auf die Ausstellung von Spendenbescheinigungen geachtet werden.

Autor

Stephan Franzen
Tel: +49 221 28 20 2456

Haben Sie Fragen oder weiteren Informationsbedarf?

Sprechen Sie uns an

Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 1-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.