Handreichung für öffentliche Auftraggeber zur Ausschreibung von Open-Source-Software

Die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e. V. (VITAKO) hat am 16. Juli 2021 eine Handreichung für öffentliche Auftraggeber zur Ausschreibung von Open-Source-Software (OSS) veröffentlicht. Hintergrund ist nach Angaben der VITAKO das wachsende Interesse der öffentlichen Verwaltung, unabhängiger von einzelnen Software-Herstellern zu werden. Dementsprechend zielt die Handreichung darauf ab, die eigene digitale Souveränität der öffentlichen Verwaltung zu stärken. Zur Erreichung dieses Ziels wurde in den vergangenen Monaten insbesondere die vermehrte Nutzung von OSS diskutiert.

Adressaten der Handreichung sind Mitarbeitende in Kommunalverwaltungen, die mit der Umsetzung eines IT-Projekts betraut oder von einer Umsetzung am eigenen Arbeitsplatz betroffen sind.

Vorteile von OSS

Das wesentliche Merkmal von OSS ist, dass der Quellcode der Software öffentlich und von Dritten eingesehen, geändert und genutzt werden kann. Im Gegensatz zu proprietärer Software der bekannten großen Hersteller bietet OSS insbesondere den Vorteil, dass sie unabhängig überprüft und individuell an spezifische Anforderungen angepasst werden kann. Dadurch soll jederzeit die vollständige Kontrolle über die vom Auftraggeber verarbeiteten Daten der Bürgerinnen und Bürger gewahrt bleiben. Zudem bietet die Nutzung von OSS den Vorteil, dass keine Lizenzkosten zu entrichten sind.

Vorbehalte gegenüber OSS wie diese sei unsicher, weniger leistungsfähig oder könne überhaupt nicht richtig ausgeschrieben werden, sind nach Angaben der VITAKO unbegründet. Tatsächlich stehe eine Vielzahl mittelständischer Unternehmen bereit, die verschiedene Dienstleistungen rund um OSS anbieten. Ausschreibungen von OSS seien geeignet, die Kooperation verschiedener Hersteller zu fördern.

Vergaberechtliche Ansatzpunkte

Sofern objektive und auftragsbezogene Gründe dafür angegeben werden können, kann eine Vergabe von vornherein auf OSS beschränkt werden. Solche Gründe können etwa wirtschaftliche Faktoren sein oder eine politische Vorgabe, dass Abhängigkeiten vermieden werden und die zu verarbeitenden Daten besonders geschützt werden sollen.

Als weiteren Ansatzpunkt identifiziert die Handreichung die Festlegung von entsprechenden Zuschlagskriterien. So ist es beispielsweise denkbar, die Offenlegung des Quellcodes der zu beschaffenden Software bei der Angebotswertung positiv zu werten.

Vorteilhafte Gestaltungsmöglichkeiten biete zudem die Ausschreibung eines Produkt- oder Dienstleistungsrahmens in Form von Rahmenvereinbarungen. Dadurch sollen agile Vorgehensweisen bei der Softwareentwicklung ermöglicht werden, beispielsweise eine Minimum-Viable-Product-(MVP)-Strategie. Dieser Ansatz ist dadurch gekennzeichnet, dass zunächst nur ein Produkt mit kleinem Funktionsumfang zur Verfügung gestellt wird und darauf aufbauend nach den Anforderungen des Auftraggebers neue Features hinzugefügt werden können.

Die konkreten Gestaltungen im Rahmen von Vergabeverfahren erfordern jeweils die rechtliche Prüfung des Einzelfalls.

Weiterführende Informationen

Die Handreichung kann hier heruntergeladen werden.

Bereits im Jahr 2016 hatte der der Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche (BITKOM e. V.) den Leitfaden „Open-Source-Software 2.0“ veröffentlicht. Dieser Leitfaden kann hier heruntergeladen werden.

Eine Handreichung des Bundesverbandes für digitale Souveränität e. V. aus dem Jahr 2018, auf die in der Handreichung der VITAKO verwiesen wird, liefert vertiefende Informationen zur Anpassung von EVB-IT-Vertragsmustern bei der Ausschreibung von OSS. Diese Handreichung kann unter hier heruntergeladen werden.

Autor*innen

Noreen Völker
Tel: +49 30 208 88 1190

Leo Lerch
Tel: +49 30 208 88 1514

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 4-2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.