Gründung in der Videokonferenz

Das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG)

Die deutsche Justiz arbeitet in der Erfahrung vieler Unternehmen und Privatpersonen längst nicht so digital, wie man es sich wünschen würde. Mit dem DiRUG, das am 1. August 2022 in Kraft getreten ist, ändert sich das in Teilen: Die Gründung von GmbH (und UG) wird formell modernisiert und an die digitale Realität angepasst.

Der neu eingeführte § 2 Abs. 3 Satz 1 GmbHG lautet:

Die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags kann im Fall einer Gründung ohne Sacheinlagen auch mittels Videokommunikation gemäß den §§ 16a bis 16e des Beurkundungsgesetzes erfolgen.

Dieser dient der Umsetzung von Artikel 13g und Artikel 13h der Richtlinie (EU) 2017/1132 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (GesRRL) und ermöglicht erstmals die Durchführung einer Online-Gründung einer GmbH, auch in der Variante der UG (haftungsbeschränkt). Weitere Rechtsformen sind bisher nicht vorgesehen. Ferner gilt die Online-Gründung derzeit nur für Bargründungen, Sachgründungen kommen im August 2023 dazu.

Durch die Einführung dieser Möglichkeit soll kein neuer Regelfall für die Online-Gründung geschaffen werden, die Wahl der Art der Durchführung der Beurkundung obliegt den künftigen Gesellschafter* innen. Das Notariat muss aber beide Möglichkeiten anbieten und durchführen, auch gemischte Beurkundungen (Beteiligte vor Ort und zugeschaltet) sind möglich. Allerdings muss die Beurkundung im Online-Verfahren dann abgelehnt werden, wenn die Erfüllung der Amtspflichten nicht gewährleistet werden kann, z. B. wenn die Identität der Beteiligten nicht sicher festgestellt werden kann oder Zweifel an der Rechts- oder Geschäftsfähigkeit eines* einer Beteiligten bestehen. Die Identitätsfeststellung der Beteiligten in der Beurkundung erfolgt dann entweder durch persönliche Bekanntheit oder durch Personalausweis mit eID-Funktion.

Über die Gründung wird eine elektronische Niederschrift erstellt, die alle Beteiligten einschließlich des*der Notars*Notarin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen haben.

Die Gründung insbesondere von kommunalen (Tochter-)Gesellschaften wird regelmäßig durch Bevollmächtigte vorgenommen, die wiederum einer Vertretungs- oder Gründungsvollmacht bedürfen. In Papierform vorgelegte Vertretungsnachweise sind der o. g. elektronischen Niederschrift in elektronisch beglaubigter Abschrift gem. § 16d BeurkG beizufügen. Die Gründungsvollmachten können ebenfalls elektronisch errichtet (nicht aber beglaubigt!) und sowohl im Präsenz- als auch im Online-Verfahren verwendet werden.

Schließlich wird durch die Einführung der Online-Gründung die Praxis beibehalten, im Rahmen der Gründung gefasste Gesellschafterbeschlüsse (z. B. Bestellung der Geschäftsführung, Festlegung von Vertretungsbefugnissen oder Befreiung von § 181 BGB) beurkunden zu können, da diese auch weiterhin grundsätzlich keinem Formerfordernis unterliegen. Beschlüsse, die eigenständig beurkundungspflichtig sind, etwa Kapitalmaßnahmen oder Umwandlungsvorgänge, sind von dieser Möglichkeit jedoch nicht erfasst und bedürfen weiterhin einer „analogen“ Beurkundung.

Bei der Durchführung der Videokonferenz kann zudem nicht auf die üblichen Videokommunikationsdienste wie Zoom, Microsoft Teams oder WebEx zurückgegriffen werden, sondern es muss das von der Bundesnotarkammer betriebene Videokommunikationssystem gem. § 78p Bundesnotarordnung (BnotO) genutzt werden.

Im Ergebnis ist die digitale GmbH-Gründung eine gute Möglichkeit, bei großen räumlichen Entfernungen, Krankheit oder behördlichen Kontaktbeschränkungen unternehmerische Schritte wie Gesellschaftsgründungen nicht verzögern zu müssen. Dies gilt insbesondere in Unternehmens- und Konzernstrukturen, in denen GmbH-Gründungen eher zum Tagesgeschäft gehören oder sich die Beteiligten nicht in Deutschland aufhalten.

Ob aber die technischen Rahmenbedingungen, die bisher beim ebenfalls von der Bundesnotarkammer betriebenen besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) nicht vollständig überzeugen, sowie die Praxis von kommunalen Gesellschaftsgründungen, die in der Regel in einem ortsansässigen Notariat vorgenommen werden, zu einem Trend der virtuellen Beurkundung führen, wird sich zeigen.

Wir beraten Sie gern in Fragen zur Online-Gründung, dem DiRUG oder der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen. Wenden Sie sich hierzu an Ihre Ansprechpartner*innen.

Autorin

Maria Elisabeth Grosch
Tel: +49 30 208 88 1174

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 3-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.