BFH-Urteil: Zur fehlenden Beschwer bei Anfechtung eines Nullbescheides

Der Fünfte Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat in seinem Urteil vom 16. Dezember 2021 (Aktenzeichen: V R 19/21) wiederholt klargestellt, dass eine Beschwer gegen einen sog. Nullbescheid grundsätzlich nicht vorliegt und somit eine Anfechtungsklage unzulässig ist. Die im Streitfall (eigentlich) aufgeworfene rechtliche Frage zur Abgrenzung eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und Zweckbetriebs blieb daher unbeantwortet.

1. Leitsatz des Gerichts

„Hat eine steuerbegünstigte Körperschaft mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe und erzielt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, für den streitig ist, ob dieser ein Zweckbetrieb ist, einen Gewinn von 0 €, ergibt sich aus einem Steuerbescheid, der eine Steuer von 0 € festsetzt, keine für die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage erforderliche Beschwer.“

2. Zugrundeliegender Sachverhalt

Im Streitfall ging es inhaltlich darum, ob die von dem gemeinnützigen Verband (Kläger) gegenüber den Sozialleistungsträgern durchgeführte Abrechnung von Krankentransport und Notfallrettung als Zweckbetrieb anzusehen ist.

Das Finanzamt qualifizierte die Abrechnungsstelle jedoch als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Gegen die Bescheide für Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag, obwohl beide Bescheide jeweils auf 0 € festgesetzt wurden, wehrte sich der Kläger vor dem Finanzgericht im Rahmen einer Feststellungsklage und begehrte die Umqualifizierung als Zweckbetrieb. Die Klage wurde vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen.

3. Entscheidung des BFH/Stellungnahme

Die Revision wurde vom BFH als Anfechtungsklage (§ 40 FGO) gedeutet und bereits mangels „Beschwer“, also der fehlenden plausiblen Behauptung, in eigenen Rechten verletzt zu sein, als unzulässig verworfen.

Der BFH betonte, dass eine Beschwer durch einen Steuerbescheid sich grundsätzlich nur aus der Steuerfestsetzung ergeben kann. Ein Nullbescheid belastet den Steuerpflichtigen grundsätzlich jedoch nicht. Der BFH knüpft damit an seine bisherige Rechtsprechung an und verwehrt bereits die Zulässigkeit der Klage.

Anders verhält es sich, wenn der Regelungsgehalt des Bescheids über die bloße Steuerfestsetzung hinausreicht und eine zu niedrige Steuerfestsetzung daher anderweitig belastend wirkt. Diese Ausnahme fand im Streitfall keine Anwendung.

In der vom Kläger argumentierten präjudiziellen Wirkung der Qualifizierung als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sah der BFH keine Beschwer. Dies ist nachvollziehbar, da einer bloßen Begründung der Steuerfestsetzung keine Bindungswirkung für die folgenden Veranlagungszeiträume zukommt. Im Übrigen gelte das Prinzip der Abschnittsbesteuerung (eigenständige Beurteilung der maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen im Folgejahr).

Gleichwohl ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob sich durch die Einordnung als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht auch andere belastende Wirkungen ergeben können. Dabei sind verschiedene Konstellationen denkbar, wie beispielsweise das Begehren einer negativen Steuer, eine Bindungswirkung für eine andere Veranlagung oder eine andere Behörde, Nachteile späterer Steuerfestsetzungen aufgrund von Bilanzierungsgründsätzen etc. In jedem Einzelfall ist daher nach wie vor gesondert zu prüfen, ob eine Beschwer vorliegt.

Fundstelle

BFH, Urteil v. 16. Dezember 2021, V R 19/21,
veröffentlicht am 17. Juni 2022

Autoren

Alexander Becker
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