Bieterpräsentation als (unzulässiges) Zuschlagskriterium

Die Erteilung des Zuschlags stellt nicht nur den Schlussstein bei der Auswahl des Auftragnehmers dar, er leitet auch den Beginn der Arbeitsbeziehung zwischen den beiden Vertragsparteien ein. Die Zusammenarbeit kann sich jedoch als schwierig erweisen, wenn das Projektteam des Auftragnehmers nicht über die erforderlichen sozialen oder fachlichen Kompetenzen verfügt.

Um diesem Problem frühzeitig zu begegnen, finden in der Praxis oftmals bereits vor dem Vertragsschluss Begegnungen mit dem Projektteam statt. Im Verhandlungsverfahren erfolgt dies grundsätzlich in den Verhandlungen. Bei Verfahren, in denen Verhandlungen über das Angebot nicht zulässig sind, kann ein Auftraggeber sog. Aufklärungsgespräche mit den Bietern führen oder diese zu Präsentationen einladen, die Teil der Angebotswertung werden.

Die VK Südbayern (Beschl. vom 28. Oktober 2021; Az. 3194.Z3-3_01-21-27) hat nun die Zulässigkeit von Bieterpräsentationen erheblich eingeschränkt. Die Vergabekammer unterstrich insbesondere zwei Aspekte, die bei der Bewertung des Angebots anhand von Bieterpräsentationen berücksichtigt werden müssen.

So müssen die Zuschlagskriterien nicht nur mit dem Auftrag in Verbindung stehen, bei Kriterien nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 VgV (Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals) muss die Qualität des eingesetzten Personals zudem erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben können. Diese gesetzliche Regelung legt die Vergabekammer so aus, dass die über die Präsentation nachzuweisenden Fähigkeiten, d. h. das Präsentieren und Vortragen, auch Tätigkeiten im Rahmen der Leistungserbringung sind, was bei Beratungsleistungen durchaus der Fall sein kann.

Damit der hinreichende Zusammenhang zwischen der Präsentation und der Leistung besteht, muss jedoch das bei der Auftragsausführung eingesetzte Personal auch die Präsentation vornehmen. Schließlich sind die Fähigkeiten des später eingesetzten Personals für die Bewertung maßgebend. Dies ist durch den Auftraggeber sicherzustellen. Insbesondere darf Personal, das nicht dem späteren Projektteam angehört, keine aktive Rolle bei der Präsentation einnehmen, da es auf dessen Fähigkeiten nicht ankommt. Sofern der Zusammenhang durch den Auftraggeber nicht sichergestellt wird oder über die Unterkriterien ersichtlich noch weitere Aspekte bei der Bewertung berücksichtigt werden, die bei der Auftragsausführung keine Rolle spielen, handelt der Auftraggeber vergaberechtswidrig.

Über den sachlichen Zusammenhang hinaus hob die Vergabekammer hervor, dass auch die Dokumentation der Präsentation hinreichend genau sein muss. Insbesondere soll aus der Dokumentation hervorgehen, wer welchen Teil der Präsentation übernommen hat. Insbesondere soll sich aus den Protokollen ergeben, dass die Präsentation ausschließlich von Personen des vorgesehenen Projektteams durchgeführt wurde und Beiträge anderer Personen nicht in die Bewertung miteingeflossen sind. Die Protokolle sind demnach entsprechend ausführlich zu führen, um eine nachvollziehbare Bewertung sicherzustellen.

Die Entscheidung der Vergabekammer ist überraschend streng. Sie begegnet der häufig vorkommenden Praxis, Bieterpräsentationen durchzuführen, um sich einen persönlichen Eindruck von den Bietern machen zu können, ohne dass die konkret abgeprüften Fähigkeiten des Projektteams in die Bewertung einfließen. So ist zwar durchaus nachvollziehbar, dass sich Auftraggeber eine harmonische Zusammenarbeit wünschen. Ein zulässiges Wertungskriterium ist dies jedoch nicht. Ob sich andere Vergabekammern diesem strengen Maßstab anschließen, ist jedoch noch nicht absehbar.

Autorinnen

Noreen Völker
Tel: +49 30 208 88 1190

Theresa Katharina Klemm
Tel: +49 30 208 88 1447

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