BFH – Keine erweiterte Kürzung bei erstmaliger Grundstücksverwaltung im Laufe des Erhebungszeitraums

Mit Beschluss vom 27. Oktober 2021 (Az. III R 7/19) hat der BFH entschieden, dass eine neu gegründete Kapitalgesellschaft, die sich erst Monate nach ihrer Eintragung in das Handelsregister mit der Verwaltung eigenen Grundbesitzes befasst, die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht in Anspruch nehmen kann. In diesem Fall sei die Gesellschaft nicht ausschließlich grundstücksverwaltend tätig.

Hintergrund

Die Klägerin, eine GmbH, war Anfang 2014 als Vorratsgesellschaft errichtet und ins Handelsregister eingetragen worden. Gegenstand der Gesellschaft war der Erwerb von Grundstücken sowie deren Verwaltung.

Später im laufenden Erhebungszeitraum erwarb die Klägerin mehrere Grundstücke und erklärte für das Streitjahr 2014 einen Gewinn aus Vermietung. In der Gewerbesteuererklärung beantragte sie die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte die Kürzung nicht, weil die Grundstücke zu Beginn des Erhebungszeitraums noch nicht zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehört hätten.

Einspruch und Klage waren hiergegen erfolglos. Der BFH bestätigte nunmehr die Vorinstanz und wies die Revision als unbegründet zurück. Das Finanzgericht habe im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht beanspruchen kann.

Der BFH verweist auf die ständige Rechtsprechung, wonach Voraussetzung für die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG u. a. ist, dass das Unternehmen – abgesehen von den in § 9 Nr. 1 S. 2 und S. 3 GewStG zugelassenen Ausnahmen – „ausschließlich“ eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Die in § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG genannte Verwaltung eigenen Kapitalvermögens sei nur dann unschädlich, wenn sie neben der Verwaltung eigenen Grundbesitzes stattfindet, nicht aber, wenn sie vor Beginn oder nach dem Ende einer begünstigten Grundstücksverwaltung die alleinige Tätigkeit darstellt.

Der Begriff der Ausschließlichkeit sei – so der BFH – gleichermaßen qualitativ, quantitativ sowie zeitlich zu verstehen. In zeitlicher Hinsicht habe dies zur Folge, dass der Unternehmer während des gesamten Erhebungszeitraums der gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG begünstigten Tätigkeit nachgehen müsse.

Vor diesem Hintergrund kam der BFH zu dem Ergebnis, dass im Streitfall der Klägerin die erweiterte Kürzung nicht zustand, da sie nicht während des gesamten Erhebungszeitraums 2014 ausschließlich grundbesitzverwaltend tätig war. Die sachliche Gewerbesteuerpflicht der Klägerin habe mit dem Tag der Eintragung in das Handelsregister begonnen. Bis zum Erwerb der Immobilien habe sich die Klägerin jedoch – unstreitig – nicht mit der Verwaltung oder Nutzung von Grundbesitz befasst.

Der BFH lehnte damit die erweiterte Kürzung ab. Das Erfordernis der Ausschließlichkeit sei nicht erfüllt, wenn das Unternehmen erst im Laufe eines Erhebungszeitraums erstmals eine grundbesitzverwaltende Tätigkeit ausübe.

Praktische Auswirkungen

Der BFH hat damit noch einmal den Begriff der Ausschließlichkeit i. R. d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG konkretisiert und bestätigt, dass dieser auch in zeitlicher Hinsicht gilt. Für die Praxis bedeutet dies auch nach der Modifizierung des § 9 Nr. 1 GewStG mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 2021, dass Gesellschaften, die planen, eine Immobilie erstmals zu erwerben und zu verwalten, sich über den zeitlichen Ablauf im Klaren sein müssen, um die erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen zu können. Der Erwerb der Immobilie muss zwingend am Anfang eines Erhebungszeitraumes erfolgen. Gleiches gilt im Übrigen auch für den Verkauf von Immobilien. Auch der Verkauf der letzten Immobilie einer Grundstücks- GmbH ist kürzungsschädlich, wenn er im Laufe eines Erhebungszeitraumes erfolgt.

Hinzuweisen ist noch darauf, dass in dem Fall, dass die grundbesitzverwaltende Gesellschaft eine Personengesellschaft ist, die Gewerbesteuer ggf. durch eine gewerbliche Entprägung vermieden werden kann.

Autor*innen

Dr. Kristina Frankus
Tel: +49 221 28 20 2503

Thomas Dennisen
Tel: +49 221 28 20 2450

Haben Sie Fragen oder weiteren Informationsbedarf?

Sprechen Sie uns an

Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 1-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auchabonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.