Die Umsätze aus dem Betrieb einer Mitarbeiterkantine in einem Krankenhaus unterliegen dem regulären Steuersatz von 19 %

Mit Urteil vom 23. März 2023 (5 K 2867/20) hat das FG Münster entschieden, dass die Umsätze der Mitarbeiterkantine in einem Krankenhaus, das steuerlich einen Zweckbetrieb i. S. von § 67 AO darstellt, dem regulären Steuersatz von 19 % unterliegen. Eine Kantine stelle, anders als das Krankenhaus selbst, keinen Zweckbetrieb, sondern einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar.

Sachverhalt

Die Klägerin war eine gemeinnützige GmbH, die mehrere Krankenhäuser betrieb. In ihren Krankenhäusern betrieb die Klägerin Mitarbeiterkantinen, in denen Speisen und Getränke zu subventionierten Preisen ausschließlich den Mitarbeitenden angeboten wurden. Für Besucher*innen der Patient*innen gab es eigene, durch fremde Dritte betriebene Cafeterien.

Die Klägerin ordnete die Mitarbeiterkantinen dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zu. Die Umsätze unterwarf sie gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, was die Finanzverwaltung zunächst nicht beanstandete. Im Rahmen einer Betriebsprüfung im Jahr 2018 für die Jahre 2012 bis 2016 vertrat die Finanzverwaltung sodann die Auffassung, dass die Umsätze der Mitarbeiterkantine dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegen.

Die dagegen gerichteten Einsprüche begründete die Klägerin insbesondere damit, dass die Mitarbeiterkantinen indirekt dem Wohl der Patienten dienten, da es für den Betrieb eines Krankenhauses unerlässlich sei, dass die medizinischen Mitarbeiter auch in den Pausen ständig erreichbar seien. Dies sei nicht gewährleistet, wenn sie ihre Pausen außerhalb der Häuser verbringen würden.

Die hiergegen gerichtete Klage hatten keinen Erfolg.

Entscheidung des FG Münster

Das FG Münster gab der Finanzverwaltung recht und bejahte einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gemäß § 14 AO. Die Klägerin habe mit der Mitarbeiterkantine über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinaus selbständig und nachhaltig Einnahmen erzielt. Dass der Klägerin Gewinnerzielungsabsicht fehle, sei für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs unbeachtlich.

Die Mitarbeiterkantinen seien nicht (unselbstständiger) Bestandteil des Zweckbetriebs Krankenhaus i. S. v. § 67 AO. Hierzu gehören nur die Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen. Ein solcher Zusammenhang bestehe zwischen der Leistung einer Mitarbeiterkantine (Beköstigung der Mitarbeiter) und der Leistung des Krankenhauses nicht. Damit scheide auch eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG als eng mit dem Krankenhausbetrieb zusammenhängender Umsatz aus.

Auch sei die Mitarbeiterkantine keinen sog. Selbstversorgungszweckbetrieb i. S. d. § 68 Nr. 2 AO, da sie nicht der Versorgung der Einrichtung, sondern nur der ihrer Mitarbeiter dient.

Schließlich stelle die Mitarbeiterkantine auch keinen eigenständigen Zweckbetrieb i. S. von § 65 AO dar. Sie diente nämlich nicht dazu, den gemeinnützigen Zweck der Klägerin, die Förderung des Gesundheitswesens, zu erfüllen. Vielmehr ging es um die Befriedigung des Grundbedürfnisses Essen und Trinken der Mitarbeitenden.

Da kein Zweckbetrieb vorliegt, scheidet die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG aus.

Die Entscheidung des FG Münster ist rechtskräftig. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Fazit

Die Ausgabe von Speisen und Getränken in Krankenhauskantinen stellt nach dem rechtskräftigen Urteil einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Krankenhauses dar unabhängig davon, ob die Speisen und Getränke nur an Personal oder auch an Gäste ausgegeben werden.

Das FG Münster hatte (ausschließlich) die damit verbundene Umsatzsteuerfrage zu klären und kommt für die Streitjahre (2012–2018) zu dem Ergebnis, dass der Regelsteuersatz (19 %) anwendbar ist. Seit dem 1. Juli 2020 bis voraussichtlich zum 31. Dezember 2023 werden Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken, als Folge der „Corona-Krise“ gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG, unabhängig von der Gemeinnützigkeit des Betreibers, nur mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % besteuert. Es bleibt abzuwarten, ob es eine erneute Verlängerung – wie schon von einigen Lobbyverbänden gefordert – geben wird.

Interessant wird sein, wie die Finanzverwaltung zukünftig mit dauerdefizitären Mitarbeiterkantinen im Hinblick auf gemeinnützigkeitsrechtliche und ertragsteuerliche Fragen umgehen wird. Eine im Rahmen der Darstellung des Verfahrensganges in der Urteilsveröffentlichung wiedergegebene Stellungnahme der Finanzverwaltung spiegelt jedenfalls die gängige Praxis, dass diese die Verluste aus einer (typischerweise dauerdefizitären) Mitarbeiterkantine ertragsteuerlich nicht anerkennt, sondern die Kosten als Personalaufwendungen dem Zweckbetrieb Krankenhaus zuordnet, sodass sich keine Fragen einer gemeinnützigkeitsrechtlichen Mittelfehlverwendung ergeben. Mangels Erheblichkeit für die Urteilsbegründung ist das Finanzgericht hierauf leider nicht weiter eingegangen.  

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Dr. Kristina Frankus
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