Was sind typische Problemfälle beim Thema Kurzarbeit?

24.08.2020 – Grundsätzlich fallen alle Arbeitnehmer, die zu einem von erheblichem Arbeitsausfall betroffenen Betrieb gehören, in den bezugsberechtigten Personenkreis. Voraussetzung ist allerdings, dass sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden.

Grundsätzlich bezugsberechtigter Personenkreis

  • Minijobber: Daher haben geringfügig Beschäftigte (sog. „Minijobber“) keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, da sie nicht versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung beschäftigt werden.
  • Azubis: Azubis haben zunächst nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG sechs Wochen Anspruch auf Vergütungsfortzahlung und sind insoweit in dieser Zeit nicht bezugsberechtigt. Ab der siebten Woche kann ihnen allerdings Kurzarbeitergeld zustehen. Die für diese Personengruppe zuständigen Stellen, wie etwa die IHK, Handwerkskammern etc., sind über diese „wesentlichen Vertragsänderungen“ nach § 11 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 BBiG zu informieren.
  • Fremdgeschäftsführer: Ein Geschäftsführer kann dann Kurzarbeitergeld beanspruchen, wenn er sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist. Das ist dann der Fall, wenn er ein sog. Fremdgeschäftsführer ist und nicht mehr als 50 Prozent der Gesellschaftsanteile hält bzw. über eine Sperrminorität verfügt.

Birgt Kurzarbeit Risiken für die Arbeitgeber?

Grundsätzlich stellt die Einführung von Kurzarbeit in Krisen eine wirtschaftliche Entlastung durch Senkung der Personalkosten dar. Aber das Thema Kurzarbeit birgt auch für den Arbeitgeber erhebliche Risiken: Den bereits von Kurzarbeit betroffenen Arbeitgebern dürfte aufgefallen sein, dass der Bewilligungsbescheid (Leistungsbescheid) der Agentur für Arbeit, also die sozialrechtliche Grundlage für die Erstattung des Kurzarbeitergeldes, regelmäßig lediglich ein vorläufiger Bescheid (Vorbehaltsbescheid) ist.

Erst nach Beendigung der Kurzarbeit erfolgt innerhalb von sieben Monaten eine abschließende Prüfung durch die Agentur für Arbeit, der idealerweise mit einem endgültigen (positiven) Bescheid endet. In Zeiten der Corona-Pandemie wird diese Frist nach der Fachlichen Weisung der Bundesagentur für Arbeit zu den Verbesserungen für das Kurzarbeitergeld wohl verlängert, bis die weltweite Krise beendet ist.

Erst durch diesen endgültigen Bewilligungsbescheid nach der Abschlussprüfung hat der Arbeitgeber Rechtssicherheit über den Leistungsfall. Denn: Stellt die Agentur für Arbeit fest, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld doch nicht vorlagen, dann kann der Anerkennungsbescheid widerrufen werden. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die zu Unrecht erhaltenen Leistungen (also das gesamte Kurzarbeitergeld) zurückerstatten. Ferner besteht das Risiko, dass der Arbeitgeber darüber hinaus seinen Arbeitnehmern den fehlenden, vollen Lohn/Gehalt erstatten muss. Der Arbeitgeber hat sich insoweit im Annahmeverzug befunden.

Wie verhält sich Kurzarbeit zu Beiträgen der betrieblichen Altersversorgung?

Bei vergütungsabhängigen Versorgungszusagen, z. B. Leistungszusagen mit auf die laufende Vergütung bezogenen  Versorgungsbausteinen, reduzieren sich die Beiträge während der Kurzarbeit automatisch, entsprechend dem gekürzten Lohnanspruch. Das Kurzarbeitergeld bleibt unberücksichtigt.

Im Gegensatz hierzu darf der Arbeitgeber bei vergütungsunabhängigen Versorgungszusagen in der Regel keine Kürzung der Beiträge vornehmen, da dies in der Versorgungszusage definiert sein und zudem den strengen Vorgaben des Bundesarbeitsgerichtes entsprechen muss.

Ob die betriebliche Altersvorsorge arbeitgeber- oder arbeitnehmerfinanziert ist, ist grundsätzlich unbeachtlich. Eine Ausnahme gibt es allerdings im Falle der Kurzarbeit Null, da aus dem Kurzarbeitergeld keine Entgeltumwandlung durchgeführt werden darf – zur Leistung von Eigenbeiträgen siehe unten.

Die Kurzarbeit wirkt sich im Falle einer Entgeltumwandlung auf den Arbeitgeberzuschuss aus § 1a Abs. 1a BetrAVG aus. Dieser muss vom Arbeitgeber bei den Durchführungswegen der Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds in Höhe von 15 Prozent für alle Versorgungszusagen zusätzlich geleistet werden, wenn diese nach dem 1.1.2019 abgeschlossen wurden.

Dieser Arbeitgeberzuschuss reduziert sich entsprechend dem oben dargestellten, tatsächlich entgeltumgewandelten Betrag.

Eine weitere Besonderheit ergibt sich bei der Entgeltumwandlung von Einmalbezügen. Sofern diese unabhängig von der Arbeitsleistung vom Arbeitgeber während der Kurzarbeit beansprucht werden können, z. B. im Rahmen eines Urlaubsgeldes, sind die Beiträge in vollem Umfang abzuführen und führen folglich gerade nicht zu einer wie oben beschriebenen anteiligen Kürzung.

Der Arbeitnehmer wird oftmals ein Interesse daran haben, das durch die Kurzarbeit ohnehin reduzierte Einkommen nicht durch weitere Abzüge zu schmälern bzw. die Versicherungsleistung aufrechtzuerhalten. Ihm bzw. dem Arbeitgeber stehen daher folgende Optionen zur Verfügung:

In den Fällen externer Durchführungswege (Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds) besteht in der Regel die Möglichkeit, eine Beitragsfreistellung zu beantragen. Sofern die Beitragsfreistellung in Betracht gezogen wird, muss zwingend geprüft werden, welche Auswirkungen sich dadurch auf den Versicherungsumfang ergeben; ggf. kann dieser entfallen, z. B. im Rahmen der Absicherung der Berufsunfähigkeit.

Daher sollte vor der Beitragsfreistellung abgefragt werden, ob der Versicherungsvertrag die Möglichkeit der zinslosen Stundung der Beiträge vorsieht. Die ausgesetzten Beiträge sind dann nachzuzahlen, der Versicherungsschutz entfällt aber gerade nicht.

Zudem sollte überlegt werden, den Empfehlungen der Versicherungen zu folgen und im Falle einer aufgrund des  Vergütungsausfalles nicht möglichen Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 4 BetrAVG den Versicherungsvertrag mit Eigenbeiträgen des Arbeitnehmers fortzuführen. Auch in dem Fall bleibt der Versicherungsumfang erhalten. Diese Beiträge sind allerdings aus dem eigenen Vermögen des Arbeitnehmers aufzubringen; eine begünstigte Entgeltumwandlung kann  gerade nicht erfolgen.

Drohen Arbeitnehmern Nachteile durch die Kurzarbeit?

Für jeden Arbeitnehmer bedeutet Kurzarbeit grundsätzlich eine Fortsetzung der Beschäftigung. Allerdings erleidet er durch die Einführung von Kurzarbeit wirtschaftliche Nachteile, da das Kurzarbeitergeld nicht vollständig das vertraglich vereinbarte Gehalt abbildet. Statt von Arbeitslosengeld leben zu müssen, erhält auch der Kurzarbeiter sein Gehalt bzw. das Kurzarbeitergeld nach wie vor vom Arbeitgeber.

Dabei erleidet er zwar wirtschaftliche Nachteile – dadurch, dass nur die tatsächlich geleistete Arbeit vergütet wird und ergänzend für die Zeiten des Arbeitsausfalles Kurzarbeitergeld gezahlt wird. Letztendlich liegt das Einkommen aber immer noch über den Leistungen des Arbeitslosengeldes.

Auch die soziale Absicherung verschlechtert sich für Beschäftigte durch Kurzarbeit nicht. Arbeitnehmer in Kurzarbeit müssen zwar Einkommenseinbußen verkraften, bleiben aber sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Ihre soziale Absicherung in der Kranken-, Renten-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung bleibt erhalten.

Letztlich sind die Nachteile, die ein Arbeitnehmer durch die Einführung von Kurzarbeit erleidet, verkraftbar, vergleicht man die Alternative, die im Ausspruch von Änderungskündigungen oder von betriebsbedingten Beendigungskündigungen liegen würden.

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Dieser Beitrag ist Teil des Expertpapers "Covid 19: Arbeitsrechtliche Handlungsoptionen".