Verschärfungen bei der Grunderwerbsteuer: Gesetzesentwurf des BMF veröffentlicht

21.05.2019 – Das BMF hat am 8.5.2019 den Referentenentwurf für ein „Jahressteuergesetz 2019“ veröffentlicht, der unter der amtlichen Bezeichnung „Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ seine Brisanz für die Grunderwerbsteuer nicht erkennen lässt.

Die Verbände haben bis zum 05.06.2019 Zeit zur Stellungnahme. Das Gesetzgebungsverfahren soll im Laufe des Jahres 2019 abgeschlossen werden.

Eine der wesentlichsten Änderungen betrifft die lang und kontrovers diskutierten Verschärfungen der Grunderwerbsteuer bei sogenannten Share Deals. Eine schon bisher sehr komplexe Materie würde durch die Umsetzung der geplanten Änderungen noch einmal komplexer. Die nachfolgend kurz skizzierten Änderungen gelten für Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.12.2019 verwirklicht werden:

  • Die Beteiligungsgrenze für das Vorliegen von grunderwerbsteuerpflichtigen Gesellschafterwechseln bei Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a GrEStG) wird von derzeit 95% auf 90% herabgesetzt; zudem endet die Neugesellschafterstellung nicht mehr nach 5, sondern nach 10 Jahren;
    Übergangsregelungen insoweit: Für Beteiligte, die bis zum 31.12.2019 noch keine Altgesellschafter waren, verlängert sich nach der Neuregelung die bisherige Fünfjahresfrist auf 10 Jahre (mittelbare Rückwirkung des Gesetzes); die Altregelung bleibt für Beteiligungen zwischen 90% und 94,9% erhalten, das Erreichen der 95%-Grenze bleibt in diesen Fällen bis 31.12.2024 steuerbar. Bemerkenswert ist, dass ein Erwerbsvorgang nach der Neuregelung nicht verwirklicht ist, wenn dieser auf einem Verpflichtungsgeschäft beruht, das vor dem Tag der Einbringung des vorliegenden Gesetzesentwurfs in den Bundestag abgeschlossen wurde; dies gilt allerdings nur, wenn das Verpflichtungsgeschäft innerhalb eines Jahres vor diesem Tag der Einbringung in den Bundestag abgeschlossen wurde und innerhalb eines Jahres nach diesem Tag (durch Übertragung der Anteile) erfüllt wird. Es besteht aktuell also noch ein Handlungszeitfenster, um Transaktionen vor der Gesetzesverschärfung zu schützen.
  • Der Gesellschafterwechsel bei Kapitalgesellschaften wird dem bei Personengesellschaften insoweit gleichgestellt (§ 1 Abs. 2b GrEStG). Wenn 90% der Anteile ab 01.01.2020 innerhalb von 10 Jahren auf neue Gesellschafter übergehen, ist dies grunderwerbsteuerbar;
    Übergangsregelung insoweit: Die Neuregelung ist auf Übergänge von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht anzuwenden, die auf einem Verpflichtungsgeschäft beruhen, das vor dem Tag der Einbringung des Entwurfs in den Bundestag geschlossen wurde; dies gilt aber nur, wenn das Verpflichtungsgeschäft innerhalb eines Jahres vor diesem Tag abgeschlossen wurde und innerhalb eines Jahres nach diesem Tag (durch Übertragung der Anteile) erfüllt wird. Auch hier besteht also aktuell noch ein Handlungsfenster, um sich vor der Anwendung der Neuregelung zu schützen.
  • Die (wirtschaftliche) Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 und 3a GrEStG) wird bei allen Gesellschaften nicht mehr bei 95%, sondern bereits bei 90% verwirklicht; Übergangsregelung insoweit: Die Altregelung bleibt für Beteiligungen, die am 31.12.2019 zwischen 90% und weniger als 95% betragen, erhalten; die Vereinigung von 95% der Anteile (oder mehr) bleibt in diesen Fällen steuerbar.
  • Verlängerung der Vor- und Nachbehaltensfristen bei den Steuerbefreiungen für Personengesellschaften nach den §§ 5, 6, 7 GrEStG von 5 auf 10 Jahre. Für die Befreiung nach § 6 GrEStG gibt es eine sehr komplexe Anwendungsregelung, die eine 15-jährige Haltefrist vorsieht: Die Befreiung soll nicht gelten, wenn der Erwerber (im Fall der Erbfolge sein Rechtsvorgänger) im Fall einer (wirtschaftlichen) Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2, Abs. 3a GrEStG) seinen Anteil am Vermögen der Personengesellschaft innerhalb von 15 Jahren vor dem Erwerbsvorgang durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat. Das soll wiederum nicht gelten, wenn einer der Erwerbe der Anteile am Gesellschaftsvermögen durch diesen Erwerber (oder seinem Rechtsvorgänger) zu einem steuerpflichtigen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 2a führte. Auf § 1 Abs. 2b GrEStG n.F. wird bei dieser Rückausnahme hingegen nicht Bezug genommen.
    Übergangsvorschrift insoweit: Wenn die alte Fünfjahresfrist jeweils vor dem 01.01.2020 abgelaufen war, gilt die Verlängerung der Frist nach der Neuregelung nicht. Die Erwerbe bleiben trotz der Neuregelung auch in Zukunft grunderwerbsteuerbefreit.

Insbesondere die vorstehend etwas vereinfacht dargestellten Übergangsregelungen erhöhen die Komplexität der gesetzlichen Regelungen und werden die Gestaltung von Share Deals in naher Zukunft erheblich beeinflussen. Für die Praxis ergeben sich daraus viele Fallstricke, für deren Umgehen ein sorgfältig geplantes und analysiertes Vorgehen notwendig ist, um nicht unnötige Grunderwerbsteuer und damit erhebliche steuerliche Belastungen auszulösen.

Wann der Entwurf in den Bundestag eingebracht wird, ist derzeit noch unklar. Das Plenum tagt vor der parlamentarischen Sommerpause noch bis 17. Mai 2019, bzw. in der 23 KW. (3.-7. Juni). Sollte eine Einbringung des Entwurfs bis dahin nicht erfolgt sein, kann sie erst nach der Sommerpause erfolgen, denn dann tagt der Bundestag erst wieder ab dem 9. September 2019.

Wir halten Sie über die weitere Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens auf dem Laufenden.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2019. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.