Veröffentlichung des Rundschreibens zu Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch 6/2019 (BA)

02.10.2019 – Infolge der von der EBA im Juli 2018 neu veröffentlichten „Leitlinien zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos bei Geschäften des Anlagebuchs“ (EBA/GL/2018/02) hat die BaFin ihr Rundschreiben zu Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch überarbeitet und am 12. August 2019 veröffentlicht. Die neuen Vorgaben treten zum 31. Dezember 2019 in Kraft.

Im Vergleich zum bisher geltenden Rundschreiben 9/2018 (BA) wurden im Wesentlichen die folgenden Neuerungen und Konkretisierungen vorgenommen:

  • Einführung von sechs zusätzlichen Zinsschockszenarien als Frühwarnindikator
  • Vorgaben zum Umgang mit Fremdwährungspositionen
  • Berücksichtigung von Pensionsverpflichtungen und notleidenden Krediten
  • Einführung einer (negativen) laufzeitabhängigen Zinsuntergrenze

Wie bisher haben Kreditinstitute auch zukünftig regelmäßig einen Standardtest mittels Parallelverschiebung der Zinsstrukturkurve um +200 bzw. -200 Basispunkte zu simulieren und die negative Barwertveränderung des Zinsbuchs (Barwertverlust) ins Verhältnis zu den regulatorischen Eigenmitteln zu setzen. Überschreitet der daraus resultierende Zinsrisikokoeffizient 20 %, gilt das Institut als „Institut mit erhöhten Zinsänderungsrisiken“. Dies kann die Aufsichtsbehörden dazu veranlassen, erhöhte Eigenmittelanforderungen im Zuge des Supervisory Review and Evaluation Process (SREP) für das Institut festzulegen.

Als Ergänzung zum bisherigen Standardtest sind in Zukunft die Auswirkungen der nachfolgend dargestellten Zinsschockszenarien auf den Zinsbuchbarwert zu berechnen (sog. Frühwarnindikator) und vierteljährlich im Rahmen der Meldung nach der Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationenverordnung (FinaRisikoV) auf Einzelinstituts- und Gruppenebene an die Aufsicht zu melden:   

a) Parallelverschiebung aufwärts

b) Parallelverschiebung abwärts

c) Versteilung

d) Verflachung

e) Kurzfristschock aufwärts

f) Kurzfristschock abwärts

In welcher Höhe der jeweilige Zinsschock zu erfolgen hat, richtet sich nach der Währung. Das Rundschreiben 6/2019 (BA) enthält hierfür eine Tabelle mit währungsspezifischen Vorgaben. Als kritischer Schwellenwert gilt bei dem Frühwarnindikator ein Wert von 15 %, welcher sich als Barwertverlust im Verhältnis zum regulatorischen Kernkapital bestimmt. Unmittelbare Konsequenzen aus dem Überschreiten des Schwellenwerts sind aufsichtsrechtlich zunächst nicht vorgesehen. Vielmehr dienen die zusätzlichen Szenarien den Aufsichtsbehörden in einem von Negativzinsen geprägten Marktumfeld zur Informationsgewinnung in Bezug auf die Risikostruktur einzelner Institute sowie des gesamten Bankensektors. In welchem Umfang diese Informationen im Rahmen des SREP Berücksichtigung finden, ist von den institutsspezifischen Gegebenheiten abhängig. 

Sofern eine Fremdwährung mehr als 5 % der zinstragenden Positionen der Aktiv- oder Passivseite im Anlagebuch ausmacht, sind sämtliche Zinsschockszenarien für diese Fremdwährung separat zu berechnen und anschließend in Euro zum Stichtagskurs umzurechnen sowie mit den positiven und negativen Barwertveränderungen anderer Währungen zu kumulieren. Eine Berücksichtigung positiver Veränderungen darf dabei mit bis zu 50 % erfolgen. Wenn die Summe der in die Berechnung einbezogenen zinstragenden Positionen weniger als 90 % der zinstragenden Positionen der Aktiv- oder Passivseite im Anlagebuch entspricht, müssen auch Fremdwährungen unterhalb der 5 %-Schwelle einbezogen werden.

Bei der Berechnung des Barwertverlusts haben Institute grundsätzlich Pensionsverpflichtungen miteinzubeziehen, es sei denn, dass die daraus resultierenden Risiken bereits anderweitig für die Risikoüberwachung und -steuerung quantifiziert werden. Des Weiteren sind notleidende Forderungen zu berücksichtigen, sofern sich deren Volumen auf mehr als 2 % des gesamten Kreditportfolios beläuft.

Eine weitere wesentliche Neuerung ist die Einführung einer (negativen) laufzeitabhängigen Zinsuntergrenze, welche bei Simulation der einzelnen Zinsschockszenarien zu beachten ist. Diese liegt bei -100 Basispunkten für Positionen mit sofortiger Fälligkeit und erhöht sich linear über einen Zeitraum von 20 Jahren um fünf Basispunkte pro Jahr. Liegt der beobachtbare Marktzinssatz allerdings unterhalb der laufzeitabhängigen Zinsuntergrenze, ist dieser als Zinsuntergrenze zu verwenden.

Als Konsequenz aus der Veröffentlichung des Rundschreibens werden derzeit die Meldebögen für die aufsichtlichen Meldungen nach der FinaRisikoV überarbeitet. Sofern die neuen Meldebögen nicht bis zum Jahresende verabschiedet werden, wird die Aufsicht den Instituten eine Excel-Tabelle zur Meldung der erweiterten Informationen zu Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch bereitstellen.      

Weitere Autoren:

Lena Stanulla

Katharina Thomas

Marvin Strache