Grundsteuerreform

03.07.2019 – Verfassungskonform, gerechter und teurer?

Ausgangslage

Die Grundsteuer wird jährlich auf den Grundbesitz, also auf Grundstücke und Gebäude, erhoben. Die Grundsteuer wird grundsätzlich von den Eigentümerinnen und Eigentümern gezahlt, Mieter zahlen sie oft versteckt über die Betriebskosten. Es gibt also kaum jemanden, den diese Steuerreform nicht direkt oder indirekt betrifft. Neben Wohnungsgrundstücken unterliegen auch gewerblich genutzte Grundstücke und, wenn es nach der Großen Koalition geht, auch bald unbebaute, baureife Grundstücke der Grundsteuer.

Die Einnahmen durch die Grundsteuer fließen ausschließlich den Städten und Gemeinden zu und sind so ziemlich deren wichtigste Einnahmequelle.

Mit Urteil vom 10.4.2018 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) der Einheitsbewertung aus „grauer Vorzeit“ (aus 1935 und 1962) als Bemessungsgrundlage der Grundsteuer eine klare Absage erteilt. Das Festhalten an den Hauptfeststellungszeitpunkten von 1962 und 1935 ist verfassungsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigen. Wenn bis Ende des Jahres 2019 nicht eine Neuregelung gefunden wird, darf die Grundsteuer nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ab dem 1.1.2020 nicht mehr erhoben werden.

Gesetzespaket zur Neuregelung

Große Koalition: Einigung zur Reform der Grundsteuer

Die Bundesregierung hat das Gesetzgebungsverfahren für die Neuregelung der Grundsteuer am 21.6.2019 mittels Umlaufbeschluss in die Wege geleitet. Das nun vom Bundestag zu beschließende Gesetzespaket besteht aus drei Gesetzen. Erstens aus dem Gesetzesentwurf zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts. Zweitens aus dem Gesetzesentwurf zur Einführung einer Grundsteuer C, mit der Spekulationsgeschäfte auf steigende Grundstückspreise für Bauland sanktioniert werden sollen. Und drittens, aus dem Gesetzesentwurf zur Änderung des Grundgesetzes, die die Neuregelung, insbesondere die darin enthaltene neue Berechtigung der Bundesländer zu abweichenden Regelungen, verfassungsrechtlich absichern soll.

Für die notwendige Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder im Bundestag und der Stimmen im Bundesrat erforderlich (Art. 79 Abs. 2 GG). Auch wenn keine Partei ernstliches Interesse daran haben dürfte, dass die Grundsteuer ab 2020 nicht mehr erhoben werden darf, ist davon auszugehen, dass zur Verfassungsänderung Kompromisse eingegangen werden müssen. Damit sind Änderungen der Gesetzesentwürfe während des Gesetzgebungsverfahrens wahrscheinlich.

Eckpunkte der neuen Grundsteuer: Bayern setzt Öffnungsklausel durch

Die Grundsteuer wird auch zukünftig in drei Schritten berechnet: Wert x Steuermesszahl x Hebesatz. Wie bereits im Vorfeld bekannt wurde, wird der Grundbesitzwert künftig nicht lediglich an der Größe des Grundstücks bemessen. Bei der Ermittlung der Grundsteuer für Wohngrundstücke geht es konkret um fünf Parameter: Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Alter des Gebäudes und Mietniveaustufe. Nach derzeitiger Bewertung sind rund 20 Faktoren zu berücksichtigen. Für Gewerbegrundstücke sollen die maßgeblichen Faktoren von bisher über 30 auf maximal 8 reduziert werden.

Die aus der Reform der Immobilienbewertung resultierenden höheren Immobilienwerte sollen teilweise durch eine Senkung der Steuermesszahl auf 1/10 des bisherigen Faktors abgefangen werden. Zusätzlich sollen Immobilien des sozialen Wohnungsbaus, kommunale sowie gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften unter bestimmten Voraussetzungen durch einen Abschlag auf die Steuermesszahl begünstigt werden. Dieser Abschlag soll 25 % betragen und laut Bundesministerium für Finanzen „für Gesellschaften, die günstiges Wohnen möglich machen“ gelten.

Die dritte Stellschraube der Grundsteuer bildet der Hebesatz, den jede Kommune selbst festlegt. Nach Willen des Bundesministeriums für Finanzen sollen die Kommunen ein durch die Neuregelung verändertes Grundsteueraufkommen mittels Neufestlegung des Hebesatzes wieder auf ein vergleichbares Niveau wie vor der Reform lenken. Das bedeutet konkret, steigt das Grundsteueraufkommen, was aufgrund der höheren neuen Immobilienwerte zu erwarten ist, sollen die Gemeinden ihren Hebesatz senken. Sollte wiederum das Grundsteueraufkommen sinken, können die Kommunen den Hebesatz entsprechend anheben. Ob die Steuerzahler tatsächlich insgesamt nicht höher belastet werden, hat also nicht der Bund in der Hand. Schlussendlich wird auf kommunaler Ebene entschieden, ob die Grundsteuerbelastung des Einzelnen steigt. Die Verlockung der Kommunen, die Hebesätze wie bisher zu belassen und ein höheres Steueraufkommen zu generieren, dürfte jedenfalls groß sein.

„Die gute Nachricht für die Steuerzahler ist, dass sie insgesamt nicht höher belastet werden.“ (Bundesfinanzminister Olaf Scholz zur Grundsteuerreform)

Bisherige Überlegungen, einen Zuschlag für Metropolen zu erheben, haben wohl aufgrund der angespannten Wohnungssituation keinen Eingang in die Entwürfe gefunden. Eine Änderung gegenüber den Referentenentwürfen ist auch, dass bei Geschäftsgrundstücken nur noch ausschließlich das Sachwertverfahren angewendet werden soll. Es mutet daher wie ein Kompromiss an, dass nun mittels einer Grundsteuer C ein „Anreiz“ geschaffen werden soll, unbebaute Grundstücke mit Wohnhäusern zu bebauen. Umgesetzt werden soll die Grundsteuer C im „Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung“. Laut der Begründung zum Entwurf soll die Grundsteuer C verhindern, dass Grundstücke aufgekauft werden, um eine Wertsteigerung abzuwarten und die Grundstücke anschließend gewinnbringend wieder zu veräußern. Das Gesetz ermöglicht es den Gemeinden, einen erhöhten, einheitlichen Hebesatz auf baureife Grundstücke einzuführen, und hofft, damit einen Anreiz zu schaffen, die baureifen Grundstücke einer sachgerechten und sinnvollen Nutzung durch Bebauung zuzuführen.

Flickenteppich Grundsteuer: Wer macht Gebrauch von der konkurrierenden Gesetzgebung?

Auf Drängen der bayerischen CSU sollen die Bundesländer auf Grundlage einer Verfassungsänderung in konkurrierender Gesetzgebungskompetenz zum Bund eigene Regelungen zur Grundsteuer treffen können. Das bedeutet konkret: Die Neuregelungen des Bundesgesetzgebers zur Grundsteuer gelten zunächst für alle Bundesländer einheitlich, aber jedes Bundesland hat die Möglichkeit, durch Gesetz abweichende Regelungen zu treffen.

Trotz der Möglichkeit, ein eigenes Grundsteuergesetz erlassen zu können, ist zumindest vorerst nicht zu befürchten, dass jedes Bundesland eigene Regelungen beschließt. Bisher hat lediglich Bayern angekündigt, von der abweichenden Regelungsmöglichkeit Gebrauch machen zu wollen. Dort ist geplant, die Grundsteuer nur nach den Flächen, also der Quadratmeterzahl von Gebäuden und Grundstücken erheben zu wollen. Andere Bundesländer wollten zunächst einmal abwarten, wie das neue Bundesgesetz am Ende aussehen wird. Nach unbestätigten Verlautbarungen plant die Senatsverwaltung in Berlin, keinen Gebrauch von einer etwaigen Öffnungsklausel zu machen.

Die erste Gesetzeslesung im Bundestag hat bereits am 27.6.2019 stattgefunden. Die Gesetzesentwürfe wurden nach erfolgter Aussprache im Plenum an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Das Gesetzgebungsverfahren ist damit in Gang gesetzt. Das Zustandekommen der für die Verfassungsänderung notwendigen Zweidrittelmehrheit im Bundestag ist derzeit noch unsicher. Es ist damit zu rechnen, dass die notwendigen Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP nur durch Kompromisse zu erhalten sind. Es ist zu erwarten, dass die Gesetzesentwürfe letztlich in geänderter Fassung zur Abstimmung gestellt werden.

Bei Fragen zu der geplanten Gesetzesänderung stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

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