BFH zur erweiterten Kürzung bei Grundstücksunternehmen

01.04.2019 – Großer Senat des BFH: Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung scheitert nicht daran, dass Beteiligung an rein vermögensverwaltender Personengesellschaft besteht

Durch die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG können Unternehmen, die allein kraft Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegen, ihren Gewerbeertrag kürzen, sofern sie ausschließlich eigenen Grundbesitz oder daneben eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen. Dem Großen Senat des BFH wurde die Frage vorgelegt, ob „eigener“ Grundbesitz auch der Grundbesitz einer rein vermögensverwaltenden Tochter- Personengesellschaft sein kann. Diese Frage hat der Große Senat mit Beschluss vom 25.9.2018 (GrS 2/16) bejaht und sich damit der überwiegenden Literaturmeinung angeschlossen. Das dem Verfahren beigetretene BMF hatte sich gegen eine Anwendbarkeit der erweiterten Kürzung in derartigen Fällen ausgesprochen. Die Reaktion des BMF auf den Beschluss des Großen Senats bleibt daher abzuwarten.

Die Entscheidung

Dem Großen Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) wurde vom IV. Senat am 21. Juli 2016 die Rechtsfrage vorgelegt, ob einem allein kraft Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegenden Unternehmen die erweiterte Kürzung des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG zu verwehren ist, weil es an einer rein grundstücksverwaltenden, nicht gewerblichen geprägten Personengesellschaft beteiligt ist. In dem zugrundeliegenden Verfahren war der Klägerin, einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG, die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung verwehrt worden. Sie war an einer rein vermögensverwaltenden GbR beteiligt, welche Eigentümerin von Grundbesitz war. Die Klägerin machte für ihre aus dieser Beteiligung bezogenen anteiligen Mieterträge die erweiterte Kürzung geltend. Diese wurde ihr mit der Begründung versagt, sie sei nicht selbst zivilrechtliche Eigentümerin von Grundbesitz, und die Beteiligung an der GbR stelle keinen eigenen Grundbesitz im Sinne des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG dar.

Der IV. Senat war der Meinung, dass der Klägerin die erweiterte Kürzung zu gewähren sei, da ertragsteuerrechtlich das Eigentum einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft den Gesellschaftern anteilig zuzurechnen sei. An dieser Entscheidung sah sich der IV. Senat jedoch aufgrund eines Urteils des I. Senats gehindert, in welchem dieser entschieden hatte, dass eine vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft die erweiterte Kürzung nicht in Anspruch nehmen könne, wenn sie Grundbesitz lediglich über die Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft hält und damit eigener Grundbesitz nur dann gegeben sei, wenn das Grundstücksunternehmen auch zivilrechtlicher Eigentümer des Grundbesitzes ist (BFH vom 19.10.2010, I R 67/10).

Der Große Senat hat sich in seiner Entscheidung der Auffassung des IV. Senats sowie der überwiegenden Literaturmeinung angeschlossen. Auch der Grundbesitz einer vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Tochter-Personengesellschaft sei „eigener“ Grundbesitz der Muttergesellschaft, da es hierbei nicht auf die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse, sondern auf die steuerrechtliche Zuordnung ankomme. Steuerlich komme es wegen der Bruchteilsbetrachtung, die aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO folgt, zu einer anteiligen Zurechnung des Grundbesitzes zum Betriebsvermögen der Gesellschafterin. Es entspreche somit der Systematik des Gewerbesteuergesetzes, aber auch dem Regelungszweck des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG und dem historischen Regelungskontext, der Klägerin die erweiterte Kürzung nicht zu verwehren.

Hintergrund

Gewerblich tätige Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften unterliegen grundsätzlich der Gewerbesteuer. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gem. § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG kommt es zur sogenannten einfachen Kürzung für zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden Grundbesitz. Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder daneben eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, steht gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG die sogenannte erweiterte Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags zu, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Die Finanzverwaltung und auch der I. Senat des BFH hatten sich bislang auf den Standpunkt gestellt, dass „eigener“ Grundbesitz im Sinne der erweiterten Kürzung nicht solcher Grundbesitz sein könne, dessen zivilrechtlicher Eigentümer nicht der Steuerpflichtige selbst ist. Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit mehrfach entschieden habe, dass es nicht zu beanstanden sei, den Kreis der Unternehmer, denen die erweiterte Kürzung zusteht, eng zu begrenzen.

Diese Sichtweise hatte zur Folge, dass das Ergebnis, welches eine rein vermögensverwaltende Personengesellschaft aus der Verwaltung und Nutzung ihres Grundbesitzes erzielte, auf Ebene einer an ihr beteiligten Kapital- oder gewerblich geprägten Personengesellschaft der Gewerbesteuer unterlag, auch wenn die Gesellschafterin selbst nur vermögensverwaltend tätig und somit nur aufgrund ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig war. Die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG hätte die Gesellschafterin für den Grundbesitz der vermögensverwaltenden Tochterpersonengesellschaft hingegen in Anspruch nehmen können, da für diese Kürzungsvorschrift auch nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht auf das zivilrechtliche Eigentum, sondern die steuerliche Zuordnung des Grundstücks abzustellen ist. Diese erfolgt gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO bei den Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligungshöhe (Bruchteilsbetrachtung).

Bedeutung

Der Beschluss des Großen Senats ist aus Sicht von Grundstücksunternehmen erfreulich. Folgt man der Argumentation des Gerichts, steht die Beteiligung an einer rein vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft, die Grundbesitz hält, der Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung weder auf Ebene einer Kapitalgesellschaft noch einer gewerblich geprägten Personengesellschaft entgegen, sofern die Voraussetzungen für die Kürzungsvorschrift im Übrigen vorliegen. Möglich sollte die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung somit auch dann sein, wenn Grundstücke teilweise von der Gesellschaft selbst und teilweise von einer rein vermögensverwaltenden Tochter-Personengesellschaft gehalten werden. Für Grundstücksgesellschaften bieten sich somit vielfältigere Investitionsmöglichkeiten. Abzuwarten bleibt jedoch die Reaktion der Finanzverwaltung.

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