Besteuerung der Abgabe von Medikamenten durch eine Krankenhausapotheke

08.10.2019 – 2018 gab es in Deutschland 375 Krankenhausapotheken, in denen 2.445 Apotheker tätig waren. Diese stellen in erster Linie die Versorgung der Krankenhausstationen mit den benötigten Arzneimitteln sicher und beraten die behandelnden Ärzte, Patienten und das Pflegepersonal bei medikationsbezogenen Fragen. Darüber hinaus dürfen die Krankenhausapotheken gemäß § 14 Apothekengesetz andere Krankenhäuser mit Arzneimitteln versorgen und Medikamente an Patienten im Rahmen einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus durch hierzu ermächtigte Ambulanzen oder die persönlich ermächtigten Krankenhausärzten abgeben. An Beschäftigte des Krankenhauses dürfen Arzneimittel nur für deren unmittelbaren eigenen Bedarf abgegeben werden.

STATIONÄRE VERSORGUNG

Die Medikamentenabgabe im Rahmen der stationären Patientenversorgung wird nicht gesondert vergütet, sondern ist über die DRG-Fallpauschalen abgegolten. Aus steuerlicher Sicht ist die Abgabe damit untrennbarer Teil der Heilbehandlungsleistung und entsprechend gemäß § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerbefreit und dem steuerbegünstigten Krankenhauszweckbetrieb i. S. d. § 67 AO zuzurechnen.

LIEFERUNG OHNE HEILBEHANDLUNG

Anders verhält es sich mit den Lieferungen und Abgaben in den anderen Konstellationen. Hier wird jeweils gesondert Rechnung gelegt und somit ein eigenständig potenziell steuerpflichtiger Sachverhalt geschaffen.

Bei der Lieferung von Medikamenten an andere Krankenhäuser oder das Personal des Krankenhauses liegt umsatzsteuerlich – wie auch bei jeder öffentlichen Apotheke – eine umsatzsteuerpflichtige Medikamentenlieferung vor. Diese erfolgt außerhalb des Krankenhaus-Zweckbetriebes und begründet damit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, welcher der Körperschaft- und Gewerbesteuer unterliegt. Für die Berechnung des steuerpflichtigen Gewinns ist es erforderlich, dass neben den Einnahmen auch die zugehörigen Aufwendungen gesondert ermittelt werden.

ABGABE IM RAHMEN EINER HEILBEHANDLUNG

Die Abgabe von Arzneimitteln an ambulant behandelte Patienten des Krankenhauses ist nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dagegen dem Krankenhaus-Zweckbetrieb jedenfalls dann zuzurechnen, wenn

  • das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrages von Gesetzes wegen zu dieser Leistung befugt ist und
  • die Sozialversicherungsträger als Kostenträger für ihre Versicherten deshalb grundsätzlich zur Kostenübernahme verpflichtet sind.

Das BMF hat mit Änderung zum 1.1.2019 diese Grundsätze durch Änderung der Verwaltungsvorschriften (hier: AEAO zu § 67 AO) für die Anwendung durch die Finanzverwaltung als verbindlich erklärt.

In einem jüngst veröffentlichten Urteil hat der BFH zudem klargestellt, dass es für die Zuordnung der Medikamentenabgabe unbeachtlich ist, ob bei ambulanter Behandlung durch einen ermächtigten Krankenhausarzt dessen Tätigkeit arbeitsrechtlich als Dienstaufgabe ausgestaltet ist oder nicht (BFH vom 6.6.2019 – V R 39/17, BFH/NV 2019, 935). Bereits früher hatte der BFH zudem für die Abgabe von Faktorpräparaten zur Heimselbstbehandlung durch ein Universitätsklinikum entschieden, dass auch der tatsächliche Ort der Verabreichung (im Urteilsfall durch die Patienten selbst und zu Hause) für die Zuordnung zum Zweckbetrieb unbeachtlich ist (BFH vom 18.10.2017 – V R 46/16, BStBl. II 2018, 672). Dass es für die Zurechnung zum Zweckbetrieb auch nicht darauf ankommt, ob die Abgabe an einen Kassen- oder einen Privatpatienten erfolgt, hat der BFH bereits mit dem Urteil zur ertragsteuerlichen Behandlung der ambulanten Zytostatikaabgabe im Krankenhaus entschieden (BFH vom 31.7.2013 – I R 82/12, BStBl. 2015, II 123, Rn. 28ff). Die Abgabe von patientenindividuell zubereiteten Arzneimitteln, z. B. Zytostatika, ist von der Umsatzsteuer befreit. Diese gelten aufgrund ihrer Unentbehrlichkeit zur Erreichung der mit der Heilbehandlung verfolgten therapeutischen Ziele als sog. eng verbundene Umsätze und sind als solche von der Steuerbefreiung für Heilbehandlungsleistungen gemäß § 4 Nr. 14 UStG mit umfasst (BFH vom 24.9.2014 – V R 19/11, BStBl. 2016, 781). Die Abgabe der Zytostatika ist nämlich im Zeitpunkt der Erbringung der ärztlichen Leistung im Rahmen der ambulanten Krebsbehandlung eines Patienten unerlässlich, da diese ärztliche Leistung ohne diese Medikamentenabgabe sinnlos wäre („therapeutisches Kontinuum“ in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht bei der Erbringung der ärztlichen Heilbehandlung, vgl. EuGH vom 13.3.2014 – C-366/12).

Die Finanzverwaltung hat sich der Rechtsprechung in den Verwaltungsanweisungen (A 4.14.6 Absatz 2 Nr. 3 UStAE) angeschlossen. Danach ist weiterhin die Abgabe von patientenindividuell hergestellten Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke eines Krankenhauses zur Behandlung eines Patienten in einem Krankenhaus desselben Unternehmers an einem anderen Standort unschädlich. Dagegen reicht bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln das „therapeutische Kontinuum“ nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht für eine Qualifizierung als eng mit der Heilbehandlung verbundener Umsatz aus, sodass diese umsatzsteuerpflichtig ist. Aufgrund der Zurechnung zum Krankenhaus- Zweckbetrieb i. S. d. § 67 AO dürfte die Medikamentenabgabe allerdings in der Regel dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zugänglich sein (vgl. A 12.9 Abs. 10 UStAE). Eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu liegt aber noch nicht vor. Gleichwohl ist es erfreulich, dass sich aus der Rechtsprechung der letzten Jahre eine halbwegs nachvollziehbare Systematik der Besteuerung von Medikamentengaben der Krankenhausapotheken ergibt. Die 2.445 Krankenhausapotheker können sich somit auch ohne aufwendige steuerliche Fortbildung der Sicherstellung der Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln widmen.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 2-2019. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.