Bundesfinanzhof hält Zinsschranke für verfassungswidrig

Betrieblich veranlasste Zinsaufwendungen sind grundsätzlich als Betriebsausgaben abziehbar. Hiervon abweichend wird unter bestimmten Bedingungen gesetzlich eine Abzugsbeschränkung für Zinsaufwendungen, die den Zinsertrag übersteigen, angeordnet (sog. Zinsschranke). Voraussetzung für die Anwendung der Zinsschranke ist insbesondere, dass der Saldo der Zinsaufwendungen und der Zinserträge mindestens 3 Mio. € ausmacht. Zinsaufwendungen, die auf Grund der Zinsschranke nicht abgezogen werden dürfen, sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (Zinsvortrag). Sie erhöhen in den folgenden Wirtschaftsjahren die Zinsaufwendungen und sind unter erneuter Beachtung der Zinsschrankenregelung in den folgenden Wirtschaftsjahren abzugsfähig. Insbesondere bei Immobilienunternehmen und auch bei anderen Unternehmen mit hoher Fremdfinanzierung kann die Anwendung der Zinsschranke zu hohen steuerlichen Mehrbelastungen führen.

Der Bundesfinanzhof hält die Regelung zur Zinsschranke für verfassungswidrig und hat nun mit Beschluss vom 14.10.2015 (Aktenzeichen I R 20/15) die Rechtssache dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Den Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes begründet der Bundesfinanzhof damit, dass die Zinsschranke das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des Ertragsteuerrechts nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des Stpfl. verletze. Die Zinsschranke missachte das objektive Nettoprinzip, da nicht mehr das Nettoeinkommen der Besteuerung zu Grunde gelegt werde. Das Abzugsverbot rechtfertige sich mangels folgerichtiger Umsetzung auch weder durch den vom historischen Gesetzgeber angeführten Zweck der Eigenkapitalstärkung noch durch das Ziel der Sicherung des deutschen Steuersubstrats. Gleiches gelte für das Anliegen, unkalkulierbare Steuerausfälle zu vermeiden.

Im Streitfall wurde die Zinsschranke bei der zu einem inländischen Konzern gehörenden Kapitalgesellschaft, die in der Immobilienbranche tätig ist, angewandt und der Betriebsausgabenabzug nach Maßgabe der Zinsschranke begrenzt. Darüber hinaus entfiel der zum Ende des ersten Streitjahrs festgestellte Zinsvortrag im Folgejahr infolge einer betriebsbezogenen Umstrukturierung. Die Steuerbelastung in diesem „reinen Inlandsfall“ (keine Finanzierung aus dem Ausland) wertet der Bundesfinanzhof aus den vorgenannten Gründen als gleichheitswidrigen Eingriff in den Kernbereich des ertragsteuerrechtlichen Nettoprinzips, der auch nicht durch den Aspekt der Missbrauchsverhinderung gerechtfertigt werden könne.

Handlungsempfehlung:

Einschlägige Steuerbescheide sollten dringend verfahrensrechtlich offen gehalten werden.