Vorsteueraufteilung im nicht unternehmerischen Bereich

Im Urteil vom 22. Oktober 2015 (Az. C-126/14) hatte der EuGH vordergründig darüber zu entscheiden, wie der – für den Vorsteuerabzug notwendige – „unmittelbare direkte Zusammenhang“ zwischen dem Eingangsumsatz und dem steuerpflichtigen Ausgangsumsatz zu definieren ist. Im vorliegenden Streitfall hatte sich die Klägerin, eine juristische Person mit Gewinnerzielungsabsicht, gegenüber einem Ministerium verpflichtet, im Rahmen eines Projekts einen „Entdeckungsweg zur baltischen Mythologie“ zu errichten sowie diesen anschließend der Öffentlichkeit kostenfrei zugänglich zu machen. Das Ministerium gewährte daraufhin einen Zuschuss in Höhe von 90 % der – für den Freizeitweg anfallenden – Kosten.

Die Klägerin beabsichtigte nach der Errichtung des Freizeitweges, Einnahmen durch den Verkauf von Souvenirartikeln und Verpflegungsleistungen zu erzielen. Daraufhin brachte sie die Vorsteuer für den Erwerb und die Herstellung von bestimmten Investitionsgütern im Rahmen der Arbeiten zur Errichtung des Freizeitweges in Abzug und gab eine entsprechende Umsatzsteuererklärung ab, in der sie die entrichtete Vorsteuer als abziehbar ansetzte. Die zuständige Steuerbehörde versagte der Klägerin jedoch den Abzug der erklärten Vorsteuer mit dem Verweis, dass zwischen den in Rede stehenden Kosten sowie dem entgeltlichen Souvenirund Speisenverkauf kein ausreichender Zusammenhang besteht.

Der EuGH widersprach dieser Auffassung und entschied, dass zwischen der Errichtung eines kostenfrei nutzbaren Freizeitweges und dem anschließenden Verkauf von Souvenirartikeln und Verpflegungsleistungen an Besucher ebendieses Ortes ein (weit verstandener) unmittelbarer Zusammenhang besteht. Da der Weg kostenfrei zur Verfügung gestellt wird, müsse untersucht werden, ob die Kosten der Anschaffung oder Herstellung des Weges (zumindest) zu den Kostenelementen der versteuerten, zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören. Da Letzteres im Streitfall feststand, gewährt der EuGH der Klägerin den Vorsteuerabzug in vollem Umfang. In seiner Begründung heißt es, dass „die Finanzverwaltungen und die nationalen Gerichte bei der Anwendung des Kriteriums des unmittelbaren Zusammenhangs alle Umstände zu berücksichtigen haben, unter denen die betreffenden Umsätze ausgeführt wurden, und nur die Umsätze heranzuziehen sind, die objektiv im Zusammenhang mit der der Steuer unterliegenden Tätikeit des Steuerpflichtigen stehen“. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass der Vorsteuerabzug nicht schon allein dadurch ausgeschlossen wird, dass mit Investitionsgütern keine Umsätze geplant sind, sondern das Investitionsgut nur mittelbar der Erzielung von steuerpflichtigen Umsätzen dient.

Hervorzuheben ist darüber hinaus, dass der EuGH die vom Ministerium erhaltenen (echten) Zuschüsse für den Vorsteuerabzug als unschädlich erachtet. Anders sieht dies der BFH, welcher in einem Urteil vom 22. April 2015 (Az. XI R 10/14, DStR 2015, 1914) darauf verwies, dass ebensolche Vorsteuerbeträge grundsätzlich einem Aufteilungsgebot unterliegen. Der EuGH allerdings hat trotz Zuschusses der Klägerin den vollständigen Vorsteuerabzug gewährt. Es bleibt abzuwarten, wie der BFH in künftigen Urteilen hierauf reagieren wird.

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Thorsten Möws
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Dies ist ein Beitrag aus unserem NPO-Newsletter 1/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier.