Verluste aus dem Verfall von Optionen mindern die Einkünfte aus Kapitalvermögen

Mit drei Urteilen vom 12.1.2016 (IX R 48/14, IX R 49/14, IX R 50/14) hat der BFH entgegen der Rechtsauffassung des BMF (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, Rz. 27, und 27.3.2013) entschieden, dass Verluste aus der Nichtausübung einer Option i. S. v. § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG die Einkünfte aus Kapitalvermögen mindern.

Zum Hintergrund: Mit dem „Unternehmenssteuerreformgesetz 2008“ wurden Veräußerungsgewinne aus Termingeschäften (Optionsgeschäfte, Swaps, Devisentermingeschäfte, Forwards oder Futures) i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG a. F. generell dem 25-prozentigen Abgeltungsteuersatz unterworfen. Die Steuerfreiheit für solche Veräußerungsgeschäfte nach Einhaltung einer einjährigen Haltefrist (Spekulationsfrist) wurde abgeschafft.

Die zur alten Rechtslage vertretene Auffassung der ertragsteuerlichen Trennung zwischen Eröffnungs- und Basisgeschäft („Trennungstheorie“) kann nach Ansicht des BFH aufgrund der vom Gesetzgeber erwünschten erweiterten Erfassung solcher Geschäfte nach Einführung der Abgeltungsteuer nicht aufrechterhalten werden. Diese Rechtsgeschäfte müssten nun als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a EStG ist der „Vorteil“ aus einem Termingeschäft ertragsteuerlich unabhängig davon zu erfassen, ob der Steuerpflichtige den Barausgleich aufgrund einer günstigen Wertentwicklung durchführt oder ob er im Fall einer für ihn ungünstigen Wertentwicklung das Recht verfallen lässt. In einem ähnlichen Verfahren zum alten Recht, das jedoch sog. Knock-out-Optionen betraf, die dadurch gekennzeichnet sind, dass bei Eintritt einer Bedingung die Option auch ohne Entscheidung des Käufers verfällt, versagte der BFH (IX R 20/14 vom 10.11.2015) zwar die Berücksichtigung von Verlusten aus dem Verfall. Er wies jedoch explizit darauf hin, dass die von ihm entwickelten Maßstäbe lediglich altes Recht betreffen, nicht aber für die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach Einführung der Abgeltungsteuer relevant sind. Zum neuen Recht hat das FG Düsseldorf bereits mit Urteil vom 25.2.2015 die Verlustberücksichtigung bei Knock-out-Optionen zu-gelassen; durch Revision hat der BFH nun Gelegenheit, hier zum neuen Recht zu entscheiden.

Das BMF greift im aktuellen Schreiben zur Abgeltungsteuer vom 18.1.2016 die Entwicklung in der Rechtsprechung verständlicherweise noch nicht auf.

Praxistipp: Im Hinblick auf Optionsverluste kann gegen Bescheide ab 2009 unter Bezugnahme auf die aktuellen Urteile des BFH (IX. R 48/14, IX. R 49/14, IX. R 50/14) Einspruch eingelegt werden. Für aktuell abzugebende Steuererklärungen können unter Nennung der Urteile entsprechende Verluste erklärt werden, wobei die Steuerbescheinigungen der Banken diese bisher nicht berücksichtigen, sodass gesonderte Berechnungen zu erfolgen haben. Für Altfälle bis 2008 kann ein Offenhalten der Bescheide unter Hinweis auf die gegen das Urteil des BFH vom 10.11.2015 (IX R 20/14) erhobene Verfassungsbeschwerde (2 BvR 217/16) sinnvoll sein. Mehr Aussicht auf Erfolg verspricht das Offenhalten bei Verlusten aus Knockout- Optionen ab 2009 (unter Hinweis auf das anhängige Verfahren IX R 39/14).

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.