Neues zur Flüchtlingshilfe

Mit Schreiben vom 09.02.2016 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) erneut zur steuerlichen Behandlung von Leistungen im Rahmen der Flüchtlingshilfe Stellung genommen (III C3 – S 7130/15/10001). Das BMF erläutert in diesem Schreiben im Wesentlichen die umsatzsteuerliche Behandlung von Leistungen steuerbegünstigter Körperschaften in der Flüchtlingshilfe.

Die Finanzverwaltung stellt fest, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft, die sich an der vorübergehenden Unterbringung, Betreuung, Versorgung und Verpflegung von Flüchtlingen beteiligt und dafür Entgelte aus öffentlichen Kassen (oder von anderen steuerbegünstigten Körperschaften) erhält, entsprechende Einnahmen dem ertragsteuerfreien Zweckbetrieb zuordnen kann. Dies gilt auch dann, wenn der Satzungszweck der steuerbegünstigten Körperschaft nicht die Förderung der Flüchtlingshilfe ist.

  • Beispiel: Eine gemeinnützige und somit steuerbegünstigte Jugendeinrichtung, deren alleiniger Satzungszweck die Förderung der Jugendhilfe ist, nimmt Flüchtlinge in ihrer Einrichtung auf, betreut und verpflegt sie. Die Einnahmen, die die Jugendeinrichtung dafür von der Stadt B erhält, können dem ertragsteuerfreien Zweckbetrieb zugeordnet werden.

Darüber hinaus können Umsatzsteuerermäßigungen und -befreiungen, die auf vergleichbare Leistungen der jeweiligen Einrichtungen an andere Leistungsempfänger bereits angewendet werden, auch auf die Flüchtlingshilfe übertragen werden.

  • Beispiel: Die o. g. Jugendeinrichtung erbringt Leistungen gegenüber Jugendlichen, die gemäß § 4 Nr. 25 UStG umsatzsteuerbefreit sind. Die Unterkunfts-, Betreuungs-, Versorgungs- und Verpflegungsleistungen der Jugendeinrichtung, die gegenüber den Flüchtlingen erbracht werden und für die sie von der Stadt B ein Entgelt erhält, stellen umsatzsteuerbefreite Leistungen der Einrichtung dar.

Die Umsatzsteuerbefreiung gilt insbesondere auch bei Wohlfahrtseinrichtungen, deren Leistungen gemäß § 4 Nr. 18 UStG umsatzsteuerbefreit sind. Darunter fallen auch Personalgestellung zwischen begünstigten Einrichtungen zur Flüchtlingshilfe sowie die Lieferung von Speisen und Getränken an Flüchtlingsunterkünfte.

  • Beispiel: Eine Wohlfahrtseinrichtung erbringt umsatzsteuerbefreite Mahlzeitendienste gegenüber Obdachlosen. Diese Einrichtung übernimmt nunmehr auch die Verpflegung von Flüchtlingen, die in einer benachbarten Flüchtlingsunterkunft untergebracht sind. Darüber hinaus stellt die Wohlfahrtseinrichtung einer gGmbH, die die benachbarte Flüchtlingsunterkunft betreibt, Personal zur Ausgabe der Mahlzeiten zur Verfügung. Sowohl die Lieferung der Speisen und Getränke an die Flüchtlinge als auch die Personalgestellung können durch die Wohlfahrtseinrichtung umsatzsteuerfrei erbracht werden.

Die umsatzsteuerliche Behandlung des Kostenersatzes durch Gebietskörperschaften an steuerbegünstigte Einrichtungen ist von der konkreten Ausgestaltung des Sachverhaltes abhängig.

  • Beispiel: Eine gemeinnützige Wohlfahrtseinrichtung verpflichtet sich im Rahmen eines Gesamtvertrages gegenüber der Stadt B, eine Flüchtlingsunterkunft zu errichten und zu betreiben. Sie kauft zur Ausstattung der Flüchtlingsunterkunft Betten und Schränke bei einem Möbelhaus für 10.000 € zzgl. 1.900 € Umsatzsteuer. Diese Kosten möchte sie sich von der Stadt B erstatten lassen. In ihrer Rechnung an die Stadt weist die gemeinnützige Wohlfahrtseinrichtung Kosten in Höhe von 11.900 € aus. Die Kostenerstattung für die Möbelbeschaffung durch die Wohlfahrtseinrichtung kann umsatzsteuerfrei erfolgen.
  • Variante: Die gemeinnützige Wohlfahrtseinrichtung kauft Möbel für einen Pausenraum, in dem die Mitarbeiter ihre Pausen verbringen. Die Möbel kosten 1.000 € zzgl. 190 € Umsatzsteuer. Die Einrichtung möchte sich diese Möbelkosten, die nicht in Zusammenhang mit dem Gesamtvertrag (der Unterbringung und Verpflegung der Flüchtlinge) stehen, von der Stadt B erstatten lassen. Diese Kostenerstattung kann nicht umsatzsteuerfrei erfolgen. Die Rechnung an die Stadt muss neben dem Rechnungsbetrag des Möbelhauses von 1.190 € einen Umsatzsteuerbetrag in Höhe von 7 % auf die Beschaffungsleistung (7 % von 1.190 €) der gemeinnützigen Einrichtungen ausweisen.

Beruft sich eine steuerbegünstigte Einrichtung auf die zu gewährende Umsatzsteuerbefreiung, hat dies für alle gleichartigen Leistungen einheitlich zu erfolgen; d. h., die gemeinnützige Einrichtung kann beispielsweise nicht die Speisenlieferung umsatzsteuerpflichtig, die Getränkelieferung jedoch umsatzsteuerfrei abrechnen.

Für sämtliche im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung entstandenen Eingangsleistungen ist somit der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

  • Hinweis: Das gesamte Schreiben konkretisiert im Wesentlichen das BMFSchreiben vom 20.11.2014. Interessant ist, dass sich die Auffassungen des BMF hinsichtlich der Anwendung von Umsatzsteuerbefreiungen in der Flüchtlingshilfe geändert haben. Noch in ihrem Schreiben vom 22.09.2015, in dem sich die Finanzverwaltung ebenfalls zu steuerlichen Maßnahmen zur Flüchtlingshilfe geäußert hat, wurde von Seiten der Finanzverwaltung darauf hingewiesen, dass das deutsche Umsatzsteuerrecht den Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie entsprechen müsse. Die Richtlinie kenne keine Regelung, wonach Leistungen im Rahmen der Flüchtlingshilfe umsatzsteuerbefreit sein könnten.

In dem aktuellen Schreiben vom 09.02.2016 benennt das Bundesfinanzministerium nunmehr konkret Umsatzsteuerbefreiung, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe in den Veranlagungszeiträumen 2014 bis 2018 angewendet werden können. Das BMF hat somit eine „Kehrtwende“ eingeschlagen.

Kontakt

Christin Drüke
Tel: +49 30 20 888-1276 

Dies ist ein Beitrag aus unserem NPO-Newsletter 1/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier.