Steuertransparenz: ohne Erklärung keine Klarheit

Wann gilt ein Unternehmen oder eine Person steuerlich als „guter Bürger“? Angesichts der Defizite der Staatshaushalte und der Kürzungen von öffentlichen Ausgaben wird steuerliche Transparenz für Unternehmen, insbesondere für multinationale Konzerne, immer wichtiger. Diese Transparenz bezieht sich darauf, wie viel Steuern sie bezahlen, ob diese gerecht sind sowie auf die Frage, in welchem Land ein Unternehmen Steuern zahlt.

Mit zunehmendem Druck durch die Stakeholder (nicht nur den Aktionären, sondern auch Kunden und Interessenverbänden) hat die Frage der Steuertransparenz mittlerweile ebenso eine ethische und moralische wie eine politische und rechtliche. Wie sollten Unternehmen mit Steuertransparenz im Rahmen der Unternehmensberichterstattung umgehen?

Medienberichte über Großunternehmen, die wegen ihrer extrem aggressiven Steuergestaltung in Verruf geraten sind, haben den Eindruck verstärkt, dass diesbezüglich noch keine zufriedenstellende Einigkeit herrscht. Kunden ändern nachweislich ihre Kaufgewohnheiten, wenn sie der Meinung sind, dass ein Unternehmen keinen fairen Steueranteil bezahlt. Viele Mitarbeiter legen Wert darauf, für ein Unternehmen zu arbeiten, das eine klare ethische Grundhaltung hat und seine soziale Verantwortung wahrnimmt.

Investoren möchten neben vielen weiteren Aspekten vor allem wissen, welche Reputations- und Steuerrisiken für ihre Investitionen bestehen. Es herrscht also eine starke Nachfrage nach größerer Steuertransparenz, insbesondere die Forderung nach der Offenlegung länderspezifischer Steuerdaten durch multinationale Konzerne, da die Auffassung herrscht, Steuertransparenz helfe dabei, aggressive Steuervermeidungspraktiken zu verhindern. Angesichts der Tatsache, dass Steuerfragen einen zentralen Stellenwert im Beziehungsgeflecht zwischen einem Unternehmen und seinen Stakeholdern einnehmen, stellt sich die Frage, wie die Unternehmensberichterstattung dazu beitragen kann, dass sich Unternehmen dahingehend positiv verändern?

Es ist eine Ermessensfrage, ob erweiterte Steuertransparenz, wie die Bereitstellung länderspezifischer Steuerdaten, den Wahrheits- und Fairnessgehalt erhöht oder nicht. In den vergangenen Jahren hat sich die internationale und europäische Steuerlandschaft deutlich verändert. Finanzinstitutionen und die Rohstoffindustrie sind bereits zu erhöhter Steuertransparenz verpflichtet.

Die europäische Union sprach sich bereits für die Erhöhung der Steuertransparenz durch eine verbesserte Rechnungslegung aus, die entweder privat, bei Steuerbehörden oder öffentlich erfolgen kann. Pierre Moscovici, Kommissar für Wirtschafts- und Finanzfragen, Steuern und Zölle, sagte zu diesem Thema: „Missbräuchliche Steuerpraktiken gedeihen im Dunkeln; Transparenz und Kooperation sind ihre natürlichen Feinde.“

Am 19. Juli 2013 veröffentlichte die OECD ihren BEPS-Aktionsplan (Base Erosion Profit Shifting), der von den G20-Ländern unterzeichnet wurde. Dieser Plan befasst sich mit der Vermeidung aggressiver Steuerplanung und Steuerhinterziehung durch multinationale Konzerne und der Modernisierung internationaler Steuergesetze. Die Arbeit zu diesem Thema brachte bereits erste Erfolge: Bereits 61 Länder haben dem automatischen Austausch von länderspezifischen Steuerdaten gemäß einem Common Reporting Standard (CRS) zugestimmt.

Als Wirtschaftsprüfer sind wir uns voll bewusst, dass die Veröffentlichung von Daten, auch wenn dies gemäß entsprechender Verordnungen erfolgt, nicht unbedingt die Qualität der Unternehmensberichterstattung verbessert. Tatsächlich besteht die Gefahr, dass eine umfangreiche Veröffentlichung von Daten den gegenteiligen Effekt hat und Verwirrung und Missverständnisse entstehen.

So ist es unwahrscheinlich, dass ein Leser in der Lage ist, durch diese Veröffentlichungen die Vorgehensweise multinationaler Konzerne bei der Versteuerung zu verstehen, insbesondere ob sie aggressiv ist oder nicht, wenn er nicht über profunde Kenntnisse der internationalen Geschäftstätigkeit des Unternehmens und der Steuergesetze im jeweiligen Land verfügt.

Wie bereits einige Medienberichte gezeigt haben, muss befürchtet werden, dass die Daten durch Personen, die eine bestimmte Absicht verfolgen, falsch interpretiert werden. Für betroffene Unternehmen würde sich das reputationsschädigend auswirken. Die Hauptaufgabe von Wirtschaftsprüfern besteht darin, zu überprüfen, ob Jahresberichte wahrheitsgemäß und fair sind.

Wir bei Mazars erachten es als notwendig, dass multinationale Konzerne – neben einer wahrheitsgemäßen Darstellung – in ihren Geschäftsberichten genau erklären, wie sie Steuerrisiken durch Steuerplanung handhaben, wie sie Verrechnungspreise verwenden und wie sie ihre Steuerpflicht wahrnehmen. Geistiges Eigentum in Verbindung mit der Geschäftstätigkeit muss natürlich nicht preisgegeben werden. Zusätzlich sollten die multinationalen Konzerne die nötigen Erklärungen zum Verständnis der länderspezifischen Steuerdaten bereitstellen, um sicherzugehen, dass offensichtliche Abweichungen zwischen Ländern nicht falsch interpretiert werden.

Es ist unsere Aufgabe als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, dabei behilflich zu sein.

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