Ermittlung des Veräußerungsgewinns beim Aktientausch

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG gehört auch der Gewinn bzw. Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Grund- oder Stammkapital qualifiziert beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hält. Eine qualifizierte Beteiligung liegt nach aktueller Rechtslage bei einer Beteiligungsquote von mindestens 1 % vor. Der Gewinn bzw. Verlust bei einer Veräußerung wird durch die Gegenüberstellung von Veräußerungspreis und Anschaffungskosten (unter Berücksichtigung der Veräußerungskosten) ermittelt.

Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des BFH vom 13.10.2015 (Aktenzeichen IX R 43/14, DStR 2016, 165) zu sehen, mit dem der BFH entschieden hat,

  • dass der Veräußerungspreis mit dem gemeinen Wert anzusetzen ist, wenn die tatsächlich erhaltene Gegenleistung nicht in Geld, sondern in Sachgütern besteht, und
  • dass es für die Bewertung auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erfüllung der Gegenleistungspflicht ankommt, wenn diese von den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns abweichen. Eine Veränderung der wertbestimmenden Umstände wirkt nach Feststellung des BFH materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns zurück.

Im Streitfall hatte der Stpfl. u.a. Aktien der N-AG gegen Aktien der U-AG wie folgt getauscht: Er übertrug das Aktienpaket am 28.2.2002 an die U-AG und erhielt als Gegenleistung 174 194 neue Aktien der U-AG zum vereinbarten Ausgabekurs von 24 € pro Aktie. Die dafür notwendige Kapitalerhöhung bei der U-AG wurde am 13.12.2002 in das Handelsregister eingetragen; an diesem Tag wurden sämtliche neuen Aktien der U-AG dem Depot des Stpfl. gutgeschrieben. Der Börsenkurs der U-Aktie betrug am 28.2.2002 18,69 € und am 13.12.2002 2,20 €. Das FA ermittelte den Veräußerungsgewinn auf der Basis des Börsenkurses vom 28.2.2002 (18,69 €), der Stpfl. begehrte die Berücksichtigung des Börsenkurses vom 13.12.2002 (2,20 €).

Dazu stellt der IX. Senat des BFH fest,

  • dass der Veräußerungsgewinn tatsächlich schon am 28.2.2002 mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums entstanden ist,
  • dass bei einer Gegenleistung in Sachgütern der Veräußerungspreis mit dem gemeinen Wert anzusetzen ist und es dabei grundsätzlich auf die Umstände im Zeitpunkt der Veräußerung ankommt,
  • dass es aber dann auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erfüllung ankommt, wenn diese von den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns abweichen.

Denn nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH, auf die sich der IX. Senat bezieht, komme es nur auf den tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinn an, so dass später eintretende Veränderungen beim ursprünglich vereinbarten Veräußerungspreis solange und so weit materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückzubeziehen seien, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises noch nicht erfüllt hat.

Im Streitfall sei es zwar nicht zu einer vertraglichen Leistungsstörung gekommen, weil die Vertragsparteien dem Stpfl. einseitig das Kursrisiko zugewiesen hatten. Das ändere jedoch nichts daran, dass der Stpfl. aus dem Vertrag letztlich weniger erhalten hat, als er bei Abschluss des Vertrags annehmen durfte, so dass sich aus seiner Sicht das Ergebnis deshalb nicht wesentlich von dem unterscheide, bei dem ein Teil der Kaufpreisforderung endgültig ausfällt oder eine vereinbarte Teilleistung dauerhaft nicht erbracht wird. Auch unter dem Aspekt einer sachgerechten, an der individuellen Leistungsfähigkeit ausgerichteten Besteuerung sei auf den tatsächlich erzielten Erlös abzustellen.

Hinweis:

Für die Praxis ist nach dem vorliegenden Urteil wie folgt zu differenzieren:

1.  Eine Veränderung des Werts der Gegenleistung nach vollständiger Erfüllung der Gegenleistungspflicht beeinflusst die Höhe des Veräußerungspreises nicht mehr, es sei denn, der Rechtsgrund für die spätere Änderung wäre im ursprünglichen Rechtsgeschäft bereits angelegt gewesen.

2.  Tatsächliche oder rechtliche Veränderungen, die – wie im Streitfall – vor Erfüllung des Anspruchs auf die Gegenleistung eintreten, sind allerdings bei der Bestimmung der Höhe des Veräußerungspreises zu berücksichtigen. So beeinflussen z.B. auch realisierte Währungskursveränderungen die Höhe des Veräußerungsgewinns.