„Sie brauchen im Aufsichtsrat Erfahrungen in Transformationsprozessen“

Beim Umbau von Unternehmen stehen Prozesse und Arbeitsplätze auf dem Prüfstand. Der Aufsichtsrat sollte den Wandel aktiv begleiten, Erfahrungen einbringen und auf ein Gleichgewicht zwischen Stabilität und Veränderung achten, sagt Herbert Walter. Der heute 69-Jährige war Vorstandssprecher der Deutschen Bank 24 sowie Vorstandsvorsitzender der Dresdner Bank. Seit 2009 ist er selbstständig tätig und verfügt über viel Erfahrung in Aufsichtsräten.

Herr Walter, die Finanzindustrie verändert sich rasant im Zuge der Digitalisierung. Welche Rolle sollte der Aufsichtsrat in diesem Prozess einnehmen?

Das Aufsichtsratsgremium sorgt im Ideal dafür, dass die Digitalisierung nicht auf ein bloßes IT-Thema reduziert wird. Schließlich ist damit häufig die Transformation ganzer Geschäftsmodelle verbunden. Die einzelnen Aufsichtsräte sollten ihre Arbeit deshalb nicht nur kontrollierend und prüfend ausüben, sondern sich auch aktiv einbringen – indem sie den Vorstand kompetent und zukunftsbezogen beraten. Viele Aspekte wie Digitalisierung, aber auch Nachhaltigkeit und veränderte Lebensstile haben starken Einfluss auf die Firmenstrategie. Dieser Wandel hat Folgen: Er schafft neue Herausforderungen für die Corporate Governance und das Zusammenwirken zwischen Aufsichtsrat und Vorstand.

Wie kann das in der Praxis funktionieren?

Bei der Transformation von Unternehmen und Geschäftsmodellen kommt es darauf an, eine gute Balance zwischen Veränderung und Stabilität zu finden. Dafür ist es erforderlich, dass im Aufsichtsgremium hinreichend Fach- und Branchenexpertise sowie Führungserfahrung vorhanden ist. Die einzelnen Mitglieder sollten nicht nur analytisch und strategisch denken, sondern auch emotionale Intelligenz, Kundenverständnis und Teamfähigkeit einbringen.

Welche Haltung sollte der Aufsichtsrat bei seiner Arbeit einnehmen?

Die Führung muss Mitarbeiter wie Kunden auf Veränderungen einstimmen und mitnehmen. Wenn Veränderungsprozesse unrealistisch geplant und umgesetzt werden, gerät schnell alles aus den Fugen. Ideal ist, den Wandel im Unternehmen aus dem Blickwinkel der verschiedenen Stakeholder vernünftig zu strukturieren und ihn dann gut abgestimmt umzusetzen. Eine fruchtbare Kooperation zwischen den jeweiligen Gremien im Unternehmen und ein wechselseitig akzeptiertes Rollenverständnis von Vorstand und Aufsichtsrat sind dafür wesentliche Voraussetzungen.

Welche Aufgaben sehen Sie beim Aufsichtsrat in der gegenwärtigen Transformation?

Ob es um den Umgang mit Daten geht, etwa bei der Nutzung künstlicher Intelligenz, oder um die Anpassung an gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen wie beim ESG-Thema: Immer kommt es darauf an, Veränderungen erfolgreich anzuschieben, sprich: das Unternehmen von A nach B zu führen. Von Aufsichtsräten oder auch Beiräten wird erwartet, hier die richtigen Impulse zu setzen. Damit rücken Kompetenzfragen neu in den Fokus: Sollen Digitalisierung, ESG oder Transformation in der Aufsichtsratsarbeit umfassend gedacht werden? Das könnte eher für Generalisten sprechen. Oder soll es im Aufsichtsrat auch einzelne Spezialisten geben? Generell lässt sich sagen, dass jedes Gremium hier individuell gefordert ist. Auch Ausschüsse, die der Aufsichtsrat einrichtet, oder informelle Treffen können eine wichtige Rolle übernehmen, um Trends früh zu erkennen und strategische Anstöße zu geben.

Können Sie ein konkretes Beispiel für ein Unternehmen nennen, bei dem der Aufsichtsrat diesen Prozess selbst positiv begleitet?

Herbert Walter

Im Laufe der Jahre habe ich einige ausländische Unternehmen begleitet, deren Ziel es war, ihr Geschäft in Deutschland oder der EU auszubauen. Dabei stellte sich jeweils die Frage nach der Digitalkompetenz oder auch der Transformationskompetenz. Gute Erfahrungen habe ich dabei mit informellen Meetings gemacht. Sie eignen sich zum Beispiel, um ein gemeinsames Gefühl für die strategische Stoßrichtung zu entwickeln – auf Basis der Vorarbeiten des Vorstands. Auch wenn es darum geht, wie die Transformation schließlich in vernetzten Projekten aufgegleist und nach Zeitplan umgesetzt werden soll, haben informelle Workshops den Vorteil, dass sie den freien Austausch stark fördern. Ganz allgemein sollten sich im Aufsichtsrat Spezialisierung und übergreifende Erfahrung ergänzen – etwa in der Frage, welche Folgewirkungen Change-Prozesse im Unternehmen auslösen können.

Wie gelingt dieser Kontakt zwischen Berater und Kunde?

Wer als Finanzberater oder Finanzdienstleister Inhalte veröffentlicht, muss Komplexität reduzieren. Die Finanzberater Bierl aus Kirchenrohrbach in Bayern sind dafür ein gutes Beispiel. Sie haben sich unter anderem auf Berufsunfähigkeitsversicherungen spezialisiert. Ihnen gelingt es, das schwierige und komplexe Thema anschaulich und praktisch darzustellen. Sie formulieren persönlich anhand konkreter Fragen und verwenden dabei keine Marketing-Worthülsen. Wer überzeugen will, muss verständlich und authentisch sein. So funktioniert Finanzberatung in digitalen Zeiten.

Autor

Herbert Walter ist aktuell Mitglied in Aufsichts- und Beiräten mehrerer Unternehmen. Der promovierte Ökonom weist als geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Herbert Walter & Company, einer unabhängigen Beratungsgesellschaft, langjährige Erfahrung auf in der Beratung, Begleitung und Aufsicht von Unternehmen mit Fokus auf Finanzdienstleister. Nach seiner Tätigkeit bei der Deutschen Bank, wo er zuletzt Bereichsvorstand sowie Vorstandssprecher der Bank 24 war, wurde er 2003 zum Holdingvorstand der Allianz und Vorstandsvorsitzender der Dresdner Bank berufen. In dieser Funktion führte er das Institut 2008 in die Fusion mit der Commerzbank. 2015/16 war er Sprecher des Leitungsausschusses des Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin.

 

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