DAC6 – Deutschland

Gibt es andere nationale Vorschriften für eine Mittelungspflicht von Steuergestaltungen? Wie werden diese im Hinblick auf die Umsetzung von DAC6 gehandhabt?

Erste Überlegungen zur Einführung einer Mitteilungspflicht für Steuergestaltungen wurden in Deutschland bereits im Jahr 2007 angestellt und in den Jahren 2016 und 2017 erneut aufgenommen. Diese Versuche führten jedoch nicht zu einem Gesetzgebungsverfahren. Im Zuge der Implementierung der RL (EU) 2018/822 (DAC6) wurden zunächst erste Diskussionsentwürfe vom 30.1.2019 und 26.9.2019 sowie anschließend, am 9.10.2019, ein Regierungsentwurf zur „Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ veröffentlicht. Der Bundestag hat das Gesetz am 12.12.2019 mit leichten Änderungen beschlossen, woraufhin der Bundesrat dem Gesetz am 20.12.2019 zugestimmt hat. Im Anschluss wurde das Gesetz am 21.12.2019 verkündet und erschien im Bundesgesetzblatt 2019 Teil I in der Ausgabe vom 30.12.2019.

Wie wurden die Kennzeichen und der Main Benefit-Test (MBT) umgesetzt?

Grundsätzlich wurden die Kennzeichen aus der Richtlinie ausnahmslos übernommen. Die deutsche Umsetzung weicht lediglich strukturell von dem Kennzeichenkatalog der Richtlinie ab. Demnach sind die Kennzeichen nicht mehr in fünf Themenbereiche untergliedert, sondern nur noch zweierlei unterteilt: Einerseits in Kennzeichen mit Erfordernis des MBT und andererseits in Kennzeichen ohne MBT, die eine Mitteilungspflicht der Steuergestaltung unmittelbar auslösen (Stand-Alone-Basis). Es bestehen nur wenige geringfügige Abweichungen und Klarstellungen hinsichtlich der Kennzeichen und des MBT (so wird unter bestimmten Umständen ein Steuervorteil nicht angenommen, wenn er beispielsweise ausschließlich in Deutschland entsteht und gesetzlich vorgesehen ist).

Besteht nach nationalem Recht eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht? Wenn ja, wie wird diese im Kontext der Mitteilungspflicht für Grenzüberschreitende Steuergestaltungen berücksichtigt?

Auf ein berufsrechtliches Verschwiegenheitsrecht können sich insbesondere Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater berufen. Diese Personengruppen qualifizieren sich zumeist als Intermediäre und unterliegen damit vornehmlich der Mitteilungspflicht. Ist ein Intermediär zur Mitteilung verpflichtet und unterliegt dieser einer Verschwiegenheitspflicht, ist zwischen einer Erstmitteilung durch den Intermediär und einer Zweitmitteilung durch den Nutzer zu unterscheiden. Während der Intermediär stets zur Mitteilung von Daten hinsichtlich seiner Person sowie zur Angabe von Informationen zu der grenzüberscheitenden Steuergestaltung verpflichtet ist, sind die nutzerbezogenen Daten separat durch den Nutzer (äquivalent zu „relevant taxpayer“) im Rahmen einer Folgemitteilung mitzuteilen. Eine solche zweigeteilte Mitteilung kann vermieden werden, wenn der Nutzer den Intermediär von seiner Verschwiegenheitspflicht entbindet. Ferner können der Intermediär und der Nutzer auch vereinbaren, die gesamte Mitteilung auf den Nutzer zu verlagern.

Wie sieht das Mittelungsverfahren aus?

Die mitteilungspflichtigen Informationen werden in der Regel in zwei Schritten übermittelt. Aufgrund der Verschwiegenheitspflicht obliegt die Mitteilungspflicht für nutzerbezogene Daten nicht dem Intermediär, sondern dem Nutzer selbst. Der Nutzer kann den Intermediär von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden, wodurch der Intermediär auch die nutzerbezogenen Daten im Auftrag des Nutzers ohne eine Folgemitteilung des letzteren übermitteln darf. Ist der Intermediär nicht von der Verschwiegenheitspflicht befreit, erstattet dieser zunächst eine anonyme Mitteilung, die neben allgemeinen Informationen zur grenzüberschreitenden Steuergestaltung auch Informationen zu mitwirkenden Intermediären enthält. Anschließend ist der Intermediär dazu verpflichtet den Nutzer unverzüglich über die Übermittlung der Erstmitteilung zu informieren und diesem die vom Bundeszentralamt für Steuern zugewiesene Registrier- und Offenlegungsnummer der jeweiligen grenzüberschreitenden Steuergestaltung mitzuteilen. Nach Erhalt dieser Informationen hat der Nutzer seine eigenen nutzerbezogenen Informationen an das BZSt zu übermitteln. Sowohl für die Erstmitteilung durch den Intermediär als auch für die Zweitmitteilung durch den Nutzer wird eine Frist von jeweils 30 Tagen gewährt, wobei die Frist für den Nutzer mit Erhalt der mitgeteilten Informationen durch den Intermediär beginnt. Ist kein mitteilungspflichtiger Intermediär vorhanden, geht die Mitteilungspflicht vollständig auf den Nutzer über.

Im Rahmen der veranlagungsbegleitenden Funktion der Mitteilungspflicht hat der Nutzer die Registrier- und Offenlegungsnummer der jeweiligen grenzüberschreitenden Steuergestaltung jährlich in seiner Steuererklärung anzugeben. Damit soll die Finanzverwaltung darin unterstützt werden, grenzüberscheitende Steuergestaltungen im Rahmen einer Betriebsprüfung näher zu untersuchen.

Wie wird ein Verstoß gegen die Mittelungspflicht sanktioniert?

Ein vorsätzlicher oder leichtfertiger Verstoß gegen die Mitteilungspflicht durch den Intermediär oder den Nutzer kann mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Ein Verstoß liegt vor, wenn eine Mitteilung nicht, nicht rechtzeitig, unvollständig oder unrichtig übermittelt wird.

Gibt es weitere nationale Besonderheiten bei der Umsetzung von DA6?

Das deutsche Gesetz enthält Vorschriften zur Vermeidung von Mehrfachmitteilungen in mehr als einem Mitgliedstaat mit einer erheblichen Abweichung. Grundsätzlich steht die deutsche Mitteilungspflicht insoweit mit der Richtlinie in Einklang, als ein Intermediär, der in mehreren Mitgliedstaaten die gleiche Steuergestaltung mitteilen muss, von der Mitteilungspflicht in Deutschland befreit ist, wenn er die Steuergestaltung in dem anderen betroffenen Mitgliedstaat mitteilt. Das deutsche Recht sieht jedoch keine Vorrangregelung bezüglich des Mitgliedstaates vor, in dem die Steuergestaltung primär mitzuteilen ist. Der Mitgliedstaat, in dem die Mitteilung erfolgt, ist daher unter Umständen von der Wahl des Mitteilungspflichtigen abhängig. Dies bietet neben einer möglichen Senkung des Compliance-Aufwandes auch weitere Optimierungsmöglichkeiten.

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