Kurtaxen können der Umsatzsteuer unterliegen – oder nicht: BFH-Urteile vom 6. Dezember 2023, XI R 21/23 und XI R 33/21

In der Rechtssache „Gemeinde A“ hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf Vorlage des Bundesfinanzhofs (BFH) am 13. Juli 2023 entschieden, dass die Kurtaxe einer Gemeinde nicht der Umsatzsteuer unterliegt, wenn die Kurtaxe an den Aufenthalt in der Gemeinde, nicht jedoch an die konkrete Nutzung der Kureinrichtungen gebunden ist und diese für jedermann frei und unentgeltlich zugänglich sind. Der BFH entschied den vorgelegten Fall nun entsprechend und grenzte einen weiteren Fall davon ab, bei dem er die Kurtaxe als umsatzsteuerbar ansah. Die wesentlichen Aussagen der beiden Urteile fassen wir hier kurz (nicht abschließend) zusammen.

Fall „Gemeinde A“ (XI R 21/23, vormals XI R 30/19)

1.      Sachverhalt

Der heilklimatische Luftkurort A erhebt eine Kurtaxe von bestimmten Ortsfremden sowie von bestimmten kurtaxepflichtigen Einwohnern, nicht jedoch von Tagesgästen sowie von Ortsfremden oder Einwohnern, die in der Gemeinde arbeiten oder in Ausbildung stehen. Die Kureinrichtungen sind für jedermann frei zugänglich, eine Kurkarte wird für den Zutritt nicht benötigt. Die Klägerin sah im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärungen die Kurtaxe als Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit, nämlich den Kurbetrieb, an und begehrte den Abzug der für alle mit dem Fremdenverkehr zusammenhängenden Eingangsleistungen entrichteten Umsatzsteuer.

2.      Entscheidung

Hier folgte der BFH der Vorgabe des EuGH und entschied, die Kurtaxe sei nicht steuerbar, denn es bestehe zwischen der Gemeinde und den Besuchern, die die Kureinrichtungen nutzen dürfen, nicht das erforderliche Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Demnach erbringe die Gemeinde keine wirtschaftliche Tätigkeit, für die die Kurtaxe als Entgelt anzusehen sei. Damit besteht insoweit für die Gemeinde kein Recht auf Vorsteuerabzug.

Fall XI R 33/21

1.      Sachverhalt

In diesem Fall geht es um eine auf einer Insel gelegene Gemeinde, die eine Kurtaxe und eine Fremdenverkehrsabgabe erhebt.

Die Kurtaxe müssen alle ortsfremden Personen entrichten, die sich im Erhebungsgebiet aufhalten, ohne dort ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort zu haben, und die Möglichkeit zur Nutzung der Kur- und Erholungseinrichtungen haben. Die Kurtaxe ist unabhängig davon zu zahlen, ob und in welchem Umfang die Einrichtungen genutzt werden. Kurtaxepflichtige Personen erhalten eine Gästekarte, die auf Verlangen vorzuzeigen ist. Wer bei einer Kontrolle keine Gästekarte vorweisen kann, entrichtet eine erhöhte Tageskurtaxe.

Die Fremdenverkehrsabgabe müssen natürliche und juristische Personen entrichten, denen durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Dabei ging es um diejenigen, die in der Gemeinde entgeltliche Leistungen direkt oder indirekt an Touristen erbringen.

Die Gemeinde ging davon aus, dass sie mit ihrem Kurbetrieb eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe und machte aus Eingangsleistungen für Fremdenverkehrswerbung den Vorsteuerabzug geltend.

2.      Entscheidung

Das Finanzamt hatte vorgetragen, dass auch im vorliegenden Fall, genau wie im Fall „Gemeinde A“, die Kurtaxe pro Aufenthaltstag erhoben wurde und nicht an die tatsächliche Nutzung von Kureinrichtungen geknüpft gewesen sei. Laut BFH treffe dies aber nicht zu – weder im Fall „Gemeinde A“ noch im Fall der Inselgemeinde. Die Erhebung einer Kurtaxe sei nach deutschem Recht nur zulässig, wenn auch besondere Kureinrichtungen bestehen, die genutzt werden können. Dies habe der EuGH nicht wissen können. Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass entsprechend der Kompetenzverteilung die nationalen Gerichte für die Auslegung des nationalen Rechts zuständig sind.

Für den BFH ist der entscheidende Unterschied zum Fall „Gemeinde A“, dass die Kureinrichtungen nicht für jedermann frei und unentgeltlich zugänglich waren. Damit haben die Kurtaxepflichtigen einen Vorteil, der über den der Allgemeinheit hinausgeht. Daher ist hier die Kurtaxe Entgelt für eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde.

Dass eine Behandlung der Gemeinde als Nichtsteuerpflichtige im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, habe das Finanzgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt.

Das Finanzgericht habe allerdings nicht beachtet, dass zumindest die unentgeltliche Überlassung von Kureinrichtungen an Einwohner der Gemeinde eine nicht wirtschaftliche Tätigkeit sei. Darüber hinaus sei es denkbar, dass die Gemeinde die Kureinrichtungen auch selbst nutzt. Insoweit ist die Gemeinde nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt und es muss eine Aufteilung erfolgen.

Unklar ist zudem, ob das Finanzamt das gesamte Unternehmen der Gemeinde besteuern wollte und besteuert hat, denn der Bescheid ist unzutreffend nur gegenüber dem Kurbetrieb ergangen.

Der BFH hat den Fall daher an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Autorin

Nadia Schulte
Tel.: +49 211 83 99 330